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Berg- und Talfahrt im Oman

Von Manfred Lädtke, 07. September 2019, 00:04 Uhr
Berg- und Talfahrt im Oman
Das Wadi Bani Khalid gilt als eines der schönsten natürlichen Wasserbecken des Oman. Die metertiefen, naturgeschaffenen Pools liegen im Vorhof der Wahiba-Wüste. Bild: Lädtke

"Den Oman spüren und erleben kannst du nur offroad", behauptet Sven. Acht Tage und 2200 Kilometer später ziehen im Rückspiegel Erinnerungen an gefährlich steile Bergpässe, gespenstische Lehmstädte, mächtige Wehrpaläste, tiefgrüne Oasen und rote Sandwüsten vorbei. Der Mann hatte recht.

Der Berg ruft. Fast 1700 Kilometer schwingt sich die mehrspurige Küstenstraße 1 im weiten Bogen bis in den Süden von Oman. Am Straßenrand duckt sich unter Palmenhainen Sohar – die angebliche Geburtsstadt von Sindbad dem Seefahrer. Kaum vorstellbar, dass in dem Sultanat noch vor 45 Jahren allein Karawanenwege ein Fortkommen ermöglichten. Vielleicht stand ja der Geist aus Aladins Wunderlampe Sultan Qabus ibn Said märchenhaft zur Seite, als im Oman Öl gefunden wurde. Jedenfalls nutzte der umsichtige Herrscher den Reichtum und katapultierte das Land aus dem Mittelalter ins 21. Jahrhundert. Sind die Quellen versiegt, sollen Erdgas, Kohle und Kupfer den Wohlstand sichern. Initiativen für eine touristische Infrastruktur helfen zudem, das weltoffene Morgenland für die internationale Reiseindustrie zu öffnen.

Berg- und Talfahrt im Oman
Koranunterricht in der Großen Sultan-Qabus-Moschee bei Muscat. Bild: Lädtke

Links blitzt zwischen weißen Häusern der Indische Ozean, rechts begleitet das mächtige Hajar-Gebirge die Fahrt. Während sich hinter der Gebirgskette ein karges Nichts ausbreitet, gedeihen in der subtropischen Küstenebene die meisten von sieben Millionen Dattelpalmen. Manchmal drosselt Sven abrupt das Tempo. Ziegen und Kamele haben Vorfahrt. Wer ein Tier anfährt, muss dem Besitzer den Schaden ersetzen.

Hundert Kilometer vor der Hauptstadt Muscat verlässt der Landcruiser den Asphalt und holpert nach Al Wabi am Fuße der Hajar-Berge. "Ready for adventure? Da geht’s hinauf, und auf der anderen Seite wieder runter", zeigt der Reiseführer auf den Gipfel des 3009 Meter hohen Jebel Shams. Seinen Namen "Sonnenberg" trägt der höchste Berg der Arabischen Halbinsel, weil er morgens als erster die Sonne begrüßt und ihr abends Gute Nacht sagt. Allmählich nähert sich der Geländewagen dem respekteinflößenden Koloss. An einem Pistenrand vor zwei auseinanderklaffenden Felswänden stoppt Sven den Jeep. Langhaarige Ziegen gesellen sich zum Picknick mit Schafskäse, Weintrauben und Oliven.

Einer, der sich auskennt

Beim Autocheck erzählt Sven, der Weltenbummler aus dem fränkischen Fürth, dass er nach etlichen Trophy-Rennen und Jobs als Tauchlehrer in den Oman kam. Spezialisiert auf Touren abseits des Pauschaltourismus chauffiere er seither Abenteurer oder Prominente wie Meryl Streep durch das Land, das erst allmählich von Touristen entdeckt wird: "Ich kenne jeden Pass, jede Düne", bekräftigt der Fahrer seine geografischen Kenntnisse. Das beruhigt.

Ab jetzt ist der Weg das Ziel. Durch Wadis (je nach Jahreszeit wasserreiche oder ausgetrocknete Flusstäler) schaukelt der Offroader an fruchtbaren Oasen und Falaj-Kanälen entlang hinauf ins Nirgendwo der wilden, archaischen Bergwelt.

Das raffiniert gebaute, nur von Gefällen geleitete, oberflächige Bewässerungssystem versorgt seit 2500 Jahren Siedlungen und Felder selbst in der Trockenperiode mit Quellwasser. Vor der Kühlerhaube führt plötzlich eine steile Geröllpiste scheinbar direkt in den Himmel. 100 Meter klettert der PS-Protz den Hang bis zum Scheitelpunkt hinauf, dann parkt Sven das Auto zwischen Himmel und Erde. Gebirgsmassen zum Greifen nah. Das Auge sucht Halt zwischen silbrig flimmernden Gipfeln und gähnenden Schluchten. Wuchtige Felsformationen muten an wie in Stein gemeißelte Fabelwesen: geradeaus ein liegender Löwe, links ein sitzender Frosch und von Klippen glotzen kantige Fratzen auf die Eindringlinge. Ein Bühnenbild für ein orientalisches Märchen.

Vorsicht, Rechtskurve!

Bei der Abfahrt schlingert der Allrad-Jeep um einen spitzen Felsüberhang. Abgrund und Reifen kommen sich gefährlich nahe, als das Auto über Schotterpfade auf den nächsten gen Himmel führenden Hindernisparcours zusteuert. Beim bangen Blick in die haarsträubende Tiefe wähnen sich Mitfahrer bereits auf den allerletzten Metern ihrer Reise. Sven grinst. Schweißperlen abwischen und nach vorne schauen! Weiter, immer weiter, windet sich der Pfad kurvenreich zum nächsten Höhepunkt. Wow! Von einem Hochplateau fällt der Blick in die 1000 Meter tiefe Wadi-Nakhar-Schlucht. Einheimische vergleichen die Inszenierung der Natur mit dem Grand Canyon, begegnen ihr mit respektvollem Abstand und nutzen die "kühlen" Tagestemperaturen von 20 Grad zum familiären Gipfeltreffen. Wagemutige, die ab Frühjahr in der ausgetrockneten Schlucht an Kletterseilen hängen, sind dann Hingucker für die staunenden Sommerfrischler.

Abkühlung verspricht auch das Wadi Bani, mit den schönsten natürlichen Wasserbecken im Gebirge. Vor dem Sprung in die kristallklare Bergwanne tauchen die Jeep-Passagiere jedoch erst in das 17. Jahrhundert Arabiens ein: 

Gespenstisch und surreal mutet das verlassene, scheinbar aus einem Felsen wachsende Al Hamra an. Nur wenige Lehmhäuser sind noch bewohnt. Am Ende der 400 Jahre alten Oasenstadt backen Frauen in altarabischen Wohnräumen Fladenbrot und zeigen, wie aus dem Öl des Shua-Baums eine Paste als Sonnenschutz gewonnen wird. Überreste eines Souks und kunstvoll verzierte Türen lassen auf einen früheren Wohlstand der verfallenen, bröckelnden Stadt schließen. Heute werden beim Anblick der Ruinen und menschenleeren Stolpergassen unwillkürlich Fernsehbilder aus zerstörten Kriegsgebieten im Nahen Osten wach.

Monument der Macht

Tipptopp in Schuss ist dagegen die nahe der alten Töpferstadt Bahla thronende Palastfestung in Jabrin. Die mächtigste von landesweit 300 Festungen ragt hinter einer langen Stadtmauer auf und gilt als kunstsinnigstes Machtmonument im Oman. Ende des 17. Jahrhunderts ließ Bilárub bin Sultan das Wohnschloss als eine Residenz der Kunst und des Wissens bauen. Holzgalerien dominieren den hellen Innenhof. Meisterhafte Stuckarbeiten über Treppen, mit Arabesken verzierte Fenster sowie lichtdurchflutete Gemächer für den Imam und seine Konkubinen sind glanzvolle Zeitzeugen einer herrschaftlichen Wohnkultur. Und warum sind im Gefängnistrakt die Treppen so flach? Der Herrscher wollte seinen edlen Araberhengst für einen Ausritt stets in der Nähe haben oder Gästen imponieren, erklärt der Burgführer. Das Wüstenschloss sei architektonisch zwar eindrucksvoll, militärisch aber nicht effektiv gewesen. Nachdem des Sultans verfeindeter Bruder die Lehmburg monatelang belagert hatte, starb der Hausherr.

Stunden später wird die Landschaft hinter einem Gebirgsrücken plötzlich sanft und grün. Eingerahmt von schattenspendenden Palmen, Schilf, Blumen und Kalksteinfelsen schimmern die türkisfarbenen Wasserbecken des Wadi Bani Khalid. Unterirdische Quellen speisen die Naturpools, die Vergleiche mit jenen von Luxushotels locker standhalten.

Let’s drive

Am nächsten Tag zeigen sich im Licht der flirrenden Mittagshitze die ersten Dünen der Wahiba-Wüste am Horizont. Nicht nur für Omanis beginnt hier das Abenteuerland. Vor dem Dünen-Surfen noch schnell etwas Luft aus den Reifen lassen, dann verschwindet der Wagen hinter einer Staubwolke. Zielstrebig steuert der Guide auf eine Hochdüne zu. Mit jaulendem Motor prescht das Fahrzeug Sandwände rauf und runter. Sven martert das Pedal, die Tachonadel zappelt bei 70 Stundenkilometer. Der Nissan bäumt sich auf, scheint geradewegs ins Himmelsblau zu rasen. Dann wird er langsamer, zuckelt, schaukelt, droht in der orangeroten Wellenlandschaft hintenüber zu kippen. „Alles gut?“, erkundigt sich der Fahrer und lässt den Jeep fast seitwärts eine tiefe Sandwand herunterrutschen. Am Dünenfuß drehen die Räder auf einmal durch. Kein Fortkommen mehr. Also raus aus dem kühlen Cockpit und rein in den 46 Grad heißen Hitzeofen. Die Sonne brennt erbarmungslos in die Gesichter, als die schwitzenden Dünensurfer die Räder freischaufeln. Daumen hoch und weiter. Wieder rast der Jeep einen Wall hinauf – diesmal dem Sonnenuntergang entgegen. In der Ferne ziehen hinter dem Wüstencamp „1000 Nights“ gemächlich Kamelreiter vor der glutroten Abendsonne vorbei. Ganz langsam verschwindet der Feuerball hinter einer Düne und löscht allmählich das Licht in der Wüste.

Gut zu wissen

Auskünfte: www.omantourism.gov.om

Beste Reisezeit: Oktober bis April mit Durchschnittstemperaturen von 30 Grad

Sicherheit: Der Oman ist ein sehr sicheres Reiseland. Die offizielle Kriminalitätsrate liegt bei 0,2 Prozent.

Probieren: Nationalgericht Shuva. Das mit Dattelbrei in Bananenblätter eingerollte und mit Kardamom gewürzte Lammfleisch wird in einem Erdofen auf glühenden Kohlen acht Stunden gegart.

Essen: Das Restaurant „Kargeen“ in Muscat ist eines der authentischsten arabischen Restaurants mit ausgeglichenem Preis-Leistungs-Verhältnis im Oman. Sehr stimmungsvoll ist der idyllische Garten.

Empfehlenswert sind Gemüsesuppen, Reisfleisch mit Paprika und Kokosmilch sowie der frische Zitronen-Minze-Saft. info@kargeencaffe.com.

Souvenirs: Gewürze, Parfüm, Weihrauch, Krummdolche, edle Stoffe. Gute Einkaufsmöglichkeiten bietet der Souk in Nizwa.

Privattouren: In deutscher und englischer Sprache: www.dreamsofoman.com. Eine 5-tägige Tour im klimatisierten Geländewagen kostet für zwei Personen ab rund 2250 Euro. Tagestouren für zwei Personen ab insgesamt 275 Euro.

Pauschal: Ein Strandurlaub im Salalah Rotana Resort***** ist bei Thomas Cook buchbar: Ab Wien mit Emirates (1 Stopp) für sechs Nächte und Transfer für zwei Personen ab insgesamt 2166 Euro.

Literatur: Bildband „Oman & Dubai“, Bruckmann Verlag, 24,95 Euro;
„Oman“, Reise-Handbuch, Dumont Reiseverlag, 22,95 Euro

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