Beatles in Obertauern: Paul fuhr am liebsten Schuss

OBERTAUERN. Beatles-Nostalgie und neuzeitliche Schatzsuche: Mit alten und neuen Mythen versucht das Ski-Dorado Obertauern sein Profil zu schärfen und in der Gunst der Winterurlauber zu punkten.
Servas, ich bin der Paul McCartney“, grüßt der fesche Herr mit schlohweißem Haar, Knollennase und wasserblauen Augen in breitestem Salzburgerisch. „Wenn man mich von der Seite anschaut und die Augen zusammenkneift, sehe ich ihm echt ein bisserl ähnlich!“, grinst er.
Herbert Lürzer sen., agile 67 Jahr jung, ist nicht nur Hotelier der ersten Stunde in Obertauern und Skilehrer, er war auch Pilzkopf Paul McCartney – besser gesagt das Double des Beatles. Denn was nur wenige wissen: Die Beatles und Obertauern verbindet eine gemeinsame Geschichte. In dem Salzburger Skiort fand das einzige Live-Konzert der Pilzköpfe in Österreich statt. Und weltweit erstmals erklang hier „Yesterday“ von Schallplatte – in der Rezeption des Hotels Edelweiss. Wie das?
Obertauern war anno 1965 Drehort des Beatles-Films „Help“. Das machte das damals noch sehr verschlafene Bergdorf praktisch über Nacht bekannt. Irgendwie wurde anschließend aber marketingtechnisch auf diesen Umstand vergessen: Heute gastieren hier Musik-Stars wie Christl Stürmer, die Söhne Mannheims, Toten Hosen, Seer oder Wolfgang Ambros, von der Beatles-Vergangenheit weiß aber kaum jemand mehr. Nur die beiden Doppel-Pilzköpfe, die heute noch am Tauernpass leben – Herbert Lürzer und Gerhard Krings – erinnern sich lebhaft an die turbulenten Tage.
Schneesicherheit
Ein Hauptgrund für die Beliebtheit Obertauerns heute ist seine exponierte und schneesichere Höhenlage (1740 bis 2526m). Das war nicht immer so: Einst schreckte der Winter am Tauernpass die Menschen ab, Stürme, eisige Kälte, meterhoher Schnee und Lawinengefahr hielten hier niemanden freiwillig.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begannen wagemutige Abenteurer und Bauern, die hier Almen besaßen, in der unwirtlichen Höhe ihre Existenz aufzubauen. Entstanden ist ein Ort, der erst 1962 einen Namen erhielt: Obertauern. Man brauchte Mut für diesen Plan – aber genau das ist der Stoff, aus dem Legenden entstehen. Unter den Pionieren waren die Familien Lürzer sowie Krings, beides Bauern aus Untertauern. 1965 führte der Zufall Regie: Ein gewisser Mister Brian Epstein aus Großbritannien suchte ein bis in den April hinein schneesicheres Skigebiet. Zusätzlich sollte dieser Ort abgeschieden und unbekannt sein, denn Epstein konnte für sein Vorhaben keine Zaungäste und Gaffermassen brauchen.
Drehort des Beatles-Films Help
Am 13. März 1965 reisten dann die damals noch recht unbekannten vier Herren John Lennon, Ringo Starr, Paul McCartney und George Harrison an – das junge Skiparadies war Drehort des Beatles-Filmklamauks „Help“. In diesem turbulenten Streifen geht es um einen gestohlenen Diamantring, und die Pilzköpfe werden in einer atemlosen Hatz von einer verrückten Sekte verfolgt. „Ich habe bis heute die Handlung des Filmes nicht ganz verstanden“, wundert sich Lürzer über den wirren Inhalt. „Da ging es vor allem um die Musik und Ski-Action!“
Da aber keiner der Beatles zuvor auf zwei Latten stand, mussten Doubles her: junge, fesche, einheimische Skilehrer, die auch Englisch sprachen. Herbert Lürzer war einer davon – und zwar Paul McCartney. Ein anderer war Gerhard Krings: Er schnallte sich für George Harrison die Ski an. „Mehr doppelte Beatles gibt es heute leider nicht mehr in Obertauern“, bedauern beide, „aber die echten Beatles sind ja auch nur mehr zwei!“
Mit Whisky und Champagner
Wer heute mehr über die Beatles in Obertauern wissen möchte, der sollte im Hotel Edelweiss absteigen: Hier wohnten auch die Pilzköpfe anno 1965. In der Beatles-Stube stößt man auf jede Menge historische Zeitungsausschnitte und Fotos. Und die seinerzeit von den Pilzköpfen bewohnten Zimmer werden heute als Beatles-Zimmer vermietet.
Wer das Glück hat, im Hotel Edelweiss (das wie so vieles im Skiort der Familie Lürzer gehört) auf Seniorchef Herbert zu treffen, der kann sich auf einen kurzweiligen Abend freuen. Wie ein Buch erzählt er von den chaotischen Dreharbeiten; von den enormen Gagen (1000 Schilling pro Tag!), die ihnen in den vierzehn Drehtagen ein wahres Vermögen einbrachten; und von den nicht viel weniger enormen Mengen Alkohol, die da flossen: Erstmals in seinem Leben durfte Lürzer Champagner und Whisky schlürfen.
„Überhaupt: Wir lebten wie die Prinzen, in einem für uns völlig unbekannten Luxus. Auch wir Doubles wurden regelrecht hofiert und sogar per Taxi chauffiert!“ Die Beatles Salzburger Herkunft mussten aber nicht nur lustige Ski-Action für die Kameras liefern, sie hatten auch die Ehre, den echten Pilzköpfen als Privatskilehrer zu dienen. „Talentiert war Paul allerdings nicht“, schmunzelt Lürzer. „Er wollte immer nur Schuss fahren, Gas geben und a Gaudi haben!“
Das Verhältnis zwischen den echten und falschen Beatles beschreibt er als überaus freundschaftlich. „Den umjubelten Stars gefiel, dass wir sie davor nicht einmal kannten und nichts von ihnen wollten: keine Autogramme, keine Fotos. Sie hatten hier in Obertauern ihre völlige Ruhe – wie gewünscht.“
Allerdings nur so lange, bis sich in der Öffentlichkeit herumsprach, dass die Pilzköpfe am Tauernpass weilten. Dann mussten die Doubles vor die Autogramm-heischenden Fans treten, um die echten Beatles zu entlasten. „Zuerst habe ich die McCartney-Fotos mit einem unleserlichen ‚Herbert Lürzer’ unterschrieben; das war mir dann zu blöd und ich habe einfach Pauls Unterschrift gefälscht. Ihm war das sehr recht!“
Wer ist der echte George?
Und auch Gerhard Krings, heute Seniorchef des Hotels Seekarhaus (in dem er eine kleine Beatles- Bar mit Foto- und Zeitdokumenten eingerichtet hat) erinnert sich an diesen Moment: Bei der ersten Autogrammbitte war er so verwirrt, dass er den echten George Harrison (allerdings als „falsch“ getarnt) vor dem Fan fragte: „Du, wer bin ich denn? Als wer soll ich unterschreiben?“ Bald fanden die doppelten Beatles Gefallen an ihrem neuen Ruhm – und führten mit ihrem Doppelleben gerne Bekannte hinters Licht, indem sie sich mal als echt, mal als falsch ausgaben. „Das war ein Spaß!“
Drei Fakten tun Herbert Lürzer allerdings bis heute leid: Erstens, dass er selber kein Beatles-Autogramm besitzt; zweitens, dass sie damals einfach die Tragweite der Beatles-Anwesenheit nicht erkannten und so werbetechnisch kaum nutzten, und drittens, dass es ihnen danach nicht gelang, nochmals Kontakt zu den Beatles herzustellen. Heute, wie gesagt, zehrt der Wintersportort kaum mehr von den legendären Pilzköpfen, sondern erschafft sich seine neuzeitlichen Legenden und Mythen. Da ist einmal das bis in den Mai hinein schneesichere Skiangebot mit 100 Pistenkilometern und 26 Liftanlagen, das in einem Kreis um den Tauernpass Ringelreihen tanzt.
Rechts oder links herum, im oder gegen den Uhrzeigersinn? – ist also die Frage, die sich der Wintersportler zunächst stellen muss. Tauernrunde nennt sich das Geflecht aus Pisten und Liften, das den ganzen Skizirkus abdeckt. Der Entscheidung sollte ein Blick gen Himmel vorangehen: Wo steht die Sonne? Will ich – etwa im Tiefwinter – ihren wärmenden Strahlen folgen, oder will ich sie, wie beim späten Frühjahrs-Skilauf angezeigt, eher meiden. Verlorengehen kann jedenfalls keiner: Die grünen Markierungspfeile zeigen den Weg gegen den, die roten im Uhrzeigersinn.
Neuzeitliche Ski-Mythen
Könner auf zwei Brettln finden ihre Erfüllung am Hundskogel: Oberhalb der steilen Buckelpiste des Hundskogelkars verläuft der Sessellift, die johlenden Zuschauer darauf fordern eine tadellose Performance der Ski-Akrobaten – was die Sache nicht gerade einfacher macht.
Auf der anderen Seite der Passhöhe wartet der sportliche Mythos Obertauerns: Die berühmt-berüchtigte Gamsleiten 2, kurz G2 genannt. Eine der steilsten Pisten der Alpenrepublik, von oben bis unten mit mannshohen Buckeln überzogen und mit einem Durchschnittsgefälle von 65 Prozent. An ihrer steilsten Stelle richtet sich die G2 zu einhundert Prozent (das ist ein Winkel von 45 Grad) auf!
Schatzsuche im Schnee
Die allerjüngste Legende Obertauerns ist erst vier Jahre alt – das „Gamsleiten-Kriterium“ wurde erstmals im April 2007 ausgetragen. Das Megaspektakel zum Saisonende ist eine große Schatzsuche im Schnee, der ein selektiver Ritt über die Gamsleiten-2-Piste (allerdings bei entschärften, präparierten Bedingungen) vorangeht. Im flachen Zielauslauf hocken die Startberechtigten im Schnee und buddeln mit kleinen Plastikschauferln verbissen um 30 vergrabene Schatzkisten.
Mindestens 1000 Glücksritter werden im April 2011 erwartet, als Hauptpreis lockt ein funkelnagelneuer BMW X3. Heutzutage wissen die Touristiker Obertauerns offenbar sehr wohl, wie man Legenden erschafft.
Informationen:
Tourismusverband Obertauern, Salzburger Land, Tel. 06456/72 52, www.obertauern.com.
Hoteltipps: Die drei Hotels von Lürzer-Ferien bieten für jeden Geschmack die passende Unterkunft mit stets hervorragender Qualität: Das 4* Superior Hotel Kesselspitze gibt sich gediegen und abseits des Rummels für ruhesuchende Genießer; das Hotel Edelweiss (4*) mitten im Geschehen präsentiert mit stylischem Design ein breites Angebot für Sportler und Familien (hoteleigene Skischule); das Hotel Garni Frau Holle samt Bar „People“ ist ideal für Nachtschwärmer. Legendär ist die Lürzer-Alm: Sie zählt zu den drei größten und beliebtesten Après-Lokalen Österreichs (www.luerzer.at). Veranstaltungstipps: „Gamsleiten-Kriterium“ 21. bis 25. April 2011: Die fünfte Schatzsuche auf der legendären G2.