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Iseltrail: Von der Mündung in die Drau bis zum Ursprung

Von Peter Affenzeller, 12. September 2020, 00:04 Uhr
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Sigi Hatzer an einem imposanten Gletscherschliff am versandeten Bergsee, hinten die Dreiherrnspitze. Bild: afze

Von der Mündung in die Drau in Lienz bis zum Ursprung am Gletschertor des Umbalkees kann man auf dem Iseltrail den längsten frei fließenden Gletscherfluss der Alpen erwandern – in fünf Etappen mit insgesamt 75 Kilometern und 2169 Höhenmetern.

Die Isel sammelt das Wasser vieler Bäche aus dem Nationalpark Hohe Tauern und bietet den Touristen an den Umbalfällen eine großartige Show. Weiter unten im Tal lieben sie die Rafter und Wildwasser-Kanuten, denn sie bleibt bis zur Mündung wild und reißend. Dass das so ist, verdanken wir dem ehemaligen Lehrer und Biologen Wolfgang Retter (82): Obwohl bei einem katastrophalen Hochwasser 1965 fast das gesamte Tal verwüstet wurde, hatte die Energiewirtschaft große Pläne für einen weiteren Stausee. Retter organisierte eine breite Widerstandsbewegung, die bis heute um die Erhaltung der Gletscherbäche kämpft.

"Das Wasser braucht ungefähr sechs Stunden vom Gletscher bis nach Lienz. Wenn es tagsüber heiß ist, schmilzt mehr Schnee und Gletschereis und der Wasserspiegel steigt bis etwa zwei Uhr früh an – dann sinkt er wieder, weil es in der Nacht auf 3000 Metern stark abkühlt", erzählt Retter, während er eine Gruppe auf der ersten Trail-Etappe begleitet: Bei der Mündung mischt sich das klare, blaue Wasser der Isel mit dem graubraunen der Drau.

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Sigi Hatzer an einem imposanten Gletscherschliff am versandeten Bergsee, hinten die Dreiherrnspitze

Plastikfreier Weitwanderweg

Tourismus-Obmann Franz Theurl setzt große Hoffnungen in den neuen Trail, der komplett "plastikfrei" sein soll: Trinkbrunnen an den vielen klaren Quellen sollen die PET-Flaschen der Wanderer ersetzen. Für Naturliebhaber sind die ersten drei – eher flachen – Etappen über Matrei nach Virgen und Prägraten eine Fundgrube: Die Isel darf sich auf großen Flächen frei entfalten mit Schotterbänken, kleinen Altarmen und einer faszinierenden Artenvielfalt. Hier ist einer der letzten Orte in Mitteleuropa, wo noch Tamarisken wachsen: Die Sträucher brauchen freie Schotterbänke, um gedeihen zu können. Retter präsentiert sie voller Stolz, sein unerschöpfliches Wissen über den Fluss verblüfft die Gäste beinahe so wie seine Beweglichkeit im Gelände.

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Murmeltiere lassen sich von der Clarahütte aus beobachten. Bild: Waldner

Oberhalb von Prägraten verändern sich die Landschaft und die Charakteristik des Weges: Hier bietet sich in Hinterbichl das Naturresort Heimat als Quartier an. Die Geschichte der Betreiber Ulli und Uta ist romantisch: Ulli war Hotelmanager, erst auf Sylt, später auch in Kitzbühel und vielen anderen Destinationen. Uta war seine Assistentin und strandete nach einer Weltumseglung auf einer Farm in Uruguay. Durch eine SMS und einen "Heimatbesuch" von Uta kamen die beiden nach 33 Jahren schließlich zusammen, heute führt Ulli das Hotel und Uta kümmert sich um das Kneipp-Programm und die Kräuterwanderungen für die Gäste. Das Frühstücksbuffet aus regionalen Bio-Produkten stellt jedes Fünf-Sterne-Hotel in den Schatten, und wenn der Chef den gemauerten Griller anheizt, sitzen die Gäste bis spät in die Nacht im Naturgarten am Fuß der Dreitausender.

Mit Nationalpark-Rangerin Maria geht es auf die vierte Etappe, direkt von der Heimat weg in die kühle Iselschlucht. Noch vor den Umbalfällen zeigt uns die Gloschlucht ihr Regenbogenschauspiel: Der Iseltrail-Planer wollte sie lieber auf "Regenbogen-Wasserfall" umbenennen, aber die Einheimischen weigerten sich.

Naturschauspiel Umbalfälle

Die Umbalfälle sind ein sogenannter Katarakt, eine Reihe steiler Geländestufen mit schäumendem Wildwasser. Ein gewaltiger Fels mitten in der Schlucht wurde nach einem Lawinenabgang mehr als 400 Meter talwärts geschoben, als die Nassschnee-Barriere schließlich brach und sich eine Flutwelle ins Tal wälzte. "Es war ein Glück, dass das nachts passiert ist. Tagsüber hätte es Tote gegeben, weil der gesamte Wanderweg weggerissen wurde", erzählt Maria.

Heute bietet der neue Weg eine Reihe attraktiver Fotopunkte aus Stahl, die weit über den Fluss ragen. Wir haben Glück: Trotz der Hitze lassen sich ein Bartgeier und ein Steinadler blicken, die sonst dem Wild eher in die kühleren Höhenlagen folgen.

Auf 2038 Metern Höhe erreichen die Iseltrail-Geher ihr letztes Nachtquartier: die Clarahütte, geführt von Karin und Juraj. Karin greift am Abend oft zur Gitarre und singt für ihre Gäste, ihre quirlige und freundliche Art kommt bei den Gästen mindestens so gut an wie der selbst gebackene Kuchen.

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Das Gletschertor des Umbalkees Bild: afze

Bergführer-Legende Sigi

Für die letzte Etappe zum Umbalkees treffen wir eine lebende Legende: Bergführer Sigi Hatzer war schon mehr als 1000 Mal auf dem Großvenediger. Mit seinem zwei Meter langen Spornstab, dem kecken Geißbärtchen und den eisblauen Augen ist er ein Bergführer wie aus dem Bilderbuch: trittsicher wie eine Gams und voller informativer, lustiger Geschichten – ohne dabei geschwätzig zu sein.

Der Spornstab – auch Alpenstange genannt – ist die traditionelle "Gehhilfe" der lokalen Bergführer, früher aus einem Haselnussstecken geschnitzt, neuerdings auch aus Carbon. Bergab lässt sich Sigi elegant daran hinuntergleiten statt seine Knie zu strapazieren: Ein müheloses Ballett mit jahrzehntelanger Übung, denn Gäste führt er schon seit er 14 war; und als Bub verdiente er sich mit dem Bergkristallsuchen ein Taschengeld – in einem Gelände, wo andere sich nur angeseilt hinwagen.

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Anstieg zur Clarahütte Bild: afze

Der Weg ab der Clarahütte schlängelt sich über Almwiesen erst sanft höher, überwindet dann zwei Steilstufen mit imposantem Gletscherschliff und gibt endlich den Blick auf das Umbalkees frei: Mehr als 700 Meter hat sich der Gletscher in den vergangenen 20 Jahren zurückgezogen, tonnenweise Sand hat den einstigen Gletschersee verlanden lassen. Darüber thront die Deiherrnspitze, mit ihren 3499 Metern der zweithöchste Gipfel der Venedigergruppe. Hier endet der Iseltrail bei der stählernen Pyramide, die man als Zielpunkt errichtet hat.

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Die Pyramide ist der Zielpunkt des Iseltrails. Bild: afze

Info

2169 Höhenmeter hat der Iseltrail und insgesamt 75 Kilometer Länge in fünf Tagestouren. Er ist ein familienfreundlicher Weitwanderweg mit drei flachen und zwei alpinen Etappen. Gepäcktransfer ist möglich, ebenso kann man den Trail von einem fixen Quartier im Tal aus begehen und sich täglich mit dem „Venedigertaxi“ zum Startort bringen bzw. am Etappenende wieder abholen lassen.

Weitere Infos: www.iseltrail.at, Unterkunftsbuchungen bei TV Osttirol, Tel. 050/212 212, Mail: info@osttirol.com

Heimat: www.heim-at.com, Hinterbichl 10, 9974 Prägraten am Großvenediger,
Tel.: 04877/20084

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Autor
Peter Affenzeller
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