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Im Herzen Australiens

30. November 2019, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Eine Familie bereist Australien
Bild: Koller

Viel ist in den vergangenen Wochen über den Uluru geschrieben worden. Auch wir sind zum heiligen Berg im Herzen Australiens vorgedrungen. Es präsentierte sich rot, staubig und voller spiritueller Energie.

Mehr als 25.000 Kilometer liegen mittlerweile hinter uns – ein Grund mehr, die 1500 Kilometer lange "Einbahn" in das rote Zentrum etwas zügiger zu nehmen. Auf der Banka Banka Station lassen wir für fünf Dollar pro Tag unseren Wohnwagen zurück und sind auf einen Schlag 2,5 Tonnen leichter. Die Box auf unserem Auto wird umgeräumt, ein gebrauchtes Drei-Mann-Zelt haben wir bereits in Darwin erstanden und ein weiteres, kleineres Zelt hat uns eine andere Reisefamilie mit auf den Weg gegeben. Bettdecken und Polster werden aus dem Wohnwagen geräumt, ebenso eine Gasflasche und der Kugelgrill. Eine "Küchenbox", einige mit Kleidern gefüllte Einkaufstaschen (hilfreich beim Wiederfinden) müssen auch noch mit. Wir sind abfahrbereit für das "Abenteuer im Abenteuer". Denken wir zumindest. Doch das Auto will am nächsten Morgen nicht so, wie wir wollen. Wirklich beunruhigen kann uns das nicht, kennen wir doch die Macken unseres Nissans und lieben ihn trotzdem. Außerdem ist auf die Australier Verlass, und so sind wir dank der hilfsbereiten Campingplatzbesitzer im Nu wieder auf der Straße.

Eine frostige Premiere

Wir passieren Tennant Creek, einen Ort, der jeglichen Charme vermissten lässt, und ziehen die 608 Kilometer in einem Stück durch, erreichen noch am selben Tag Alice Springs. Gemessen an unserer üblichen Geschwindigkeit fühlen wir uns, als wären wir mit dem Flugzeug gereist. Die Sonne lässt gerade dem Mond den Vortritt, während wir uns auf Campingplatzsuche begeben. Der erste ist ausgebucht, zwei weitere zu teuer. Als sich eine passende Bleibe findet, ist es finster. Im Stockdunkeln bauen wir die Zelte auf – bei gerade einmal neun Grad. Zu der Kälte gesellen sich Müdigkeit von der langen Fahrt und Aufregung. Nach acht Monaten Australien steht uns die erste Nacht in einem Zelt bevor. Übermut und Vorfreude sind schnell verflogen oder besser: eingefroren. Das Thermometer fällt im Laufe der Nacht auf zwei Grad. Wir frieren, an Schlaf ist kaum zu denken und wenn wir für einige Minuten wegdämmern, suchen uns Träume vom tropischen Norden und von unserem gemütlichen Wohnwagen heim. Die Kälte der Nacht noch in den Knochen treten wir frühmorgens als Erstes den Gang zu örtlichen Second-Hand-Läden an. Für ein paar australische Dollar werden Schlafsäcke, Hauben und Jacken erstanden. Weil die Sonne uns tagsüber bei angenehmen 25 Grad wärmt, werden die Kleiderschichten zwar Lage für Lage wieder abgelegt, aber die nächste Nacht kommt bestimmt.

Einzigartige Schule

Zwei Tage lang erkunden wir zu Fuß Alice Springs. Während wir unserem Auto eine kleine Serviceeinheit in der Werkstatt gönnen, statten wir dem Besucherzentrum der "School of the Air" einen Besuch ab. Diese Art Fernschule wurde 1951 gegründet, um Kindern in abgelegenen Regionen Zentralaustraliens ohne Anbindung an das Schulnetz eine Bildungsmöglichkeit zu bieten. Insgesamt gilt es eine Fläche fünfzehnmal größer als Österreich abzudecken. Wurde früher am Stand "geradelt", um Strom für das Radio zu erzeugen, werden die Schülerinnen und Schüler mittlerweile via Internet betreut. Einmal pro Jahr besuchen die Lehrer die Familien auf den Farmen, kommen per Flugzeug oder Allrad auf "Hausbesuch". Halbjährlich treffen sich die Familien in Alice Springs zu einem gegenseitigen Austausch. Für diese Sprechstunde nehmen sie oft mehrtägige Reisen auf sich. Das Angebot ist freiwillig. Oft sind es Bauern großer Rinderfarmen im Outback, die bereits seit mehreren Generationen Erfahrung im "Lernen auf Distanz" haben. Wer mehr als 50 Kilometer von der nächsten öffentlichen Schule entfernt wohnt oder aus persönlichen Gründen keine Schule besuchen kann oder will, wird – komplett vom Staat finanziert – von der "School of the Air" betreut. Auch viele reisende Familien sind registriert und werden virtuell unterstützt. Auf Wunsch werden sogar Computer, Headsets und Internet kostenlos bereitgestellt. Auch wenn die Räumlichkeiten des Museums nicht besonders attraktiv sind, sind wir doch fasziniert von der Technik, der wertschätzenden Zusammenarbeit zwischen Pädagogen und Eltern und der hochwertigen Bildung, die Kinder auf diesem Weg erfahren – und das alles in ihren eigenen vier Wänden oder auf Reisen.

Einen weiteren unvergesslichen Halbtag verbringen wir im Museum des "Royal Flying Doctor Service", einer weiteren australischen Institution, die für die Bevölkerung von unschätzbarem Wert ist (Höhepunkt 1).

Wir besuchen noch die eine oder andere Galerie, um uns einen Überblick über die lokale Kunst zu verschaffen, und brechen dann auf zum heiligen Berg. Aber nicht ohne im MacDonnell-Ranges-Nationalpark zu stoppen. Die östlich und westlich von Alice Springs verlaufende, über 600 Kilometer lange Gebirgskette mit engen und im Abendlicht rot leuchtenden Schluchten und pittoresken Wasserteichen zählt zu den schönsten Landschaften im Northern Territory. Am Finke River findet sich ein ideales Nachtquartier: weich und sandig neben einem ausgetrockneten Flussbett. An so einem idyllischen Zeltplatz darf ein Lagerfeuer nicht fehlen. Die Jungs sammeln ausreichend Brennholz, das bis zum Morgen reicht. Die Nächte sind und bleiben kalt. Unter unzähligen glitzernden Sternen schlafen wir ein. Nur der leise Atem unserer Kinder und hin und wieder das Heulen eines Dingos durchbrechen die Stille der Nacht. Es sind Momente wie diese in einer rohen, ja unverschämt schönen Natur, die wir für immer in unseren Herzen tragen werden.

Träume werden wahr

Die Realität des nächsten Tages sieht wie folgt aus: Weitere 400 Kilometer unasphaltierte Schotterpisten, ein Auto bedeckt von der roten Erde des Outbacks, das eine lange Staubwolke hinter sich herzieht. Von Zivilisation keine Spur, dafür nichts als Wildnis, ein Meteoritenkrater, den wir erklimmen, und endlich (!) eine Herde Wildpferde. Auch wilde Kamele wandern den Straßenrand entlang, am Abend gesellt sich noch eine Wildkatze zu uns und sucht – so wie wir – die Wärme des Lagerfeuers. Gut ausgeruht bewandern wir am nächsten Tag den Kings Canyon.

Für Birgit ist es ein Tag, an dem ein Traum in Erfüllung geht. Seit mehr als zwei Jahrzehnten träumt sie vom Ayers Rock. Rot und groß – ein Monolith inmitten unendlicher Weite, der sich 350 Meter in die Höhe erhebt. Seit Jahrtausenden ein spiritueller Platz. Von Weitem begrüßt er uns stattlich und souverän. Wir reihen uns ein in die Touristenschar und knipsen die ersten Fotos. Vor mehr als 30 Jahren wurde er den dort ansässigen Aborigines "Anangu" zurückgegeben und mit ihm der traditionelle Name "Uluru". Seit 26. Oktober dieses Jahres darf er von Touristen nicht mehr bestiegen werden. Einst ein heiliger Ort, soll er das wieder werden (Höhepunkt 2).

Wir checken zu einem satten Preis am "Uluru Campground" ein. Frei stehen ist verboten, im Gegensatz zum restlichen Australien ist hier alles reglementiert, aber auch gut organisiert. Frühmorgens machen wir uns ein dampfend warmes Frühstück, um die Kälte aus unseren Glieder zu vertreiben, und fahren zum "Ranger’s Talk". Bei einer Führung am Fuße des Berges wird über das Leben der Aborigines informiert. Man kann sich hier auch auf eine zehn Kilometer lange Wanderung rund um den Berg begeben. Auf den vielen Hinweisschildern erfahren wir mehr über die Schöpfungsgeschichte der Aborigines, die eng mit dem Uluru verbunden ist.

In der Kultur der Aborigines, die als die älteste Kultur der Welt gilt, ist die Traumzeit der Schlüssel zu allem, was existiert hat, existiert und existieren wird. Sie beinhaltet alle wichtigen Ereignisse der Vergangenheit, die wiederum ständig Auswirkungen auf das Jetzt und somit auch auf die Zukunft haben. So erklärt sich nach der Mythologie der Aborigines auch die Schöpfung. Eine der wichtigsten Schöpfungsgestalten war die Regenbogenschlange, die Berge, Täler und Flussläufe formte. Nichts war jedoch fest angelegt, sondern alles konnte sich in alles verwandeln, denn alles ist eins. Und weil in der Traumzeit nichts einfach nur der Vergangenheit angehört, ist im Glauben der Aborigines auch heute noch alles miteinander verbunden.

Ein Missgeschick mit Folgen

Uli macht sich auf den Weg zu den Felsformationen, die von Weitem aussehen wie große Köpfe, den sogenannten "Olgas", während Birgit mit den Kindern dem "Kata Tjuta"-Visitors Center einen Besuch abstattet. Dort bietet sich die Gelegenheit, Künstlern direkt beim Malen zuzusehen, danach geht es zurück nach Alice Springs, diesmal direttissima.

Unser Auto hält erneut eine Überraschung bereit. Während der Fahrt hat sich unbemerkt eine Klappe der Box geöffnet, sodass der Großteil unserer Kleidersäcke fehlt und das, was wir tragen, alles ist, was wir haben. In Alice angekommen, ist erneut Shopping angesagt. Als wir im Second-Hand-Laden unsere Geschichte erzählen, schenkt uns die freundliche Australierin alle neuen alten Kleider – eine Hilfsbereitschaft, wie wir sie hier immer wieder erleben.

Norden, Süden oder Osten?

Nach neun Tagen sind wir zurück beim Wohnwagen, voller Sinneseindrücke und auch froh, aus der Kälte des Zeltes wieder im vertrauten Schneckenhaus zu sein. Wieder mit komplettem Gespann und mit jeder Menge Tipps, Adressen und Empfehlungen in der Tasche geht es in den Osten Australiens. Aber wie all das in den verbleibenden Monaten unterbringen? Wir wissen es nicht, machen uns auf den Weg.

An der "Three-way junction" führt eine Straße in den Norden nach Darwin, eine in den Süden nach Alice und eine in den Osten nach Cairns. Wir nehmen die Ausfahrt in den Osten und fahren stundenlang, fast tagelang durch trockene Buschlandschaft und staubige Ebenen. Vor Mount Isa, inmitten der ödesten Landschaft, die wir bisher gesehen haben, passieren wir die unscheinbare Grenze und verlassen das Northern Territory. Queensland, wir kommen!

Die rote Erde, die unendlichen Weiten des rohen, schier lebensfeindlichen Outbacks und die spirituelle Kraft dieses Berges weisen uns wieder einmal unseren Platz im Universum und sind Erfahrungen, die wir beim Entdecken dieses Kontinents nicht missen wollen. Wir sind in dieser Etappe viele Kilometer gefahren und hatten wenig Kontakt mit Land und Leuten. Das vermissen wir und werden wir beim nächsten Abschnitt wieder beleben.

Wir sagen dem Staub und der Dürre ade. Im nächsten Artikel nehmen wir Sie mit an die Küste von Nord-Queensland, wo tropischer Regenwald und glasklares Meer eine einzigartige Landschaft formen.

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