Sehr diplomatisch
Am 22. Juni ist die Gruppenphase für unsere Fußballer vorbei. Ungarn, Portugal und Island gilt es bis dahin zu schlagen. Die diplomatischen Vertreter dieser Länder haben bei Andreas Kremsner ihre persönlichen Urlaubs- und Fußball-Tipps abgegeben.
Als gelernter Österreicher kann man davon ausgehen, dass die Fußball-EM am 22. Juni, nach dem dritten Gruppenspiel, für Österreich bereits wieder vorbei ist. Oder, dass wir Europameister werden. Alles ist möglich.
Die OÖN haben sich bei den diplomatischen Vertretungen unserer drei Gruppengegner umgehört. Wer gewinnt? Welche Sehenswürdigkeiten muss man sich in den jeweiligen Ländern anschauen? Was wird gerne kredenzt und noch andere gute Tipps. Beginnen wir mit unserem ersten Gruppengegner, Ungarn.
Ungarn
Budapest gehört zu einem Ungarn-Urlaub dazu.
Die diplomatische Vertreterin Ungarns in Oberösterreich ist Katharina Pedak-Vattay. Die gebürtige Ungarin kennt unser Nachbarland im Osten natürlich in- und auswendig. Ihre Mutter ist Ungarin, der Vater Österreicher. Da verwundert es nicht, dass der Ehemann von Frau Pedak-Vattay ebenfalls Österreicher ist – kennengelernt haben sich die beiden aber in Ungarn. Bevor die Familiengeschichte jetzt zu kompliziert wird, hören wir lieber auf. Eines noch vorweg: "Es ist mir ganz egal, wer beim Spiel Österreich gegen Ungarn gewinnt. Es darf ruhig auch ein Unentschieden sein", sagt Frau Konsul. Sie wird sich das Spiel am 14. Juni in einer größeren Freundesrunde in Linz anschauen. Dazu hat sie einen Witz parat: "Gegen wen spielt Österreich/Ungarn eigentlich?" So fühlt Katharina Pedak-Vattay. "Wir haben früher zusammengehört. Da gab es keinen Unterschied."
In welcher Region sie in Ungarn am liebsten ist? "In der sanft hügeligen und kulturell sehr interessanten Landschaft rund um den Plattensee." Was sich Touristen in Ungarn unbedingt anschauen sollen? "Machen Sie eine Rundreise durch Ostungarn, dort erlebt man das ursprüngliche Ungarn mit seiner berühmten Gastfreundschaft. Und an Budapest kommt man auch nicht vorbei. Dort sollte man in die kulturelle Vielfalt eintauchen und unbedingt den Besuch der Oper einplanen."
Bei den Tipps für das ungarische Essen gerät Frau Konsul ins Schwärmen. Was sie am liebsten isst? "Szegediner Fischsuppe, Zigeunerbraten und nachher Schomlauer Nockerl und jede Menge sonnengereifte Früchte und Paradeiser, wie sie wahrhaftig schmecken sollen." Dazu ungarischen Wein: "Als Weißwein einen Olaszrizling. Beim Rotwein ein Egri Bikaver und als Dessertwein empfehle ich einen Tokaji Aszu."
Welche Worte sollte man auf Ungarisch sprechen können? "Kérem szépen (bitteschön) und köszönöm (Danke)."
Selbstverständlich macht Frau Konsul ihren ungarischen Landsleuten auch Österreich und Oberösterreich schmackhaft. Deshalb verwundert es nicht, dass aus ihrer Heimatstadt Pápa in den Sommermonaten immer wieder ein Reisebus abfährt. Am ersten Tag besuchen die ungarischen Touristen Wien, am zweiten sind sie in Linz, bevor es wieder zurück nach Hause geht.
Und dann verrät Konsulin Pedak-Vattay, wer der künftige Europameister im Fußball sein wird: " Einer mathematischen Berechnung zufolge wird es entweder Deutschland oder Frankreich. Ich sage Spanien, meinem Mann zuliebe!"
Zur Erklärung: Ihr Ehemann Werner Pedak fungiert als spanischer Konsul in Oberösterreich.
Portugal
Caso da Roca, der westlichste Punkt Festland-Europas
Glücklicherweise haben wir Spanien nicht in unserer Gruppe. Der zweite Gruppengegner unserer Fußballmannschaft ist Ronaldo, pardon, Portugal.
Was Portugiesen und Österreicher gemein haben? "Gemütlich sind sie. Aber bei den Portugiesen kommt auch das Traurige ziemlich stark durch, etwa in der Musik. Da sind sie ein bisschen wie die Wiener", sagt Gerhard Wildmoser. Er muss es wissen. Der Linzer Rechtsanwalt ist seit 17 Jahren Honorarkonsul für Portugal und zuständig für Ober- und Niederösterreich. Wie viele Portugiesen in seinem Zuständigkeitsbereich leben, weiß er nicht: "Da gibt es keine Zahlen." Aber: "Auffallend ist, dass mir aus Niederösterreich viel mehr Geburten von dort lebenden Portugiesen gemeldet werden als aus Oberösterreich."
Wildmoser hat Ende der 1970er-Jahre das erste Mal Portugal besucht, mit Ehefrau und Freunden: "Das war nach der Nelkenrevolution. Wir haben damals ein unendlich armes Land kennengelernt; es war durch seine Isolation und durch langjährige Kolonialkriege schwer in Mitleidenschaft gezogen. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union hat sich die
wirtschaftliche Lage Portugals sprunghaft verbessert", sagt Wildmoser. Seine Familie besucht Portugal noch immer sehr gerne, vor allem die Algarve. "Dort lässt es sich wunderbar Golf spielen."
Was man sich als Tourist unbedingt anschauen soll? "Neben den üblichen touristischen Zielen, wie etwa dem Hieronymuskloster oder dem Torre de Belém in Lissabon, sollte wohl jeder Besucher den westlichsten Ort von Festland-Europa besuchen, den Cabo da Roca. Eine wilde Felsenregion, direkt am Atlantik. Dort wachsen einzigartige Pflanzen."
Welche drei Worte Touristen auf Portugiesisch kennen sollten? "Com três palavras que você começar a pouco. (Mit drei Worten fängt man wenig an)", sagt Wildmoser. Der, so scheint es, perfekt Portugiesisch spricht: "Nein. Davon bin ich weit entfernt." Was er in Portugal am liebsten isst? "Die verschiedenen Eintöpfe. Auch wenn gesalzener und geräucherter Stockfisch viel bekannter sind."
Die österreichische Nationalmannschaft spielt am 18. Juni, um 21 Uhr, das zweite Gruppenspiel gegen Ronaldo und Co. Was Herr Konsul da macht? "Am Terminkalender ist nichts eingetragen. Vermutlich werde ich mir das Spiel anschauen." Wer gewinnt? "Ich bin kein Hellseher. Aber ich hoffe Österreich."
Island
Geysire prägen das Landschaftsbild Islands.
Die diplomatische Vertretung von Island, unserem dritten Gruppengegner, ist seit Jahrzehnten in einer Hand. Der Salzburger Erich Eibl ist seit 1972 isländischer Generalkonsul, zuständig für den Westen Österreichs. Sohn Erik unterstützt ihn seit 2005 als Honorar-Konsul.
Erik Eibls Hauptaufgabe ist es, Isländer wieder auf die Insel zu bringen. "Durch den Direktflug von Reykjavik nach Salzburg kommt es immer wieder vor, dass Isländer mit abgelaufenen Pässen bei uns landen. Beim Rückflug gibt es dann Probleme", sagt Erik Eibl. Auch als Wahllokal sind die Eibls derzeit tätig. Am 25. Juni finden Präsidentenwahlen auf Island statt, sagt Eibl: "Die in Österreich lebenden Isländer können bei uns ihre Stimme abgeben."
Was Eibl an Island besonders gefällt? "Die ganze Insel ist ein Schmuckkästchen, besonders der Norden. Aber auch das Hochland bei Landmannalaugar." Schon an diesem Namen erkennt man, dass Isländisch eine der ältesten Sprachen der Welt ist. "Ich spreche sie nicht", sagt Erik Eibl. Aber zwei Begriffe sollte man als Tourist unbedingt kennen, um die Herzen der Isländer zu erobern. "Takk fyrir" heißt "Danke" und "Bless" "Auf Wiedersehen".
Honorar-Konsul Eibl verbindet mit der Insel im Nord-Westen Europas: "Herzliche Menschen. Viele Freunde. Natur. Islandpferde, Papageientaucher und kratzige Island-Pullover."
Was er Touristen empfiehlt: "Auf alle Fälle die Gletscher besichtigen, die Geysire und einen Zwei-Tages-Ausflug mit Islandpferden."
Island hat vor allem im Winter eine mystische Ausstrahlung, wenn die Sonne nie aufgeht, es immer düster ist. Viele Sagen und Geschichten werden von Generation zu Generation weitergegeben. Oft sind die Hauptdarsteller Elfen. Nicht selten kommt es vor, dass Straßenbaupläne geändert werden, um die Elfen nicht zu stören.
Zum Essen kredenzen die Insulaner jede Menge Fisch und Lamm. Das Gemüse kommt aus geothermisch beheizten Gewächshäusern. "Auch Bier brauen können die Isländer. Und der Brennivín ist ebenfalls nicht zu verachten", sagt Eibl.
Die Isländer hatten und haben immer wieder wirtschaftliche Probleme zu bewältigen. "Das macht die Bewohner so flexibel. Es ist nicht selten, dass einer gleichzeitig Lehrer, Fremdenführer und Verkäufer ist."
Und damit zur Fußball-Europameisterschaft. "Österreich gegen Island wird ein Unentschieden. Europameister wird natürlich Österreich."
Wissenswertes
Schomlauer Nockerl sind eine ungarische Spezialität aus zweierlei Biskuit mit Vanillepudding, Rum-Rosinen und Schokosoße.
25.4.1974 - Die Nelkenrevolution war der linksgerichtete Aufstand großer Teile der Armee in Portugal am 25. April 1974 gegen die autoritäre Diktatur des sogenannten Estado Novo. Die Revolution verdankt ihren Namen den roten Nelken, die den aufständischen Soldaten im Rahmen des allgemeinen Volksfestes und der Freude angesichts der Ereignisse in die Gewehrläufe gesteckt wurden. Vier Menschen fanden damals den Tod.
Brennivín ist das bekannteste isländische Alkoholgetränk, ein Branntwein. Er wird aus Kartoffeln hergestellt und mit Kümmelaroma verfeinert. Um Isländer vom Kauf abzuhalten, gestaltete man ein schwarzes Etikett, das unattraktiv aussehen sollte. Der Plan misslang gründlich. „Der Schwarze Tod“, wie Brennivín im Volksmund heißt, ist Islands Nationalgetränk.