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Gut Zug braucht Weile

Von Bernhard Lichtenberger, 06. November 2021, 00:04 Uhr
Gut Zug braucht Weile
Fotografenglück: eine Möwe auf dem Kopf der Statue „Mädchen mit Möwe“ in Opatija Bild: beli

Es hat seinen Reiz, wie zu Kaisers Zeiten in nostalgischen Waggons an die kroatische Riviera zu reisen, um das einst mondäne Seebad Opatija und dessen einladendes Umland zu erkunden.

Es ist eine Zeitreise, ein nostalgischer Trip zurück in eine Epoche, in der Adel und Großbürgertum im Mondänen schwelgten und der herrschende Arm der K.-u.-k.-Monarchie bis weit gen Süden reichte. Um heute wie der Kaiser in die kroatische Küstenstadt Opatija zu reisen, die damals noch Abbazia hieß, bedarf es weder eines üppig wuchernden Backenbartes noch einer strammen Uniform. Die seinerzeitige Art des Aufbrechens auf der Schiene nach Istrien erlebt der Gast nunmehr im Salonzug des B&B Blue Train, der in Sonderfahrten Linz mit den Schönheiten der Kvarner-Bucht verbindet.

Ein kurzer schriller Pfiff, und los geht es. Draußen hält das Dunkel der Nacht Sehenswertes noch fest umschlungen. Dafür zeigt sich das Innenleben der aus den 1940er- und 1950er-Jahren stammenden Waggons im besten Licht: musterreiche Teppichböden, betuchte Tische, fest verankerte, in unserem Fall himbeerrot gepolsterte, fürstlich anmutende Lehnsessel, plüschige Vorhänge, Tischlämpchen, holzvertäfelte Wände – und eine Vase mit Plastikblumen. Aufmerksames Bordpersonal dient mit Speis und Trank, serviert Frühstück, Mittagsmenüs und kleine Imbisse, balanciert Tabletts mit hohen Eiskaffee- oder Cocktailgläsern durch die Gänge.

Nostalgie im Salonwaggon Bild: B&B Blue Train

Wrummmm! Ein vorbeizischender ICE versetzt die betagten Fensterscheiben in geräuschvolles Flattern. So eilig wie der rasende Express hat es unser leicht wogendes Gespann nicht. Es rollt mit einer Geschwindigkeit dahin, die es den Augen erlaubt, sich an der Landschaft satt zu weiden – an schneegescheckten Gipfeln, weiten Wiesen, smaragdgrünen Flüssen, die sich durch tiefe Schluchten schlängeln, dem jahreszeitlichen Farbenspiel der Wälder.

Mit Ruhe und Gemütlichkeit

Manchem bleibt mehr Zeit, als ihm vielleicht lieb ist. Da ein Lokwechsel, hier ein exakt Pass und 3-G-Nachweis prüfender Grenzpolizist, dort ein eingleisiger Streckenabschnitt, auf dem der verspätete Staatsbahnen-Gegenzug den Vorrang erhält – und den Passagieren eine ungewiss lange Geduldsprobe auferlegt. Da hilft es, sich die guten Seiten einer Entschleunigung einzureden oder den singenden Dschungelbären Balu zu erinnern, es mit Ruhe und Gemütlichkeit zu versuchen, die Alltag und Sorgen wegjagten. Frei nach der Devise: Gut Zug braucht Weile, und auf dieser Retro-Reise ist auch ein wenig der Weg das Ziel.

Gut Zug braucht Weile
Ein kroatisches Ständchen auf der Insel Krk Bild: beli

Der führt schließlich nach Opatija, das sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum Winter- und Luftkurort der Donaumonarchie aufschwang. Den Grundstein dazu hatte Anfang der 1840er-Jahre der aus dem nahen, bisweilen von garstigen Bora-Winden heimgesuchten Rijeka stammende Iginio Scarpa mit dem Bau einer Sommerresidenz gelegt. Die nach seiner verstorbenen Frau benannte Villa Angiolina wurde 1882 von der österreichischen Südbahngesellschaft erworben, die sich um den Aufbau zum weltgewandten Seebad kümmerte, das gekrönte wie betuchte Prominenz anzog. Kronprinz Rudolf suchte das wohltuende Kleinod am Fuße des Ucka-Gebirges ebenso auf wie Kaiserin Sisi. Gustav Mahler komponierte in der Kvarner-Bucht an seiner 4. Sinfonie. Franz Joseph I. traf sich mit seinem deutschen Amtskollegen Wilhelm II. Albert Einstein soll hier relativ sicher ein Gspusi gehabt haben. Die Pionier-Brüder Lumiere kurbelten einen 45-Sekunden-Film des stürmischen Meeres.

Gut Zug braucht Weile
Katze und Brunnen in der Altstadt von Moscenice Bild: beli

Porträts dieser illustren Gäste, zu denen auch Kirk Douglas oder Zucchero zählen, zieren eine Ruhmesmauer im großzügig angelegten Park Angiolina. In dem spaziert man durch ein botanisches Sammelsurium mit Mammutbäumen aus Kalifornien, Zypressen aus Nepal, mächtigen Mittelmeermagnolien, japanischen Kamelien, Libanonzedern und Ginkobäumen. "In der Kindheit war für uns der Klebsame die wichtigste Pflanze. Wenn sich zu Beginn des Sommers die weißen Blüten zeigten, durften wir kurze Hosen tragen und ins Meer gehen", erzählt Gästeführer Livio.

Nah am Wasser, auf einem Felsen, steht eine grazile Skulptur, das "Mädchen mit Möwe" – ein Motiv, das sich kein fotografierender Opatija-Urlauber entgehen lässt. Es liegt am Lungomare, der Franz-Joseph-Promenade, die sich von Preluk über Opatija bis Lovran die Küste entlangschlängelt. Wo eine Villa, da ein Weg, kommt dem Schlendernden auf der zwölf Kilometer langen Strecke in den Sinn, an deren Bauten Historismus und Jugendstil abzulesen sind.

Gut Zug braucht Weile
Zwölf Kilometer lang ist die wunderbare Küstenpromenade Lungomare. Bild: beli

Wer sich im Salonzug an die k. u. k. Riviera begibt, bleibt nicht am Küstenstreifen kleben. Die Insel Krk ist zwar seit 1980 durch eine Brücke mit dem Festland verbunden, lustvoller nähert man sich ihr aber auf einem Ausflugsboot. Der Blick zurück wandert vom höchsten Gipfel, dem 1401 Meter hohen Vojak, hinunter zu einer der fünf Buchten, in der Surfer die steife Brise zum morgendlichen Ritt über die Wellen nutzen.

An Bord greift ein Akkordeonspieler beherzt in die Tasten und stimmt Ivo Robics Opatija-Serenade an. Als ihn das Repertoire in fremde Schlagergefilde verschlägt, wogen die Passagier fast schon mehr als das Meer. "Genießen Sie die Erwärmung, die kommt", kündigt Livio eine Runde Mandelschnaps an. Es folgen Häppchen, fein gewürzte gebratene Makrelen und Sardellen, dazu ein paar Krüge regionalen Weines.

Wo der Biertrinker König ist

Nach rund zweistündiger Fahrt wird im Fischerdorf Malinska angelegt, wo am Gestade des glasklaren Wassers kleine Konobas zur Rast nach einem Spaziergang einladen. Wer sich Hopfen und Malz zugetan fühlt, dem sei die Einkehr in "Kings Caffee" empfohlen. 60 verschiedene Biere, die meisten handwerklich gebraut, halten den Gaumen bei Laune.

Zurück in Opatija, wo Maroni-Stände und mit Lichterketten umgarnte Palmenstämme vom nahen Advent künden, locken Ausflüge in die Umgebung. Zum Beispiel in das hoch über der Küste thronende mittelalterliche Moscenice mit Steinhäusern, die nur engste Gässchen voneinander trennen. Pfade führen in die herbstlich gefärbten Wälder an den Hängen des Ucka-Massivs, das sich auf 72 markierten Wanderwegen erkunden lässt. Wen es hinunter an die Küste drängt, den führen 753 Stufen nach Moscenicka Draga.

Gut Zug braucht Weile
Hum, die „kleinste Stadt der Welt“ Bild: beli

Im landschaftlich reizvollen Hinterland stößt der Reisende auf Kurioses: Das 1102 erstmals urkundlich erwähnte Hum hängt sich das Etikett "kleinste Stadt der Welt" um. In der als Festung entstandenen Siedlung mit zwei Gassen darf davon ausgegangen werden, dass jeder jeden kennt. 20 Menschen wohnen hier. Einmal im Jahr, im Juni, ziehen sie mittelalterliche Kostüme an, um an einem Steintisch per Lotterie einen neuen Bürgermeister zu bestimmen.

Weiter geht es nach Kastav mit der größten Stadtloggia des Kvarner, in der Gericht gehalten wurde. Die Niederlassung hatte im Laufe ihrer Geschichte viele Herren, unter ihnen Illyrer, Römer, Jesuiten, Habsburger – und zahlreiche Kirchen, von denen eine unvollendet blieb. Die Legende erzählt davon, dass die Jesuiten die Bewohner anhielten, ohne Lohn für die Errichtung des Gotteshauses zu schuften. Eine genötigte Witwe verfluchte den Bau, der mehrmals einstürzte, nie fertig wurde und als Ruinenkirche nun für Veranstaltungen dient.

Nicht versäumen sollte man auch eine Visite der quasi ums Eck von Opatija liegenden Hafenstadt Rijeka, in der sich monarchistische Pracht, Tito-Plattenbauten und Industriebrachen begegnen und wo auf dem bunten Obst- und Gemüse- sowie dem appetitanregenden Fischmarkt reges Treiben herrscht.

Und so ist es wie mit dem guten Zug – auch Opatija und Umgebung brauchen Weile.

OÖN-Reiseclub: Lichtermeer am Meer

Die nostalgische Salonzugfahrt zur k. u. k. Küste nach Opatija im Advent mit dem OÖN-Reiseclub findet ab Linz mit Zustieg in Wels, Attnang-P. und Salzburg vom 29. November bis 2. Dezember 2021 statt (Preis ab 749 Euro).

1. Tag: Anreise mit dem historischen Sonderzug nach Opatija, Führung durch die weihnachtlich geschmückte Hafenstadt.

2. Tag: Zur freien Verfügung oder Wahl zwischen zwei fakultativen Ausflügen: Besuch der Stadt Krk auf der gleichnamigen Insel mit Bootsfahrt zur Klosterinsel Kosljun und Weinverkostung oder Tagesausflug zum Trüffelsuchen mit Hunden.

3. Tag: Reise in die Vergangenheit zu den Städten Kastav, Moscenice und Hum

4. Tag: Markt von Rijeka und Heimreise im Sonderzug

Info/Buchung: Travelpartner Kuoni/Mader-Büros in Wels (07242/66841-0, office.wels@kuoni.at) und Linz (0732/781877-0, hauptplatz@maderreisen.at)

Achtung: Es gilt die 2-G-Regel, die im Zug konsequent überprüft wird.

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Autor
Bernhard Lichtenberger
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3  Kommentare
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rechtsmaier (1.043 Kommentare)
am 15.11.2021 12:49

Abbazia :
Komm das Wort von Runterziehen weil es dort teuer war ?
oder von Ausziehen im Sinne der Entkleidung für die Kurbäder ? 😊

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auberg (25 Kommentare)
am 06.11.2021 02:23

Man kann auch mit ÖBB-Sparschiene ab 29 EUR von Linz nach Opatija-Matulji reisen. Billiger und schneller als mit dem teuren Luxuszug.
Im Moment aber wegen der Corona-Lage in Kroatien wenig ratsam.

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RainerHackenberg (1.872 Kommentare)
am 09.11.2021 09:45

und ich wiederum würde gerne mit dem Nostalgiezug nach Opatija fahren, aber ohne das dazugehörige Ausflugsprogramm und zurück mit der ÖBB Sparschiene

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