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Es ist ein Wunder!

Von Claudia Riedler   23.Oktober 2019

Die Schwangerschaft war ganz normal, mir war auch nie schlecht oder schwindlig", berichtet Martina Weichselbaum (36). Doch eines Nachts hatte sie einen Blasensprung – und zwei Tage später – am 25. April – wurde ihre Tochter Ellena im Kepler-Uniklinikum per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Das war in der 24. Schwangerschaftswoche. Die Kleine wog nur 619 Gramm. "Wie es mir damals ging, lässt sich nicht mit Worten beschreiben. Das Ganze kam wie aus dem Nichts", sagt Weichselbaum. Gleich nach dem Aufwachen aus der Vollnarkose durfte sie ihre Tochter erstmals sehen, am nächsten Tag berühren, eine Woche später konnte sie ihr Baby erstmals im Arm halten. "Das war ein Wahnsinnsmoment."

OP um Leben und Tod

"Ellena war eine Handvoll Kind", erinnert sich Weichselbaum. Von Anfang an hatte sie Probleme mit der Lunge und musste intubiert werden. Beim Röntgen zeigte sich eine Überblähung des linken Lungenflügels. "Mal wurde sie mehr, dann wieder weniger beatmet. Es wurde aber nicht wirklich besser." Nach einem CT im Juli entschied man sich für eine Operation. "Davor hatte sie noch einen Kreislaufstillstand und musste reanimiert werden. Als wir in der Früh ins Krankenhaus kamen, hing sie an der Hochfrequenzbeatmung, dabei vibriert das ganze Baby", so Weichselbaum. Das Gefühl vor der OP sei schrecklich gewesen. "Ich wusste nicht, ob ich mein Kind noch einmal lebend sehe." Primar Simon Kargl, Vorstand der Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie, operierte die kleine Ellena (siehe auch Interview rechts). Er entfernte einen Teil des überblähten Lungenflügels – und rettete dem Frühchen das Leben.

"Die Operation war der Schlüssel. Binnen einer Woche kam Ellena von der Intubation weg und musste nur noch minimal beatmet werden", so die Mama. Die Zeit bis dahin beschreibt sie als "Achterbahn der Gefühle. In Gedanken war ich rund um die Uhr bei ihr." Jeden Tag fuhr Weichselbaum von Desselbrunn nach Linz, um ihrer Tochter beizustehen. Meist war auch der Papa dabei. "Am Anfang funktioniert man nur, muss einfach stark sein. Ich war oft auch erstaunt über die Kraft, die man entwickelt. Mein Mann und ich haben immer versucht, das Positive zu sehen."

Endlich nach Hause

Am 27. August durfte Ellena nach Hause – rund vier Monate nach der Geburt. Sie wog 3612 Gramm, hatte noch eine Magensonde und eine Monitor-Überwachung. "Ohne Überwachung hätte ich mir das gar nicht vorstellen können. Die Werte zeigen mir, ob es ihr gut geht. Jetzt hat sie den Monitor aber nur mehr in der Nacht."

Ellena bringt nun schon mehr als 4,5 Kilogramm auf die Waage, sie trinkt, verträgt die Nahrung gut und nimmt stetig zu. "Es ist ein Wunder. Sie entwickelt sich normal, vielleicht wird sie keine Spitzensportlerin, aber das ist egal", sagt Weichselbaum. Ellena sei eine Kämpferin, "das haben wir von Anfang an gesehen. Sie war gleich sehr aktiv."

Was bleibt, ist die Angst im Hinterkopf. "Ich habe sie am liebsten bei mir, schaue auf jede Atembewegung. Ich muss auch noch besonders gut aufpassen, weil sie keine Infektion bekommen sollte", so die Mama. In den vier Monaten im Krankenhaus haben ihr immer auch die Kontakte mit anderen Frühchen-Eltern geholfen. "Da konnten wir uns austauschen und sind auch jetzt noch in Verbindung. Es sind sogar Freundschaften entstanden."

Vier Fragen an ...

Simon Kargl, Vorstand der Kinder- und Jugendchirurgie im Kepler-Universitätsklinikum.

OÖNachrichten: Welche Operationen sind bei Frühgeborenen am häufigsten?
Kargl: Die meisten Eingriffe sind Darmoperationen, weil spontane Perforationen im Darm auftreten. Insgesamt kämpfen Frühgeborene mit der Unreife der Organsysteme. Eine weitere Schwachstelle neben dem Darm ist die Lunge.

Bei der kleinen Ellena war das Problem die Überblähung des Lungenflügels. Können Sie das genauer erklären?
Der Lungenflügel war strukturell geschädigt, dadurch hat er sich wie ein Luftballon aufgeblasen und den anderen Organen den Platz genommen. Deshalb mussten wir Ellena akut operieren – und sie hat es geschafft. Ein weiterer Eingriff könnte zwar noch notwendig sein, dabei geht es aber nicht mehr ums Leben.

Was ist die besondere Herausforderung, wenn man Frühgeborene operiert?
An die kleinen Strukturen sind wir in der Kinderchirurgie gewohnt, wir operieren mit Lupenbrille und mit speziellen Instrumenten. Wichtig ist aber, dass es schnell geht. Frühgeborene würden eine zu lange Manipulation nicht aushalten.

Was ist wichtig für den guten Ausgang?
Bei Ellena sind alle anderen Organsysteme wie Herz, Hirn und Darm gut. Deshalb hatte sie gute Karten. Das Schöne an meinem Beruf ist: Es geht oft gut aus.

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20. April 2024