Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Mit den besten Wünschen direkt in die Hölle

Von Helmut Atteneder   09.Februar 2020

Hey, du! Ich wünsch dir einen wunderschönen guten Morgen!" Am Tor zur Hölle ist die Begrüßung unerwartet zuvorkommend. Die Stimme gehört auch nicht dem Teufel, sondern Lukas Oberzaucher, weithin bekannt als freundlichster Liftwart rund um den Arlberg. Den unscheinbaren Tellerlift "Schafalp" bespielt der 69-Jährige via Lautsprecher auf seine Art. Er begrüßt die mutigsten Skifahrer, spielt ihnen dazu DJ Ötzis "Hey Baby", was auch gut passt, weil der Lukas so etwas wie ein optisches Abbild des Ötzi ist.

Die mutigsten Skifahrer deshalb, weil unterhalb des Tellerlifts der berühmt-berüchtigte "Lange Zug" am Rüfikopf in Lech wartet. "Verzeiht keinen Fahrfehler", steht vorsorglich auf dem Taferl bei der Einfahrt. Und tatsächlich, mit einem durchschnittlichen Gefälle von 78 Prozent und einem Höhenunterschied von 373 Metern auf 852 Meter Länge ist der Lange Zug die Mutprobe unter den 305 Pistenkilometern im größten zusammenhängenden Skigebiet Österreichs.

Mit den besten Wünschen direkt in die Hölle
„Hey, du! Ich wünsch dir einen wunderschönen guten Morgen.“ Lukas Oberzaucher, Lautsprecherdurchsage des freundlichsten Liftwarts rund um das Arlberg-Skigebiet

"Do, schau obi. Das ist der Blick in die Hölle", sagt der Lukas dann mit schelmischem Blick. "Wenn du ein bissl unsicher bist, musst den Hang ja nicht mit vier, fünf Schwüngen fahren. Zehn tun’s auch." Ha, ha … 44 aufregende Richtungsänderungen sind es letztlich geworden, der Adrenalinpegel im hochroten Bereich.

Einer, der den Langen Zug ganz ohne Bogerl gefahren ist, ist der Osttiroler Speedski-Star Harry Egger. Mit 248,28 km/h wurde der 115 Kilo schwere, wilde Hund, ausgerüstet mit futuristischem Helm, knallrotem Latexanzug und Wadenspoilern, am 4. April 2002 geblitzt. Ein weiterer Weltrekordversuch scheiterte, nachdem der Harry im Training eine furchtbare Brezn gerissen hatte.

Mit den besten Wünschen direkt in die Hölle
Harry Egger befuhr den Langen Zug in Lech mit smarten 248 km/h

Mutprobe nach dem Frühstück

Der Lange Zug hat übrigens auch einen sehr, sehr langen, sehr, sehr flachen Auslauf. Wer da verkantet, stürzt zwar keinen Abhang hinunter, hat aber Aussicht auf gut einen Kilometer fest antauchen, bis nach 4,7 Kilometern das Ziel in Lech erreicht ist. Zeitlich empfiehlt sich die Mutprobe gut ausgeschlafen gleich nach dem Frühstück, da ist die Piste fein präpariert.

Apropos Frühstück und ausschlafen. Hier bietet sich das zentral und in gemütlicher Gehdistanz zur Rüfikopf-Bahn in Lech gelegene Aparthotel Filomena an. Der Service ist fein, das Frühstück üppig, die Hotelmitarbeiter freundlich und zuvorkommend, die Preise erschwinglich – und es ist mit Skiern erreichbar. Zum Après-Ski sei der Wellnessbereich mit Saunen, Dampfbädern und Swimmingpool als wohltuende Entspannung empfohlen. Selbstversorger werden beim angrenzenden Einkaufsmarkt fündig. Das Filomena eignet sich auch besonders für Familien – mit eigenem Jugendraum und Kinderspielzimmer, Tischtennis, Darts, Tischfußball und Gokarts sowie Rodeln und Bobs zum Ausleihen. Anhänger gepflegter Halbpensionversorgung speisen im rund drei Gehminuten entfernten Hotel Gotthard (Lecher Stube).

Mit den besten Wünschen direkt in die Hölle
Gemütlich, urig, deftig: Das SB-Restaurant „Salome“ in Oberlech

Eine feine wie bodenständige Mittagsstärkung nehmen Insider im SB-Restaurant "Salome" in Oberlech zu sich. Im Winter täglich von 10.45 bis 17 Uhr geöffnet, zahlt sich das Warten an der Budl jedenfalls aus. Typische Skifahrer-Kulinarik vom Schweinsbratl bis zum Germknödl inmitten des herben Charmes eines 1980er-Jahre-Interieurs präsentiert sich hier üppig und bekömmlich.

Ein Abstecher von Lech-Zürs nach St. Anton ist wochentags empfehlenswert. Die Überfahrt mit der Flexenbahn ist komfortabel, die Ankunft am Zielort aber nur dann gesichert, wenn man sich am bahnhofsähnlichen Knotenpunkt bei der Umsteiglotterie nicht verhaspelt. An Wochenenden verbindet die Bahn, die stündlich 2400 Menschen befördern kann, Massen mit großen Massen an Wintersportlern. Die sich allerdings im weitläufigen Gebiet meist schnell verlieren.

Wiewohl sich in der ausufernden Größenordnung des Gebietes rund um den Arlberg wunderbare Kleinode auftun. Etwa die Skischaukel Falken, die die Gemeinden Schröcken und Warth verbindet und aus genau einem entschleunigenden Sessellift besteht. Die Talstation Schröcken führt direkt zum zauberhaften Körbersee. Der auf 1678 Metern gelegene See gewann 2017 bei der ORF-Reihe "9 Plätze – 9 Schätze".

Zurück zum freundlichen Liftwart Lukas Oberzaucher. Der gebürtige Millstätter hat 25 Jahre lang in Wien das legendäre In-Lokal Nashville geführt. Ein paar Mal hat er in Oberlech Urlaub gemacht. Eines Tages hat er gesagt: "Wenn ich in Pension bin, gehe ich nach Lech-Zürs, um dort zu arbeiten." Als Liftwart ist er jetzt als Li-La-Laune-Original bekannt. Die Freizeit nutzt er selbst zum veritablen Brettern auf den Brettln. So wie eben jetzt. Mit einem zünftigen "Auf geht’s" verabschiedet sich der Lukas und taucht ein in den Langen Zug. In die Hölle, die keinen Fahrfehler erlaubt.

Skigebiet Arlberg

Der Arlberg wurde 2016/17 das größte Skigebiet Österreichs. Die Verbindung der Tiroler Skigebiete St. Anton und St. Christoph mit den Vorarlberger Orten Stuben, Zürs, Lech, Oberlech, Schröcken und Warth hievte die Region in die weltweit Top 5 der zusammenhängenden Skigebiete. Dank der Flexenbahn umfasst diese schneesichere Alpenregion in Tirol und Vorarlberg 305 Pistenkilometer (88 Lifte und Bahnen). Preis Tageskarte: 56,50 Euro.

Wiege des Skisports

Der Arlberg gilt als Wiege des Skisports in Österreich. 1885 reisten die ersten Touristen durch den Arlberg-Eisenbahntunnel an, kurz nach der Jahrhundertwende wurde der Ski-Club Arlberg gegründet. 1937 entstand in Zürs der erste Schlepplift Österreichs.

Legendäre Typen

Legendäre Persönlichkeiten waren Pfarrer Johann Müller aus Warth, der 1894 als Erster mit schweren Holzskiern von Warth in die Nachbargemeinde Lech fuhr. Oder Hannes Schneider aus Stuben, der mit seinem Arlbergstil (Verbindung von Schneepflug und Stemmschwung) den Skilauf revolutionierte. Weitere große Söhne des Gebietes sind Karl Schranz (St. Anton) und Olympiasieger Mario Matt (Flirsch).

skigebiet arlberg
Hannes Schneider

 

Heiße Liebe in Lech: Der Klimawandel und die Antwort des Skiortes

Ohne Schnee wird Skifahren wohl etwas mühsam. Stellt man sich in Destinationen wie Lech auf eine grüne Winterzeit ein? Hotelier Florian Moosbrugger sieht die Zukunft schneesicher.

Mehr als 270 Zentimeter Schnee auf dem Arlberg. Die Wintersaison scheint gesichert zu sein. Findet tatsächlich eine Erwärmung statt? Florian Moosbrugger, Besitzer des 5-Sterne-Familienhotels Post in Lech, nimmt Stellung zum Klimawandel und den wirtschaftlichen Herausforderungen.

OÖNachrichten: Die vergangene Saison war sehr erfolgreich. Bleiben die Winter in Zukunft weiß?

Florian Moosbrugger: Man geht davon aus, dass eine Veränderung stattfindet. Mittelfristig gibt es für Lech kein touristisches Problem und kein bedrohliches Szenario, sofern es nur Temperaturerhöhungen betrifft. Ich fürchte mich mehr vor dem Wind, der stärker werden soll. Dass es keinen Schnee mehr geben wird, das glaube ich nicht.

Das betrifft den Zeitraum der nächsten 30 bis 50 Jahre?

Länger planen kann man nicht. Aber Lech denkt sehr viel nach. Tourismusverantwortliche zeigen Zukunftskompetenz, was die touristische Entwicklung betrifft. Das Skiprodukt ist ein Fels in der Brandung. Darauf kann man in den nächsten Jahrzehnten bauen. Es geht darum, das touristische Portfolio zu erweitern. Über die vier Monate im Winter hinaus. Im Sommer sehen wir Lech als Zweiturlaubsdestination. Nicht für eine Woche, aber zumindest für ein paar Tage. Die Berge sind ein Kompetenzzentrum für die Gesundheit. Wo wir großes Potenzial für die touristische Weiterentwicklung haben, ist der Herbst.

Was will man konkret machen?

Drei Säulen: Wandern, Wellness, Veranstaltungen. Die privaten Betriebe haben ein gutes Angebot. Für Veranstaltungen wird ein neues Dorfzentrum geschaffen. Wichtig ist hier ein koordiniertes Auftreten und Agieren.

In Lech oder am Arlberg?

Für mich ist die Marke Arlberg ein reines Skiprodukt und berühmt für den freien Skiraum – ein Alleinstellungsmerkmal. Sommer und Herbst spielen hier keine Rolle. Dazu sind Lech und St. Anton auch zu verschieden.

Wo sind die Unterschiede?

Allein die Beherbergungsstruktur ist eine andere. Lech ist sehr stark im 4- und 5-Sterne-Bereich verankert. St. Anton ist kleiner strukturiert, hat mehr Chalets, mehr Pensionen und weniger große Hotels mit gehobener Gastronomie.

Wie verstehen sich die St. Antoner und die Lecher?

Das Verhältnis ist gut, es gibt Kooperationen, aber die Orte sind nicht so stark verbandelt.

Den Vorarlbergern wird eine besondere Nähe zur Schweiz nachgesagt?

Die Affinität zur Schweiz ist gegeben. Wien ist weit weg, Ballungszentren wie Zürich, Stuttgart oder München sind näher. Aber wir sind natürlich klar Österreicher. Touristisch ist uns die Schweiz um 30 Jahre voraus. Was nicht unbedingt besser heißt. Die Schweiz hat durch die starke Währung viel europäische Klientel verloren, schafften aber mit asiatischen Gästen den Wechsel von einer reinen Winterdestination zu einer Jahresdestination. Davon können viele österreichische Betriebe nur träumen.

Welche Gäste hat die Post? Wo will man in Zukunft hin?

Plakativ gesehen sind wir kein Hotel, wo die Gäste ihr Geld zeigen. Wir haben viele Familien, die aufmerksames Service und eine herzliche, unkomplizierte Atmosphäre genießen. Von all den Luxushotels in Lech sind wir sicher eines der informellsten. Die Post wird wachsen, aber moderat. Uns interessiert viel mehr, die Wertschöpfung auszudehnen. Jetzt haben wir acht Monate Saison. Unser Ziel ist es, das auf zehn Monate wirtschaftlich zu erweitern.

copyright  2024
25. April 2024