Marienbad für Anfänger
Kuren wie die Kaiser und Könige, entspannen und lieben wie die Dichter und Denker.
Rheuma, Arthritis, Bluthochdruck – sind die ersten Gedanken, die mir beim Wort Kur durch den Kopf gehen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich betagte Patienten, hustende Greise, Arztkittel, Schonkost und nie enden wollende Spaziergänge im Kurpark. Bilder, mit denen man sich als Anfang 30-Jährige eigentlich noch nicht auseinandersetzen möchte. Dennoch: Zwei Jahre Corona-Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen – und die Frage: Braucht es denn erst eine Krankheit und eine Überweisung, um auf Kur zu fahren, oder liegt es in meiner Hand, mir eine zu verschreiben, bevor mir viel zu früh eine verordnet wird?
Mental Health, Detox, Stress und Burn-out-Prävention – einst Fremdwörter, die heute in aller Munde sind. Bei der Recherche stoße ich überraschenderweise nicht nur auf Yoga-Retreats auf Bali, stattdessen auf "Durchatmen" beim Waldbaden, natürliche Heilung durch Mineralquellen und Naturmoor, Achtsamkeitsübungen und "Post-Covid"-Programme etwa im Falkensteiner Spa Resort in Marienbad in Tschechien. Dort will man Erholungssuchende nicht nur "wiederherstellen", sondern verspricht auch Entspannung. Ein hauseigener Arzt soll dabei den Gesundheitszustand analysieren und überwachen. "Bei uns gibt es nur Gäste, keine Patienten", ist hier das Credo.
Zwischen Nostalgie und Moderne
Ich buche ein Zugticket. Fünfeinhalb Stunden lang geht es mit luxuriös bis demoliert nostalgischen Zügen von Linz ins westböhmische Mariánské Lázne. Bereits der erste Streckenteil zwingt den zuvor gestressten Reisenden, abzuschalten. Im Abteil herrscht gespenstische Stille, außen zieht eine Stunde lang der Mühlviertler Wald mit bedachter Langsamkeit vorbei. Nach der österreichisch-tschechischen Grenze geht es zügiger voran. Der Zug nimmt Fahrt auf und prescht vorbei an den bekannten Bierbraustädten Budweis und Pilsen, immer tiefer in das westböhmische Herz. Endstation Westböhmen: bekannt für seine weltberühmten Thermen-Orte wie Karlsbad, Franzensbad und nicht zuletzt Marienbad. Der Schnellzug ist voll. Es ist laut, stickig, es riecht nach Bier, und der Ruf nach Entspannung wird wieder lauter. Nach einer Stunde heißt es für mich: Endstation im feudalen Mariánské Lázne. Prächtige Jugendstil-Villen und Kurhotels schmiegen sich an satte grüne Hänge. Viele der Gebäude erstrahlen in sonnigem Habsburger-Gelb.
Negatives "rausschütteln"
"Denken Sie, dass Sie intensiver träumen, wenn Sie gestresst sind, und deshalb auch schlechter schlafen?", fragt Spa-Manager und Physiotherapeut Daniel Fajkus am Ankunftstag. Ich lerne am ersten Tag meiner Entspannungsreise: drei Mal tief ein, drei Mal tief ausatmen oder sich so lange schütteln, bis alles Negative den Körper verlassen hat. So einfach es klingen mag, so effektiv die Wirkung. Am Abend schlafe ich wie ein Baby.
Goethe und die Liebe
Reiseleiterin Lida Krouparova hat es gut. Sie ist in jenem Ort aufgewachsen, in dem es für beinahe alle Leiden eine Heilung geben soll. Über vierzig Heilquellen entspringen direkt in der Stadt, hundert weitere in der nahen Umgebung. Die Mineralquellen sind reich an wirksamen Stoffen wie Kalzium, Magnesium, Eisen oder Kohlendioxid, die sich in Form von Trinkkuren oder Moorbädern positiv auf körperliche Beschwerden verschiedenster Art auswirken. So sollen sie etwa die Verdauung und den Stoffwechsel anregen, bei Eisenmangel, Bluthochdruck, Thrombosen und Unfruchtbarkeit helfen.
Schon berühmte Gäste wie Franz Kafka oder Kaiser Franz Joseph wussten die Heilkraft dieses Ortes zu schätzen. Eine Legende besagt, dass der 72-jährige Johann Wolfgang von Goethe bei seinen Marienbadaufenthalten regelmäßig von der Ambrosiusquelle, der Liebesquelle, getrunken hat. Dank dieser Quellen war er stets voller Kraft und konnte deshalb mit der erst 17-jährigen Ulrike von Levetzow mithalten – Goethes letzter Liebe. "Deshalb geht derjenige, der sich in Marienbad verlieben will, die Ambrosiusquelle trinken", erzählt die Reiseleiterin.
Bis zum Ersten Weltkrieg traf sich in Marienbad die kulturelle und politische Welt. "Der englische König Edward VII. residierte gleich neunmal für längere Kuranwendungen in Marienbad. Er war es auch, der im Sinne der englischen Lebensart 1910 den Golfplatz eröffnete", erzählt Krouparova weiter, heute der älteste in Tschechien. Wer lieber entspannt, als sich auf Kur körperlich zu betätigen, kann den Weg dorthin auch mit der Seilbahn zurücklegen.
Gott und die Fontäne
Bei einem Spaziergang durch den Kurpark zur "Singenden Fontäne" dröhnt es sinngebend laut bei Dämmerung: "Für immer jung, ich fühle mich für immer jung. Ich werde einfach immer alles geben. Für immer, im Leben." Ein Abschiedsgruß von Karel Gott, dem tschechischen Schlagersänger, während das Wasser theatralisch bunt in hohen Wogen aus dem Brunnen schießt. Ich setze mich hin und genieße ein gutes Glas "Pivo". Ein tschechisches Budweiser, das ich mir selbst verordnet habe.
Gesundheitsangebot
Preisbeispiel: Ab 692 Euro pro Person kann man im Falkensteiner Spa Resort Marienbad vier Nächte im Doppelzimmer und mit Vollpension „Durchatmen und Auftanken“. Im Preis inkludiert sind neben der Benutzung der Acquapura Pool- und Saunalandschaft zahlreiche Anwendungen – unter anderem eine Grüntonerde-Packung und Kaolin-Maske, einmal Shinrin Yoku (heilsames Waldbaden) sowie eine holistische Ganzkörpermassage, je ein Mineralbad, Moorbad mit kolloidalem Silber und ein trockenes CO2-Bad inklusive Vliesgesichtsmaske, außerdem eine Kopf-Nacken-Aromamassage und bioenergetische Übungen.
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Sehr geehrte Frau Jasmin Baumgartinger,
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Sind die russischen Hotelbesitzer ebendort schon enteignet worden?