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Eine Audienz beim "Kini"

Von Roswitha Fitzinger   08.Februar 2020

"Der Mann war super, ein totaler Freak", sagt Robert Wilhelm, und in seiner Stimmte schwingt Bewunderung mit, die dem Bayernkönig Ludwig II. (1845-1886) gebührt. Der Kunstmaler aus Füssen steht im gleichlautenden Hotel, dem König Ludwig in Schwangau, unter einem zwölf Meter langen Deckenfotogemälde. Wilhelm hat es gemeinsam mit dem Fotografen Simon Toplak gestaltet. 128 Detailaufnahmen malerisch übertragen auf eine Leinwand mit Motiven und Details, die auch in Ludwigs Märchenschloss Neuschwanstein zu finden sind. Wie ein Suchrätsel mutet das Deckenkunstwerk an, mit dem der König sicher seine Freude gehabt hätte. Er, der bereits in jungen Jahren verkündet hatte, sich und anderen "ein ewig Rätsel" bleiben zu wollen.

Rätselhaft waren mit Sicherheit die Umstände seines Todes. Im Alter von 40 Jahren fand er im Starnberger See den Tod, gemeinsam mit seinem Psychiater, der ihm zuvor Unmündigkeit attestiert und ihn somit für regierungsunfähig erklärt hatte. Mit 18 Jahren König geworden, viel zu früh auf den Thron gesetzt, wie er befand, war Ludwig seit der Niederlage der Bayern gegen die Preußen kein souveräner Herrscher mehr, lediglich ein konstitutioneller Monarch, zum "Grußaugust" verdammt. Weit entfernt von seiner Idee eines heiligen Königtums von Gottes Gnaden, errichtete er sich eine Gegenwelt, in der er sich als wahrer König empfinden konnte: Neuschwanstein.

Eine Audienz beim "Kini"
Blick vom Schlossbalkon: Berge und Seen prägen das Allgäu.

Wie ein König fühlt sich derweil auch der Hotelgast. Lediglich drei Kilometer liegen zwischen ihm und dem Prunkschloss. Bäume und eine kleine Anhöhe verhindern einen direkten Blick. Der einzige Schönheitsfehler, würde man einen suchen. Denn der "Kini", wie er bei den Bayern noch immer genannt wird, ist im König Ludwig ohnehin omnipräsent. Um einen achtungsvollen Umgang mit dem Namenspatron sei man bemüht, der nie kitschig sein sollte, sagt Hausherr Florian Lingenfelder: "Wenn man schon seinen Namen gebraucht, ist man es ihm schuldig." Der Hotelier in zweiter Generation ist nicht nur verantwortlich für das neue Entree des Hauses, sondern auch für Investitionen in Millionenhöhe, die das Wellnessangebot des Hotels krönen sollen.

Eingebettet in den Schwanensee, einen 4500 Quadratmeter großen Naturteich, soll der Gast im 6600 Quadratmeter großen Ludwig Spa in 21 Bade-, Schwitz- und Relaxräumlichkeiten Erholung finden. Auf den Schwan, das Lieblingstier des Königs, stößt der aufmerksame Hotelgast in seiner Bleibe immer wieder, Gleiches gilt für die Krone. Anderes ist weniger auffällig, doch keineswegs zufällig: Weil Ludwig seiner Großcousine Sisi äußerst zugetan war, sieht sich der Gast in der Schauküche einem großen Fotoporträt der bekanntesten Sisi-Darstellerin gegenüber. Weil die Lieblingsblumen von Schauspielerin Romy Schneider Lilien waren, trägt der daran anschließende Bereich den Namen Lilien-Lounge. Wer sich hier niederlässt, um seinen Durst traditionsgemäß mit einem bayerischen Hopfengetränk zu stillen, trinkt aus einem Glas mit Kronen-Emblem, die Alpenberge und den Naturteich vor Augen. Würden sich darin Schwäne tummeln, man wäre nicht verwundert. Doch der Schwanensee ist den Hotelgästen vorbehalten, die im Sommer darin schwimmen können.

In des Königs Wohnzimmer

Wie im Hotel König Ludwig herrscht auch auf Neuschwanstein das ganze Jahr über Hochsaison. Durch das meistbesuchte Schloss Europas wurden seit Ludwigs Tod 130 Millionen Menschen geführt, durchschnittlich 6000 täglich. Und das, obwohl der menschenscheue König dort nie auch nur einen Besucher empfangen hatte. Das Schloss, in dem er selbst nur 174 Tage lebte, war sein Ort des Rückzugs. Hier flüchtete er sich in seine Traumwelt, die poetische Welt des Mittelalters. Ganz allein wollte er hier leben, musste sein Schloss dann aber doch mit 40 Bediensteten teilen.

Heute kann jeder hinein, wenn auch nur im Rahmen einer halbstündigen Führung. Im Fünf-Minuten-Takt werden Gruppen von jeweils 50 Personen eingelassen, begleitet von einem Guide der Bayerischen Schlösserverwaltung. "Treten Sie ein in das Wohnzimmer des Königs", lautet seine Aufforderung. Könige und Ritter, Dichter und Liebespaare bevölkern die Räume in Form von Wandbildern. Ludwig, ein glühender Fan Richard Wagners, hatte sich hier mit seinen Vorbildern umgeben. Und so begegnet der Besucher dem Dichter Tannhäuser, Schwanenritter Lohengrin und Gralskönig Parzival, aber auch dem Wappentier der Grafen von Schwangau: dem Schwan. Er symbolisierte zugleich die Reinheit, nach der Ludwig strebte. Der Besucher erblickt das Tier auf Türgriffen und Wasserhähnen, während er dem Guide durch den prunkvollen Thronsaal folgt, in dem nie Audienzen abgehalten wurden, und er den Sängersaal betritt, in dem nie Musikaufführungen stattgefunden haben. Bei der Wanderung durch die Zimmer wird auch eine kleine Grotte passiert. Die künstlich angelegte Tropfsteinhöhle konnte farblich beleuchtet werden – nicht die einzige Ungewöhnlichkeit hier.

Eine Audienz beim "Kini"
Schlafzimmer Ludwigs mit Prunkbett und einem mit Schwänen verzierten Waschtisch

Ein Prunkbett im neogotischen Stil mit einem Sternenhimmel, weil Ludwig die Sterne liebte und täglich unter ihnen nächtigen wollte, ein elektrisches Klingelsystem, mit dem er die Dienerschaft rief, eine Toilette mit automatischer Spülung und für die großen Räume eine Art Warmluftheizung wollen nicht so recht ins Bild eines Königs, der als Träumer galt, passen. Tatsächlich war Ludwig aber auch ein Technikfreak und sein Märchenschloss auf dem höchsten Entwicklungsstand der damaligen Zeit.

Zu Fuß oder eine Kutschfahrt

Beeindruckt tritt der Besucher abschließend noch hinaus auf einen der Balkone und es schwant ihm, warum Ludwig gerade hier sein Schloss erbauen ließ. Das Alpenvorland liegt ihm zu Füßen, ebenso Hohenschwangau. Beinahe klein mutet dieses Schloss gegenüber von Neuschwanstein an, in dem Ludwig die Sommer seiner Kindheit verbrachte. Von einem der Turmzimmer soll er mit einem Fernrohr häufig auf den gegenüberliegenden Felsen geblickt haben, dort, wo ab 1886 Neuschwanstein errichtet wurde.

Den Weg zum Schloss legt der Besucher in einem 15-minütigen Fußmarsch zurück oder er steigt in eine Pferdekutsche. Einmal oben angekommen, empfiehlt sich auch ein Abstecher in die dahinter liegende Schlucht. Ludwigs Vater, Maximilian II., hatte in der Umgebung von Hohenschwangau Wege und Aussichtspunkte anlegen lassen. Zu Ehren seiner Gemahlin Marie ließ er die "Marienbrücke" errichten. In 90 Metern Höhe überspannt sie die Pöllatschlucht und liefert für Schwindelfreie einen grandiosen Blick auf Neuschwanstein.

Eine Audienz beim "Kini"
Ein Deckenfotogemälde geleitet den Hotelgast vom Vorplatz in die Lobby.

Ein Fernrohr hat auch Hotelier Lingenfelder in einer der 18 Luxussuiten aufstellen lassen. "Hier würde auch Ludwig sitzen und rausschauen", sagt er. Schneeflocken tanzen mittlerweile vom Himmel und verpassen der 2000 Meter hohen Gipfelwelt in der Ferne einen winterlichen Anstrich. Kitschig, ist das Wort, das einem dazu einfällt.

Und übrigens …

Das Hotel: Das König Ludwig ist ein 4-Sterne-S-Adults-Only-Hotel mit 111 Zimmern, Chalets und Suiten. DZ pro Nacht inkl. Frühstücksbuffet und 5-Gang-Wahlmenü am Abend kostet ab 344 Euro. Das im Preis inbegriffene Aktivprogramm reicht von Yoga, Faszien-Stretching über Rückenfitness, Functional-Training bis zu TRX-Workouts und Klangschalenmeditationen. koenig-ludwig-hotel.de

Die Umgebung von Neuschwanstein bietet im Winter wie im Sommer viel Abwechslung: Das Bergsportzentrum Tegelberg lockt mit Klettersteigen verschiedener Schwierigkeitsgrade. Das Ammergebirge durchziehen zahlreiche Wanderrouten und Skipisten. Auch ein Ausflug ins nahe Füssen mit seiner historischen Altstadt oder nach Kempten, einer der ältesten Städte Deutschlands, lohnen. Wer noch nicht genug von König Ludwig hat, kann Linderhof, dem kleinsten seiner Schlösser, einen Besuch abstatten. Definitiv nur etwas für Schwindelfreie ist die mit 406 Meter längste Fußgängerbrücke der Welt, die „highline 179“. Und wen es in heimatliche Gefilde drängt, hat nach Reutte in Tirol samt seinen Wander- und Skiangeboten gerade einmal 15 Kilometer. neuschwanstein.de

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28. März 2024