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Die "drei scheensten Dääg"

Von Roswitha Fitzinger, 05. November 2022, 14:00 Uhr
Die "drei scheensten Dääg"
Die Laternen werden auf dem Kopf oder auf Stäben getragen, die großen auf Wagen gezogen. Bild: Nigel Atkinson

Am 11. 11. beginnt offiziell die Narrenzeit. Wenn’s in Basel am "Mäntig 4i schloot" – dann brechen am Montag nach Aschermittwoch für die Bewohner die drei schönsten Tage an. Die Basler Fasnacht ist ein unvergleichliches Erlebnis, egal wie man zum Faschingstreiben steht.

Keine Straßenlaterne, die die Nacht erhellt, kein Schaufenster, das Einblick in das Innere gewährt, und auch kein Schild, das einen Firmennamen grell in Szene rückt – derart gespenstisch finster stellt man sich einen Blackout vor. Beinahe könnte man es mit der Angst zu tun bekommen, wenn – ja wenn – nicht Fasnacht wäre in Basel.

Der Countdown hat begonnen. Nur noch wenige Minuten. Es ist kurz vor vier Uhr morgens. Ständige Blicke auf die Uhr. Wenn die Glocke von Basels ältester Kirche vier Uhr schlägt, erlöschen auch die letzten Lichtquellen in der Stadt und das Fasnacht-Spektakel beginnt. Man hört sie, bevor man sie sieht: Piccoloflöten und Trommeln, die einem bestimmten Takt und einer bestimmten Melodie folgen. Es ist der "Morgestraich-Marsch", der von den Fasnächtlern ausschließlich zu dieser Gelegenheit gespielt wird. Sie kommen aus sämtlichen Gassen und Straßen, um dann in einer festgelegten Route um die Innenstadt zu ziehen, die einzigen Lichtquelle sind die Laternen. Sie leuchten zu Hunderten – kunstvoll bemalte kleine Stab- und Kopflaternen und meterhohe mächtige, die auf Wagen durch die Straßen gezogen werden. Die Motive wechseln je nach "Clique" , wie die Formationen genannt werden, jede hat ihr "Sujet", an dem monatelang gearbeitet wurde. Heute haben sie ihren großen Auftritt. Im langsamen Gleichschritt ziehen sie an den Zuschauern vorbei, die die Straßen und Balkone bevölkern oder aus den Fenstern schauen. Der Laternenstrom scheint unendlich, begleitet von immer wiederkehrenden rhythmischen Pfeifen und Trommelschlägen. Irgendwann bei Tagesanbruch ist der "Morgestraich" vorbei, das Spektakel aber noch lange nicht beendet.

Die "drei scheensten Dääg"
Beim großen Umzug, der Cortège, stehen die Kostüme und Larven im Mittelpunkt. Bild: Reinhardt Verlag

Zum Frühstück "Määlsuppe"

Wer etwas auf sich hält, geht nicht nach Hause, sondern auf eine echte Basler Mehlsuppe. Sie gehört zur Fasnacht wie Masken und Laternen, doch an dem braunen Traditionsgericht aus geröstetem Mehl und Zwiebeln scheiden sich die Geschmacksgeister. Weniger Experimentierfreudige greifen besser zu der nicht minder traditionellen "Zwiebelwähe", einer Art Zwiebelkuchen. Ein süßer Weinpunsch dazu wärmt nicht nur, sondern macht auch munter.

Anschließend empfiehlt sich zumindest ein kurzes Nickerchen, denn der nächste Fasnachts-Höhepunkt beginnt mit schweizerischer Pünktlichkeit am frühen Nachmittag. Um 13.30 Uhr startet das große Schaulaufen von 500 Formationen mit mehr als 11.000 Maskierten, auch "Cortège" genannt. Anders als hierzulande bedecken die kunstvoll und oft in Handarbeit angefertigten "Masggen" und "Larven" nicht nur das Gesicht, sondern den Fasnächtler von Kopf bis Fuß – eine gewollte und historisch bedingte Anonymität. Zwar keltischen und germanischen Ursprungs, entwickelte sich die Basler Fasnacht in der Reformationszeit immer stärker als Ausdruck des Widerstands gegen die repressive Obrigkeit. Die Anonymität bleibt bis heute gewahrt, wenn auch die Art der Kostümierung sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt hat. Es gibt Kostüme, die das jeweilige "Sujet" einer Formation zum Ausdruck bringen, solche, die einfach der individuellen Fantasie entspringen, und die klassischen Kostüme, die immer aus einem "Waggis" (Bauern), der "Alti Dante" (alte Tante), den aus hunderten Stofffetzelchen kostümierten "Blätzlibajass", den "Uli" (Hofnarren) und dem im Rokokostil gekleideten Dummpeter bestehen.

Die "drei scheensten Dääg"
Nur die großen und kleinen Laternen leuchten beim Morgenstreich der Fasnacht Bild: Klaus Brodhage

Wenn es Räppli regnet

Allesamt ziehen sie durch die Straßen, über die Plätze und die Brücken der Stadt, auf festgelegten Routen und jeweils angeführt vom sogenannten "Vortrab", der der Clique den Weg durch die Menge bahnt. Es regnet "Räppli" (Konfetti) und "Dääfeli" (Zuckerl). Kleine Papiersteifen, auf denen das Sujet der Clique in Versform erklärt wird, werden verteilt. Die Zuschauer stehen dicht an dicht, die Straßen gleichen einem bunten Konfetti-Teppich. Achtung, Rutschgefahr!

Während der Dienstagnachmittag dem kostümierten Fasnachtsnachwuchs und dessen Eltern vorbehalten ist, gehört der Abend den Blasmusiken. An die 60 Gruppen marschieren zunächst trommelnd, posaunend und trompetend durch die Stadt, um dann auf diversen Plätzen eine Kostprobe ihres Könnens zu geben. Wer noch nicht genug hat vom bunten Treiben, schaut am Münsterplatz vorbei, wo die großen Wagenlaternen der Cliquen ausgestellt werden. Am besten, man kommt abends, wenn sie beleuchtet sind.

Keine Basler Fasnacht ohne „Schnitzelbängg“. Diese Veranstaltung ist den Eidgenossen vorbehalten. Nicht, dass Besucher ausgeschlossen wären, man scheitert schlichtweg am Schweizer Dialekt. Die Geschehnisse des vergangenen Jahres, nationale wie internationale, bissig und in Reimform durch den Dreck zu ziehen, ist wenig lustig, wenn der Anteil des Verstandenen im einstelligen Prozentbereich liegt.

„Bloß nicht!“ der Fasnacht

Dunkelheit ist oberstes Gebot beim Morgenstreich. (Handy-)Blitzlicht ist deshalb tabu. Auch wenn Sie zu jenen gehören, die sich gerne kostümieren, halten Sie sich zurück: Geschminkte Gesichter, Perücken etc. werden höchstens bei Kindern akzeptiert. Ebenso verpönt ist es, Konfetti vom Boden aufzuheben und in einer Art Wiederverwertung damit andere zu bewerfen, schon gar nicht Maskierte. Ehrensache ist hingegen das Tragen einer „Blaggedde“. Der Verkauf des broschenförmigen Abzeichens bildet die Haupteinnahmequelle der Fasnacht.

Mittlere Brücke bei Abenddämmerung // Mittlere Brücke at dusk
Basels älteste Brücke, die Mittlere Brücke, verbindet Klein- mit Großbasel. Bild: Basel Tourismus

Irgendwann gehen auch die drei schönsten Tage zu Ende. Um vier Uhr hat’s begonnen, um vier Uhr endet die Basler Fasnacht – mit dem „Ändstraich“ am Donnerstag, bei dem jede Formation einen letzten Marsch bläst oder ein letztes Musikstück zum Besten gibt.

Und abseits des Fasnachtstrubels, der jährlich an die 200.000 Besucher in die mit 171.000 Einwohnern drittgrößte Stadt der Schweiz zieht? Den Vergleich mit der großen „Schwester“ Zürich braucht das kleine Basel keineswegs zu scheuen. Die Fasnacht zu verlängern, zahlt sich aus. Es gibt viel zu entdecken, denn Basel...

... besitzt einen intakten historischen Stadtkern. Ein besonderer Blickfang ist das aus rotem Sandstein erbaute, mächtige Rathaus. Die fast 1000 Jahre alte Mittlere Brücke ist einer der ältesten Rheinübergänge überhaupt. Wer den Fluss noch uriger überqueren möchte, setzt sich in eine der vier Rollfähren „Wild Maa“, „Leu“, „Vogel Gryff“ oder „Ueli“, die Groß- mit Kleinbasel verbinden.

... beherbergt mit der „Art Basel“ (15. bis 18. Juni 2023) die weltweit größte Messe für zeitgenössische Kunst.

Faszinierendes Holbein Werk im Kunstmuseum Basel // Fascinating work of Holbein at the Kunstmuseum Basel
Das Kunstmuseum beherbergt nicht nur Holbeins „Christus im Grab“, sondern Werke von Chagall bis Warhol. Bild: Kunstmuseum

... besitzt mit seinen gut 40 Museen die höchste Museumsdichte des Landes: Einrichtungen wie das Kunstmuseum und die Kunsthalle zählen international zu den renommiertesten ihrer Art. Als eines der weltweit schönsten Museen gilt die vergleichsweise kleine „Fondation Beyeler“. In dem von dem Stararchitekten Renzo Piano mitten in einem Naherholungsgebiet realisierten Museum verschmelzen moderne und zeitgenössische Kunst mit Natur und Architektur.

Fondation
Die Fondation Beyeler realisiert Kunst und Architektur mitten im Grünen. Bild: Fondation Beyeler

... ist auch ein Mekka moderner Architektur. Jedes der knapp 20 Gebäude am Campus des Pharmariesen „Novartis“ etwa stammt von einem anderen international renommierten Architekten und ist öffentlich zugänglich. 300.000 Besucher begeben sich mittlerweile jährlich auf dem Firmenareal des Möbelherstellers Vitra auf eine Zeitreise durch die zeitgenössische Architektur. Hier, am Stadtrand, steht Zaha Hadids erster Bau (ein Feuerwehrhaus) oder Frank O. Gehrys erstes Gebäude, das Vitra Design Museum. Dort hat man es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Designs zu erforschen und zu vermitteln. Das Schaudepot beherbergt an die 20.000 Exponate, darunter 7000 Möbel, mehr als 1000 Leuchten sowie die Nachlässe von Designgrößen wie Verner Panton und Alexander Girard.

Kunstliebhaber im Vitra Schaudepot / Art lovers in Vitra Schaudepot
Möbeldesign der unterschiedlichsten Epochen im Vitra-Schaudepot Bild: Vitra Schaudepot

Wissenswertes

  • Fasnacht 2023: Nach pandemiebedingten Einschränkungen in den vergangenen Jahren soll 2023 wieder eine „normale“ Fasnacht stattfinden, wie das Fasnacht-Comité kürzlich mitteilte – Termin: 27. Februar bis 1. März
  • Anreise via Zürich: täglich mehrere Zugverbindungen nach Zürich (etwa ab Linz 10:46 Uhr, an: 17:20 Uhr, bzw. Nightjet Linz ab 22:56, an 08:20 Uhr), Fahrtdauer Zürich-Basel: eine Stunde
    Täglich mehrere Flugverbindungen mit der Swiss (swiss.com)
  • Übernachtung: „Moevenpick Hotel Basel“, DZ ab 154 Euro. Das 4-Sterne-S-Hotel liegt zwei Gehminuten von Bahnhof und 10 Minuten vom Stadtzentrum entfernt. moevenpick.com/basel
  • Die Basel Card erhält jeder Besucher gratis zu einer Hotelbuchung in der Stadt. Sie erlaubt die freie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, kostenloses WiFi an diversen Hotspots, 50-Prozent-Ermäßigung auf den Eintritt in Museen, Zoo, Theater, sowie die Benützung eines Basel-Guest-Bikes um 20 Franken am Tag.
  • Nähere Infos: basel.com
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Autorin
Roswitha Fitzinger
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