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Das Besondere ist ganz normal

Von Bernhard Lichtenberger   24.November 2019

Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld", sang Karel Gott vom Traum des kleinen Buben, dereinst viele fremde Länder zu sehen. Eine Sehnsucht, die das Vater-Tochter-Gespann Richard (63) und Melanie (34) Frühwirt befriedigen – die Finanzkraft ihrer Klientel vorausgesetzt. Die steirische Familie hat mit ihrem Unternehmen HL Travel (HL steht für High Level) eine Nische besetzt: Luxus-Reisen im Privatjet.

Für 30 Personen wird zum Beispiel im kommenden Jahr der 21-tägige Kreuzflug "Unbekanntes Südamerika" angeboten, der ab/bis Wien über die Bermudas nach Kolumbien, Peru, Chile, die Falkland-Inseln und Brasilien nach Französisch-Guayana führt. Dabei taucht die exklusive Reisegesellschaft zwischen 5. und 25. März u. a. in die Kultur der einst berüchtigten Stadt Medellin ein, bestaunt die um 1300 entstandene Lehmmetropole Chan Chan, beobachtet in der Atacama-Wüste den klarsten Sternenhimmel, durchwandert den Nationalpark Torres del Paine, spaziert zu den donnernden Iguazú-Wasserfällen und besichtigt das Weltraumzentrum in Kourou.

Wem das nicht genügt, mag bei der Weltreise "Rund um den Globus" landen, die zwischen 6. und 29. November 2020 etwa auf den karibischen Turks- und Caicos-Inseln, bei den Maya-Stätten Mexikos, an der bolivianischen Baja California, auf Hawaii, Samoa, Papua-Neuguinea, in Singapur und Indien Halt macht. Die Reisepreise: 56.000 bzw. 75.900 Euro, pro Person.

Sie versteht zu reisen: Melanie Frühwirt im Privatjet.

Viel unterwegs, nichts gesehen

"Für den Otto Normalverbraucher", sagt Richard Frühwirt, "der für den Urlaub 2000 Euro ausgibt, ist das natürlich viel Geld." Unternehmensvorstände, Firmeninhaber, die den Betrieb verkauft haben, oder Vielarbeiter, die beruflich häufig unterwegs waren, dabei aber nichts gesehen haben, seien bereit, tief in die Tasche zu greifen. Seine Kunden verstünden das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Erwartet werde kein Trip von der Stange, sondern außergewöhnliche Erlebnisse. "Wenn jemand mit einem U-Boot tauchen gehen will, dann organisieren wir das", sagt der erfahrene Touristiker. Ein Haubenrestaurant muss es nicht sein, "denn das haben diese Leute eh immer". Erst ein Lokal, das sich exklusiv für die Gruppe öffnet, das sich in einem Palast befindet oder ein kulinarischer Genuss, der extra an einem Strand serviert wird, sei als Tüpferl auf dem i zu betrachten.

Wer mit HL Travel unterwegs ist, kann sich auch etwas sparen – die Zeit, die auf Linie gebuchte Reisende wartend und herumstehend auf Flughäfen verbringen. Der für die globale Tour angeheuerte Airbus 319 mit seinen 35 Lie-flat- und First-Class-Sitzen hebt von eigenen Terminals ab. Während der Kapitän die Gäste persönlich begrüßt, hat sich der Koffermanager längst um das Gepäck gekümmert. "Im Schnitt brauchen wir mit 30 Leuten auf den Airports lediglich 20 Minuten", sagt der 63-Jährige.

Zur Crew gehört ein Koch, der jeden Tag Brot bäckt und in den Destinationen frische Zutaten für die Bord-Menüs besorgt, die er in den Hotels zubereitet. Immer dabei ist auch ein Arzt, der mit Notfallkoffer und Defibrillator bestens ausgerüstet ist. "Wir haben 65 Prozent Stammkunden. Die kennen den Arzt und er ihre Wehwehchen", sagt Richard Frühwirt, der mit seiner Tochter die Reisen persönlich begleitet.

Dem Zufall wird nichts überlassen. Kurz vor der Reise klappert Melanie Frühwirt alle Hotels und Restaurants ab, um sicher zu gehen, dass die Qualität den Ansprüchen gerecht wird. "Dabei sitzt sie ungefähr 90 Stunden nur im Linienflugzeug. Wir umrunden mit unserer Maschine den Globus in nur 48 Stunden. Das ist ein gewaltiger Unterschied", sagt der Vater.

Zur 50plus-Kundschaft zählen nicht wenige Alpha-Typen, "die meist dienstlich mit dem Laptop unterwegs sind und alles Mögliche im Kopf haben. Die sind nicht gewohnt, loslassen zu dürfen. Bei uns müssen sie sich um nichts kümmern, da entschleunigen sie komplett", sagt der HL-Travel-Chef. Die luxuriösen Reisen leisten sich aber auch Lotto-Millionäre, per Erbe Betuchte und fleißige Sparer, die sich mit der Pensionsabfertigung einen Wunsch erfüllen. Die beiden großen Reisen machen etwa 15 Prozent des Jahresumsatzes aus. "Unsere Stärke ist es, individuelle Reisen zu organisieren. Mit Privatjets sind wir fast täglich unterwegs. Meine Tochter arbeitet gerade an einer Weltreise für zwei Personen."

Der Duden definiert Luxus als "kostspieliger, verschwenderischer, den normalen Rahmen übersteigender, nicht notwendiger, nur zum Vergnügen betriebener Aufwand". Richard Frühwirt sieht das differenziert: "Für den einen ist es Zeit, der andere will auf den Mond fliegen und einer nur in die Berge marschieren. Mein Luxus ist es, den Winter in Südafrika in einem kleinen Haus zu verbringen, wo alles blüht, wo ich mich ausruhen kann – oder im Sommer in der Steiermark zu sein."

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18. April 2024