Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

In der Lichterstadt

Von Andrea Endt   22.Dezember 2018

Wohlig warm ist es im Dom. Ein Gefühl, das man nicht unbedingt erwarten würde, wenn man im Winter an Schwedens Westküste reist. Schon gar nicht in einer Kirche. Doch tatsächlich ist es in der 1815 eingeweihten Kirche warm und gemütlich, und wir ziehen schnell unsere dicken Mäntel aus. Es ist der 13. Dezember, Lucia-Tag. Hunderte Menschen sind in die domkyrka gekommen, um das traditionelle Lucia-Konzert zu hören.

"Dieses Fest hat für uns Schweden eine ganz besondere Bedeutung", erzählt unsere Begleiterin Charlott. Überall im ganzen Land feiern die Menschen das Fest zu Ehren der eigentlich aus Italien stammenden Heiligen und singen traditionelle Lieder. Gespannt wandern die Blicke zum hinteren Kircheneingang, von wo aus die Lichterkönigin nach vorne schreitet – in Gestalt eines blonden Mädchens, das ein weißes Gewand mit einem Band um die Taille und eine Krone mit fünf brennenden Kerzen auf dem Kopf trägt. Es sind echte Flammen, die nun Licht in den dunklen Kirchenraum bringen, keine LEDs. An die hundert junge Chorsänger folgen Lucia mit Kerzen in den Händen und stimmen die allen Schweden bekannte Weise an. Glockenklar erklingt ihr Gesang: "Zünde deine weißen Kerzen an, Sankta Lucia." Ein Gänsehaut-Moment.

In der Lichterstadt
Wir erwarten es Jahr für Jahr: Ein Mädchen lieb mit Licht im Haar. Tritt ein, Lucia!“ - aus einem traditionellen „Lucia“-Gedicht

Eineinhalb Stunden tragen die Jugendlichen Weihnachtslieder vor, besonders ans Herz geht das wohl berühmteste, das im Schwedischen "Stilla Natt" heißt.

In der Weihnachtsstadt

In andächtiger Stimmung verlassen wir die Kirche und tauchen ein in das weihnachtliche Göteborg, das sich in der dunklen Jahreszeit besonders stimmungsvoll präsentiert. Nicht umsonst hat sich die mit knapp 600.000 Einwohnern zweitgrößte Metropole Schwedens selbst den Titel Julstaden – "Weihnachtsstadt” – verpasst. Beim Flanieren entlang der Kungsportsavenyn bekommen wir einen Eindruck davon. Bäume am Rand der knapp einen Kilometer langen Prachtstraße sind stimmungsvoll beleuchtet, in beinahe jedem Fenster steht ein Lichterbogen oder hängt ein leuchtender Stern.

Auf dem Götaplatsen erwartet uns eine besondere Attraktion: Eine Lichtinstallation erweckt auf der Fassade des Kunstmuseums eine Weihnachtsgeschichte mit den beliebten Kinderbuch-Figuren "Petterson und Findus" zum Leben. Treten Besucher dann etwa noch fest in die Pedale eines dort aufgestellten Rads, fängt es in den Szenen sogar an zu schneien. Eine willkommene Beschäftigung, ist es doch bei einer Temperatur um die null Grad schon etwas kalt geworden. Eine weitere Möglichkeit zum Aufwärmen bietet sich im Bältesspännarparken. Ein sechs Meter hohes "Lagerfeuer" aus Holz lässt die Menschen im vorweihnachtlichen Einkaufstrubel innehalten. Wir sitzen auf beheizten Bänken und lauschen den Geschichten älterer Menschen, die von Weihnachtsfesten früherer Tage berichten.

Und wie wird heutzutage Jul gefeiert? "Die meisten Schweden verbringen Weihnachten im Kreise der Familie", sagt Charlott. Die Bescherung findet am Heiligen Abend statt, wenn der Weihnachtsmann (tomte) mit seinem großen Sack vor der Tür steht. Doch zuvor versammelt sich das ganze Land vor dem Fernseher, denn um 15 Uhr ist "Kalle Anka"-Zeit. Wie jedes Jahr strahlt das schwedische Fernsehen dann eine Weihnachtsfolge mit Donald Duck aus – ein Pflichtprogramm für Jung und Alt, wie wir erfahren.

In Staunen versetzt uns der nächste Höhepunkt der Weihnachtsstadt Göteborg: Auf dem Kungsportsplatsen lauschen wir dem "singenden Christbaum". Chöre nehmen in der Adventzeit auf einer Bühne in Form einer Tanne Aufstellung und präsentieren Weihnachtslieder.

In der Lichterstadt
Da kommt Weihnachtsstimmung auf: Der „singende Christbaum“ ist in der Adventzeit täglich zu hören.

Beschwingt machen wir uns auf den Weg vorbei am Gustaf-Adolfs-Torg zum "Hôtel Eggers" am Drottningtorget. Gegenüber dem Hauptbahnhof beziehen wir eine Herberge, in der die Zeit stillzustehen scheint. Im drittältesten Hotel Schwedens, eröffnet 1859, versprühen die 70 individuell eingerichteten Zimmer mit ihren Kronleuchtern und Stuckdecken den Charme vergangener Tage ( Mehr Impressionen auf hoteleggers.se ).

Ein Lichtermeer

Zum zentrumsnahen Vergnügungspark Liseberg könnte der Kontrast nicht größer sein. Die lebendige, kitschig-schöne Weihnachtswelt, in der mehr als fünf Millionen Lichter erstrahlen, wurde gerade erst wieder zum beliebtesten Weihnachtsmarkt ganz Schwedens gewählt. Für das perfekte Winter-Wunderland-Gefühl fehlt nur eines: echter Schnee. Der fällt in der Küstenstadt nämlich viel seltener, als man annimmt. So muss man sich mit künstlichem Weiß aus Papier und Wasser begnügen. Wir schlendern vorbei an Fahrgeschäften für Groß und Klein, an kleinen Läden und Verkaufsständen. Kinder können im Haus des Weihnachtsmanns den Wunschzettel-Automaten füttern. Sogar einen "Tiroler Biergarten" gibt es, in dem Käsespätzle und Schnitzel angeboten werden.

Was die Menschen hier zu Weihnachten essen, erfährt man bei einem Ausflug auf die Insel Vrångö: Auf der südlichsten der Göteborger Schäreninseln betreibt Madeleine Strandberg ein gemütliches, kleines Café. Heute hat die 31-Jährige für uns Julbord, das traditionelle schwedische Weihnachtsbuffet, aufgetischt. "Gestartet wird immer mit dem Fisch", klärt uns die Wirtin auf. Und so gibt es als Vorspeise eingelegten Hering, Lachs, Krabbensalat und geräucherte Makrele.

In der Lichterstadt
Fisch darf beim Weihnachtsbuffet nicht fehlen.

Als warme Gerichte stehen Fleischbällchen, das Kartoffelgericht Jansons Frestele und Weihnachtsschinken zur Auswahl. Immer wieder werden dazwischen fröhliche Trinklieder angestimmt und die Gläser mit Aquavit gehoben. Es ist ein geselliger Abend, der mit der Nachspeise, Milchreis mit Schlagobers und Beerensauce (Ris á la Malta), endet. So läuft es also ab, das Weihnachtsfest in Schweden, denke ich mir und wünsche meinen Gastgebern God Jul

Tipps für eine Adventreise nach Göteborg

Weihnachtsmärkte: Im Kronhuset präsentieren Aussteller traditionelles Handwerk. Im Altstadt-Viertel Haga findet an den Adventwochenenden ein stimmungsvoller Weihnachtsmarkt statt.

Mitbringsel: In der Saluhallen am Kungstorget verkauft Jeanne Kanold Schokopralinen mit Meersalz. Unbedingt probieren!

Liseberg: Der Vergnügungspark präsentiert sich von Mitte November bis Ende Dezember als Weihnachtswunderland. Öffnungszeiten und Preise auf liseberg.se. Ausflugsboote bringen Besucher nach einer Rundfahrt auf dem Kanal direkt in den Park.

Ausflug in die Schären: Die Straßenbahnlinie 11 verbindet die Innenstadt mit Saltholmen. Von dort legen die Fähren Richtung südlicher Schärengarten ab. In den Bootshäusern des „Kajkanten Vrångö”, direkt am kleinen Hafen der autofreien Insel gelegen, kann man das ganze Jahr über unbeschwerte Urlaubstage verbringen. Infos und Buchung auf kajkantenvrango.se.

2021: In zwei Jahren feiert Göteborg sein 400-Jahr-Jubiläum. Mehr über die Geschichte erfährt man im Stadtmuseum: goteborgsstadsmuseum.se

Mehr Informationen: goteborg.com, visitsweden.de

 

copyright  2024
29. März 2024