"Mein Sofa ist zugewachsen"
Bei der Messie-Fachtagung "Von der Diagnose bis zur Intervention" von Exit Sozial kommen Experten zu Wort. In den OÖNachrichten berichtet eine Betroffene aus ihrem Leben.
Sie will nicht erkannt werden: Dieses Gefühl teilt Elfriede F. mit anderen Messies. Denn die meisten Betroffenen dieses Phänomens leben in ständiger Angst: Davor, entlarvt zu werden. Davor, besucht zu werden. Davor, ihre Wohnung zu verlieren.
"Ich habe immer schon gerne gesammelt", erinnert sich die Linzerin. Zeitungsausschnitte, Liedernoten, Konzertkarten, Einladungen – all das ordnete Elfriede F. in jungen Jahren liebevoll ein, sortierte und erfreute sich an ihren Sammlerstücken. Der Einschnitt kam mit der Scheidung: Mit einer ihrer Töchter zog die zweifache Mutter aus einem großen Haus in eine 60-Quadratmeter-Wohnung. Die Sammelleidenschaft entglitt ihr. "Vor Jahren war Besuch noch möglich. Doch als zuerst das Sofa und dann der zweite Stuhl zugewachsen waren, konnte man nirgends mehr sitzen. Das Wohnen ist sehr mühsam geworden. Überall muss man über Stapel drübersteigen. In meiner Wohnung zu leben, ist eine Katastrophe", sagt die Akademikerin. Freiwillig lässt sie niemanden mehr in ihr Appartement.
Kampf gegen Windmühlen
Wenn allerdings ein Handwerker ins Haus kommen muss, bedeutet das für sie tagelange Vorbereitungsarbeiten. "Doch ich räume vorne weg, und hinten wächst es wieder zu", beschreibt sie den Kampf gegen Windmühlen. Weil die Wohnung bereits aus allen Nähten platzt, lagert die Linzerin immer wieder stapelweise Sachen in öffentlichen Teilen des Mehrfamilienhauses – und eckt damit bei anderen Bewohnern an. Auch dass ihre erwachsenen Kinder, die mittlerweile in Wien wohnen, nicht bei ihr übernachten können, bedauert Elfriede F. Sorge macht der Pensionistin auch, was nach ihrem Tod einmal passiert: "Ich möchte die Wohnung einmal meiner Tochter vermachen. Aber da erbt sie ein Problem."
Dass sie nicht versuchen würde, etwas gegen ihre Sammelleidenschaft zu tun, kann man der kulturinteressierten Frau nicht vorwerfen: Sie macht bei Exit Sozial eine Einzeltherapie, besuchte dort länger eine Selbsthilfegruppe und geht mittlerweile in eine geschlossene Therapiegruppe, wo zehn Menschen regelmäßig an ihrem Problem arbeiten und Erfahrungen austauschen.
Training für Betroffene
Für Wohnungsgenossenschaften bietet Exit Sozial übrigens ein Wohnassistenzprogramm mit externer psychosozialer Betreuung für Mieter an. Sechs Monate lang wird mit den Betroffenen an einem Wohnraumerhaltungsplan gearbeitet. Sie bekommen auch Hilfe bei der Entsorgung angeboten, das Selbstständigkeitstraining ist eine gewisse "Rückfallprophylaxe". Das alles soll helfen, damit die Betroffenen ihre Wohnung nicht verlieren. Kontakt zu den Experten können Interessierte unter der E-Mail-Adresse messies@exitsozial.at aufnehmen.
Exit Sozial lädt am 21. November von 13 bis 17 Uhr zur zweiten Fachtagung über das Messie-Syndrom in den Ursulinenhof Linz ein. Das Thema lautet "Von der Diagnose bis zur Intervention". Die Teilnahme an der Veranstaltung kostet 40 Euro.
Thema Messies
Woran erkennt man, ob man nur etwas unordentlich oder schon ein Messie ist?
„Pathologisches Horten ist bisher nicht als Krankheit anerkannt. Der Grat zwischen Normalität und Pathologie ist schmal. Man spricht davon, dass jemand ein Messie ist, wenn subjektiv ein Leidensdruck besteht, wenn die Wohnung ihre Funktionalität verliert. Wenn Körperpflege, Kochen oder das Empfangen von Besuch nicht mehr möglich ist“, erklärt Kerstin Karlhuber. Sammeln sei nicht prinzipiell krankheitswertig, Vorratshaltung werde in unserer Gesellschaft oft sogar positiv bewertet.
Das Messie-Problem taucht meist nach Einschnitten im Leben der Betroffenen auf. Messies sind oft eigentlich sehr ordentliche Menschen, die aber mit dem Aufräumen nicht nachkommen. Auch der Wegwerf-Wahn in unserer Gesellschaft spielt den Betroffenen in die Hände: Sie häufen Dinge an, die andere Menschen nicht mehr wollen.
Emotionale Bindungen zu Dingen sind häufig ein Grund, warum exzessiv gesammelt wird. Oft sind auch Menschen betroffen, die Armut noch erlebt haben und deshalb nicht so leicht loslassen können.
Aus dem Artikel:
"Dass sie nicht versuchen würde, etwas gegen ihre Sammelleidenschaft zu tun, kann man der kulturinteressierten Frau nicht vorwerfen: Sie macht bei Exit Sozial eine Einzeltherapie, besuchte dort länger eine Selbsthilfegruppe und geht mittlerweile in eine geschlossene Therapiegruppe, wo zehn Menschen regelmäßig an ihrem Problem arbeiten und Erfahrungen austauschen."
Weshalb greifen dann diese Maßnahmen nicht? Diese Antwort FEHLT leider in diesem Artikel - weshalb?
Diagnose:
"Oft sind auch Menschen betroffen, die Armut noch erlebt haben und deshalb nicht so leicht loslassen können. "
Vielleicht leben diese Leute noch immer oder schon wieder in Armut?
Und dann verlangen die Veranstalter 40€ Beitrag??
Das kann ich nicht verstehen!
Man macht es betroffenen nicht leichter!
Betroffenen
Die Veranstaltung ist für Fachpersonal, nicht für Betroffene!