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Auf dem Sprung

Von Roswitha Fitzinger   13.Juli 2019

Oben und unten sind Parameter, die zu Innsbruck gehören wie die Nordkette, die hinter Tirols Hauptstadt steht wie eine Wand. Fast 30 Gipfel ragen mehrheitlich 2000 Meter in die Höhe. Doch bleiben wir zunächst unten, im Tal, in der Stadt und beginnen dort, wo unweigerlich fast jeder Tourist einmal landet: in der Tourist-Info. Sie ist Anlaufstelle für Gäste und liefert einen Vorgeschmack dessen, was einen in der 130.000-Einwohner-Stadt erwartet: eine Mischung aus Tradition und Moderne. Verleitet die Fassade des Gebäudes in der Burggasse ob ihrer Reduziertheit noch zum Übersehen, ist das Innere umso mehr Blickfang. Man befindet sich in einer offenen, dreischiffigen Gewölbehalle mittelalterlichen Ursprungs, getragen von zehn Steinsäulen und ausgestattet mit digitalen Info-Säulen und einem unaufdringlichen Terrazzoboden, der sich auf zwei Niveaus erstreckt.

Wahrzeichen und Aufreger

Gleich ums Eck befindet sich Innsbrucks augenscheinlichster Hingucker, und das nicht nur, weil seine 2657 feuervergoldeten Kupferschindeln die Augen unweigerlich blenden. Auch die Menschentraube davor macht einen sicher: Man steht vor dem Wahrzeichen der Stadt, dem Goldenen Dachl. Nicht weniger berühmt ist sein Erbauer: Kaiser Maximilian I. veranlasste 1497 seine Errichtung. Heute ist der Herrscherpersönlichkeit im Inneren eine Ausstellung gewidmet. Wem der Andrang in der Altstadt zu groß ist, steigt nach oben. Die 31 Meter auf den mittelalterlichen Stadtturm können nur über 133 Stufen überwunden werden, was die Zahl der Besucher überschaubar macht. Außergewöhnlich ist bereits der Weg hinauf über die vor zwei Jahren installierte Doppelwendeltreppe. Ihre verschlungene Form erinnert an die Struktur der menschlichen DNA. Einst hielten Turmwächter von hier oben Ausschau und läuteten bei Feuer und anderen Gefahren die Glocken.

Auf dem Sprung
Idyllische Gasse in der Innsbrucker Altstadt.

Heute genießt man einen perfekten Ausblick auf Bergpanorama und Altstadt mit ihren Laubengängen und reich verzierten Fassaden. Die Häuser, die meisten im 15. und 16. Jahrhundert erbaut, sind schmal und tief, im unteren Drittel aus Stein, um sie stabiler gegen Erdbeben zu machen. Verkehr fließt hier in der Friedrich- und Maria-Theresia-Straße keiner, was ausreichend Platz schafft für Straßencafés, Gastgärten und öffentliche Sitzflächen. Einzelne Straßennamen verraten es – die Habsburger haben auch in Innsbruck ihre Spuren hinterlassen. Die kaiserliche Hofburg mit 400 Räumen, ein seit dem 15. Jahrhundert existierender Hofgarten, in dem sogar Kaiserin Sisi gegartelt haben soll, sind nur einige Zeugnisse monarchischer Vergangenheit. Das Moderne ist auch hier nicht weit. So spiegeln sich Hofkirche und Hofburg in der Fassade des Hauses der Musik. Im Vorjahr eröffnet, war vor allem seine dunkle Außenhaut heftig umstritten, die dem Gebäude wenig schmeichelhafte Namen wie "Schwarzes Monster" oder "Kaba von Innsbruck" einbrachte. Nunmehr gelten die Keramiklamellen der Fassade, die je nach Witterung und Licht rötlich, bräunlich oder in Aubergine schimmern, nicht nur als architektonischer Blickfang, sondern auch als gelungener Kontrapunkt zu dem historischen Gegenüber.

Auf dem Sprung
Die Basilika Wilten gilt als schönste Rokoko-Kirche Tirols.

Mit seiner modernen Architektur steht das Haus der Musik nicht alleine da. Transparenz und Offenheit werden auch an der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, kurz SOWI genannt, sichtbar. Die Uni am Rande der Altstadt holt die Studenten in die Stadt, ihre großen Fensterwände die Landschaft ins Gebäudeinnere. Die Berge wirken nicht nur nah, sie sind es auch. Doch bevor auch wir die Gipfel stürmen, noch eine kurze Stärkung. "Seit Oktober stehen wir bei Schnee und Hitze hier auf dem Franziskanerplatz", sagt Georg Waldmüller und schöpft kalte Gurkensuppe mit Wasabischaum in ein Glas. Gemeinsam mit seinem Freund Martin Schümberg nimmt er immer wochentags zwischen 11.30 und 14 Uhr mit seinem holländischen Lastenrad Aufstellung. Sie haben es umgebaut zu einem "Futterkutter", wie sie ihre mobile Suppenküche nennen. Immer drei Topfgerichte aus aller Welt werden in der Nähe gekocht. Auch die Lebensmittel sind nicht weit gereist, kommen aus der Region. Gesund, nahrhaft und nachhaltig sind ihre Ansprüche (www.futterkutter-innsbruck.at).

Von der Stadt in die Berge

Gestärkt geht es weiter, aber nicht weit. Von der Stadt in die Berge braucht es in Innsbruck gerade einmal 20 Minuten. Die Fahrt mit der Hungerburgbahn beginnt im Zentrum und unterirdisch. Vom Congress-Zentrum bewegt sich die Standseilbahn s-förmig über den Inn, um auf der gegenüberliegenden Seite in den Berg einzutauchen und anschließend an der Station Alpenzoo vorbei im Stadtteil Hungerburg ihre Endstation zu finden. Die renommierte britische Architektin Zaha Hadid hat den vier Stationen ihren Stempel aufgedrückt. Angelehnt an Naturphänomene erinnern sie in Farbe und Form an Eisformationen und -bewegungen. Wer in hochalpines Gelände vordringen möchte, steigt um in die Nordkettenbahn. Sie erschließt die südlichste Gebirgskette des Karwendels und führt auf die Seegrube (1905 Meter) und weiter zur Hafelekarspitze auf 2269 Meter. Der 360-Grad-Blick, der einem Innsbruck zu Füßen legt und auf der anderen Seite die schroffen Seiten des Karwendels vor Augen führt, hat auch im Sommer seinen Reiz. Für Adrenalin-Junkies sind der Nordkette-Singletrail oder eine von 40 Klettertouren eine Option. Aber auch jene, die gemütlich wandern möchten, können aus dem Vollen schöpfen.

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Blick vom Hafelekar auf 2300 Meter in Richtung Süden.

"Sport prägt die Stadt auch im Sommer", sagt Lea Hajner. Die gebürtige Wienerin hat es vor sieben Jahren nach Innsbruck verschlagen. Sie ist geblieben und kennt sich aus mit der Bergwelt hier, schreibt unter anderem einen Innsbruck-Blog. Dass die Innsbrucker nach der Arbeit noch schnell einige Seillängen klettern, mit dem Mountainbike hoch in die Berge radeln oder einfach für ein abendliches Bier auf eine Hütte wandern, sei ganz selbstverständlich, sagt sie. Ihre momentanen Lieblingsplatzerl: die Boscheben-Alm und die Pfeiserhütte.

Tiefe Schluchten, hohe Schanze

Zwei, die sich ebenfalls regelmäßig im Naturpark Karwendel herumtreiben, sind Michael Moser und Max Obergruber. Im Sommer und Herbst sind die beiden Freunde dabei in besonderer Mission unterwegs. Sie haben es auf die Zapfen der Latschenkiefern abgesehen. "Zapfenstreich" heißt der Latschenlikör, den sie in "100-prozentiger Handarbeit" herstellen. Das Rezept stammt von Michaels Ur-Opa. Es ist nicht nur alt, sondern auch geheim. Nur "zum Hausgebrauch" wurde der Likör im Hause Moser stets angesetzt, Michael und Max hat er zu erfolgreichen Jungunternehmern gemacht. Nur ihnen ist es gestattet, die Zapfen der unter Naturschutz stehenden Latschenkiefer im Naturpark zu sammeln. "Was ihn zu einer echten Rarität macht", sagt der 31-Jährige. Doch die beiden nehmen nicht nur, sie geben auch. Ein Teil der Einnahmen fließt in den Naturschutz zurück (www.alppinespirits.com).

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Michael Moser und Max Obergruber haben gut lachen: Ihr Latschenlikör ist ein Renner.

Was wäre Innsbruck ohne einen Besuch auf dem Bergisel und seiner Skisprungschanze. Beide Klassiker liegen vom Zentrum in Gehdistanz entfernt. Wer geht, sieht mehr, sagte schon Goethe. In diesem Fall ist es eine Menge. Auf der Leopoldstraße in Richtung Süden erreicht man nach wenigen Minuten den Stadtteil Wilten. Das Wiltener Platz’l mit seinen gemütlichen Cafés und individuellen Geschäften erweist sich als besonders sympathische Ecke. Wer mag, kann der seit mehr als 400 Jahren bestehenden Glockengießerei Grassmayr oder der Basilika Wilten mit ihrem prächtigen Rokoko-Innenraum einen Besuch abstatten.

Auf dem Sprung
Moderne Architektur: Bergstation Hungerburg

Ebenso lohnenswert: der 2,2 Kilometer lange Panoramaweg rund um den Bergisel. Um hoch hinauf zu kommen, geht es zunächst hinab in die Sillschlucht. Das Schmelzwasser hat die Sill ansteigen lassen. Vögel versuchen gegen ihr Tosen anzusingen und schlagen sich wacker. Am Wasser entlang und über Brücken führt der Weg im idyllischen Laubwald und in einem Bogen um die Schanze herum. Sobald man den Blick hebt, rückt der ebenfalls von Zaha Hadid geplante Sprungturm bzw. sein charakteristischer Aufsatz ins Blickfeld. Hoch oben im Panorama-Restaurant des Turms lässt sich einmal mehr der Ausblick genießen – auf die Stadt, die Berge und die Skispringer. Die "hupfen" auch im Sommer, zu Trainings- und Demonstrationszwecken und vor beinahe leeren Tribünen. Die Zuschauer, die da sind, warten gespannt, die Handys gezückt. Die Windfähnchen zeigen Aufwind. Als Auslauf dient eine grüne Matte, die gerade noch mit Wasser "präpariert" wurde. Dann endlich. Als kleines Pünktchen segelt ein Springer nach unten, in Richtung Tribünen und des Friedhofs dahinter. Fliegen mit Gottes Segen. Kein Applaus, keine rot-weiß-roten Fahnen, dafür noch ein letzter Blick auf die grandiose Kulisse. Sie scheint weit weg, ist aber nur einen Katzensprung entfernt.

Innsbruck-Tipps

Schlafen: Das Hotel Nala im Zentrum ist ein kleines, feines Boutiquehotel mit 57 Zimmern, darunter drei Gartenappartements, und einem idyllischen Garten samt Brunnen. Die Zimmer sind alle nicht nur unterschiedlich groß (neun bis 35 Quadratmeter), sondern jedes ist individuell gestaltet (DZ ab 100 Euro). (Müllerstraße 15; www.nala-hotel.at)

Essen: Im Restaurant „Lichtblick“ im siebten Stock der Rathausgalerien in der Altstadt genießt man nicht nur Haubenküche, sondern einen spektakulären Blick auf Innsbruck und die Berge. Zum Restaurant gehört auch die Bar „360 Grad“.

Im Restaurant „Olive“ am Wiltener Platz’l gibt es kreative vegetarische und vegane Kost im skandinavischen Ambiente.

Der „Riese Haymon“ steht für beste Tiroler Wirtshauskost. Man sitzt im schattigen Gastgarten unter Kastanienbäumen. (Haymongasse 4)

Viele kleine Gerichte ergeben im „Gang & Gebe“ ein Ganzes, je nach Gusto und Hunger. Die Küche steht dem modernen, stylischen Interieur um nichts nach. (Leopoldstraße 7, www.gangundgebe.com)

Auf die Alm: Den morgendlichen Kaffee auf der Sonnenterrasse der Umbrüggler Alm mit Blick auf Innsbruck genießen, dafür muss man kein Frühaufsteher sein. Von der Hungerburgbahn spaziert man in knapp einer halben Stunde zu dieser modernen Version einer Alm. Wer nicht denselben Weg retour nehmen möchte, geht durch den Wald zur Atzler Alm, einer Institution in Innsbruck und beliebtes Ausflugsziel für Familien, und anschließend wieder retour zum Ausgangspunkt.

Infos: www.innsbruck.atwww.innsbruck.info, www.nordkette.com

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18. April 2024