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Auf geht's, back ma's

Von Bernhard Lichtenberger   03.April 2022

An Genuss bekommt man nämlich nie zu viel", lautet eine Textzeile in Konstantin Weckers "Wenn der Sommer nicht mehr weit ist". Und so will man, was man tun will, endlich tun, nämlich eine kleine Reise zurück in die Kindheit antreten. An jenen Ort, der damals so fern lag und wo aus mütterlichem Mund gewarnt wurde, nur ja nicht dem Eisernen Vorhang zu nahe zu kommen. Dort, wo sich der Stahlstadtbub auf den Skiern mit Seilzugbindung durch den Wald kämpfte, um sich am überschaubar langen Seillift in mehreren Wintern die gestrickten Handschuhe zu ruinieren. Spötter nannten den ans Niemandsland gesetzten Mühlviertler Flecken "Afiesl am Frostaufbruch".

Genuss und Liebe

Das Bild des einfachen Gasthofes am gegenüberliegenden Hang lässt sich hinter dem Schleier der vergangenen Zeit nur noch verschwommen und schemenhaft abrufen. Dort, wo diese Einkehr stand, ist mit Nachfahrin Eva-Maria Pürmayer und ihrem Lebenspartner, dem 2-Hauben-Koch Thomas Hofer, der Genuss im Bergergut eingezogen. Und natürlich auch die Liebe, der sich Paare in schönster Zweisamkeit widmen dürfen – angeregt durch ein Ambiente, das romantische Gefühle befeuert, von den breiten Kuschelliegen im Wellness-Paradies bis zu den 36 Zimmern und Suiten, die ihren Namen wie "Sinnlichkeit" oder "Feuer & Flamme" gerecht werden. In den neuen Naturspiel-Suiten holt man sich durch eine Glaskuppel an der Decke den Sternenhimmel ins Schlafzimmer. Da freut sich das vom Glück der Zuneigung hüpfende Herz.

Das Sprichwort "Ohne Wein und Brot leidet Liebe Not" brauchen die Gäste im nördlichen Hügelland nicht zu fürchten. Zum einen präsentiert sich die Weinkarte gut gelistet, zum anderen hat sich Küchenchef Thomas Hofer der Kunst des Brotbackens verschrieben. Was zum Genießer-Frühstück oder als erstes von mehreren Vorspielen zum sechsgängigen Gourmetdinner "Mund.Art" an Variationen aus dem Holzofen gereicht wird, ist feinstes Handwerk. Einer wie er, den man sich nicht als Untätigen vorstellen kann, schuf sich im ersten Corona-Lockdown ein kreatives Feld in seiner Brotwerkstatt mit Profi-Holzbackofen. Sein aufgesogenes Wissen und die Leidenschaft, Mühlviertler Mehl der Perger Mühle Dirneder und heimisches Wasser in köstliche Form zu bringen, gibt er lustvoll an Gäste weiter. Denn schließlich lebt der Mensch nicht nur von Liebe allein.

Nachmittags scharen sich die Bäcker-Eleven in der hintersten Ecke der Bergergut-Küche um die Schüsseln, in denen es ans Teigmachen für fünf verschiedene Backwaren geht: das ligurische Fladenbrot Focaccia, der Gästeliebling Afiesler Bauernbrot, das Roggenvollkornbrot, in dem der seit zehn Jahren gefütterte Sauerteig wirkt, das g'schmackige Erdäpfelbrot und die uroberösterreichischen Mohnflesserl.

Schnell offenbart sich, dass Brotbacken schon ein bisserl eine Wissenschaft ist, die bei den Rezepten keine Mengenabweichungen duldet, der Erfahrung geschuldete Kniffe, eine gewisse Fingerfertigkeit und eine Portion Geduld erfordert. "Die ersten Male war es ein Desaster", gibt Hofer zu. Er erklärt, was Quellen-, Brüh- und Kochstück sind, dass jedes Weizenmehlrezept auch auf Dinkel umgelegt werden kann, wie man mit Kies im heißen Topf Wasserschwaden in den Ofen bringt, was wo wie lange reifen und rasten muss. "Zeit ist die wichtigste Zutat des Bäckers", sagt der Haubenkoch, der jedes begehrte Rezept unumwunden teilt, "denn das Rezept ist nicht der Koch".

Weniger Flesserl, mehr dicke Venus

Am folgenden Vormittag werden die wohlgeruhten Teige fertiggestellt und am ausladenden Holztisch des Backhauses in die jeweilige Form gebracht. Weil das erstmalige Flechten der teigigen Nudel hunzt und das Gebilde weniger einem Flesserl und mehr der Venus von Willendorf gleicht, führt der Meister jeden Dreh noch einmal langsam vor, bis auch der Ungelenke freudig strahlt. Inzwischen haben sich die Focacce, einmal mit Germ, einmal mit Sauerteig, prächtig im Holzofen entwickelt. Nach wenigen Minuten sind bei 400 Grad auch die Mohnflesserl fertig. Die Verkoster kennen kein Halten mehr, obwohl – so richtig hungrig kann keiner sein, wenn man bedenkt, was am Vorabend an Gaumenfreuden genossen wurde. Zig Mal grüßte die Küche, ehe Gusentaler Bachsaibling, Flusskrebstascherl, Selleriewaffeln mit Knochenmark, geschmorte Kaninchenkeule mit weißem Mais und Perigord-Trüffel, Milchkalb mit Rhabarber, Spargel und Sauerampfer und eine Kaffeetarte mit Ofteringer Physalis die Geschmacksknospen erregten.

Glücklicherweise bietet die Gegend, die für den Stahlstadtbuben noch das Ende der Welt bedeutete und heute für Eva-Maria Pürmayer zur Mitte der Welt geworden ist, reichlich Auslauf in einer Natur, in der auch Zweisame noch einsame Platzerl finden, und wo sich neben Wildschwein und Fuchs auch Elch und Wolf Gute Nacht sagen. Der Nordwaldkammweg ist wunderbar wanderbar, der Moldaustausee nicht fern, und mit dem E-Mountainbike lassen sich grenzübergreifende Runden auf abgeschiedenen Pfaden drehen.

Doch eine letzte Speise müsse sein, meint Thomas Hofer. Die Brote sind fertig, mit geschickten Händen dehnt der Koch originalen neapolitanischen Pizzateig, der kurz im Ofen knusprig wird und mit Sauerrahm, ausgelassenen Speckwürfeln, Frühlingszwiebeln und Kraut belegt als Mühlviertler Feuerflecken mundet. Da kann man nur sagen: Bergergut, alles gut.

  • Termine für Brotbackkurse im Bergergut: 9.-10. Mai | 6.-7. Juni | 8.-9. August | 12.-13. August, buchbar als Hotel-Nächtigungs-Package: 3 Tage/2 Nächte von Montag bis Mittwoch ab € 505,- p. P. inkl. aller Bergergut- Leistungen + Brotbackkurs.
  • Kochkurs "Kräuter-Gemüse-Küche & heimische Fische" am 11. April (ohne Nächtigung 165 Euro, 4 Std., Rezepte, viergängiges Dinner mit Getränkebegleitung während des Kurses; ab 505 Euro mit Kurs und zwei Nächtigungen inkl. Halbpension) romantik.at
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