Weihnachten – Hochbetrieb für Ärzte
Warum werden ausgerechnet zu Weihnachten so viele Menschen krank? Frage einer OÖN-Leserin
Endlich ist eine Verschnaufpause in Sicht nach der hektischen Vorweihnachtszeit. Noch schnell die letzten Geschenke besorgen und alles für einen deftigen Weihnachtsbraten. Ja, und da wären noch die Kekse und, und, und ...
Adrenalin, Cortisol und alle anderen Stressmarker erreichen ihr Alljahreshoch in der stillsten Zeit des Jahres – ein Höhepunkt an ironischer Verzerrung der Realität. Wen wundert es da noch, dass wir anfällig werden für Angriffe von noch so banalen Virusstämmen, die wir nicht nur durch Sprühnebel von Niesattacken, sondern durch Händeschütteln, verbunden mit Bussi-Bussi und "Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr!" tüchtig unters Volk bringen.
Das ist freilich nur ein Teilgrund, warum unsere Praxen jetzt übergehen – in Zeiten des Ärztemangels,wenn oft weit und breit kein Kollege aushelfen kann. In keiner anderen Zeit meinen es unsere Lieben so gut mit uns und überhäufen uns mit Kalorienbomben, getarnt als unwiderstehliche Köstlichkeiten aller Art. Wer hört da schon auf die immer heftiger ausfallenden Warnsignale seines Körpers? Wer hat da noch Lust auf einen Verdauungsspaziergang, ist es doch draußen bereits um 17 Uhr wie Mitternacht. Viel feiner ist da noch ein Bier oder ein bis zwei Verdauungsschnapserl.
Und da ist noch etwas von enormer Bedeutung: unsere Seele! Sie ist zu keiner anderen Zeit so verwundbar wie zu Weihnachten. Hoch sind die Erwartungen an ein friedvolles Miteinander, wo man auch Zeit findet im Kreise seiner Liebsten Gespräche zu führen, Verwicklungen aufzulösen und Frieden und Freundschaft zu entfachen. Aber an so mancherlei Feuer der Hoffnung kann man sich leicht selbst die Finger verbrennen, und die Seele quillt über vor Gram und führt in depressive Verstimmungen mit all ihren psychosomatischen Folgen.
Kein Wunder also – bei dieser geballten Ladung an möglichen Risken –, dass die Ärzte Zulauf haben. Nur bei vernünftiger und maßvoller Erwartungshaltung können das aber doch die schönsten Tage des Jahres werden, voll von Lebensfreude und friedvoller Besinnung. Das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen.
Ein Tipp aber noch: Lassen Sie den Christbaum mit brennenden Kerzen nicht aus den Augen, halten Sie Sicherheitsabstand von den Silvesterkrachern und schauen Sie nicht von oben auf den Sektkorken, wenn Sie ihn herausknallen lassen.
Haben Sie Fragen?
Schreiben Sie OÖN-Doktor Johannes Neuhofer (Dermatologe), der die Kolumne mit einem Ärzteteam betreut: Clemens Steinwender (Kardiologe), Reinhold Függer (Chirurg), Rainer Schöfl (Gastroenterologe), Josef Hochreiter (Orthopäde), Werner Schöny (Psychiater). E-Mail: doktor@nachrichten.at