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Die zufällige Entdeckung der DNA im Jahr 1869

14.August 2019

Eigentlich wollte er die Eiweiße untersuchen, aus denen Zellen bestehen. Dabei entdeckte der Schweizer Wissenschafter Friedrich Miescher vor 150 Jahren die DNA und stieß damit eine Revolution an, die allerdings sehr langsam ins Rollen kam.

Probleme mit Ekel dürfte Friedrich Miescher nicht gehabt haben. An sein Forschungsobjekt kam er über gebrauchte Wundverbände voller Eiter, die er im Spital in Tübingen sammelte. Daraus wusch er weiße Blutzellen (Leukozyten), deren Bestandteile er chemisch untersuchen wollte.

Spross einer Forscherfamilie

Der Umgang mit Gewebe und Körperflüssigkeiten wurde ihm quasi in die Wiege gelegt: Miescher wurde 1844 in Basel in eine Familie von Anatomen geboren. Sein Vater Friedrich Miescher-His war Professor für Anatomie und Physiologie in Basel und Bern, sein Onkel Wilhelm His ebenfalls Anatom und einer der Mitbegründer der Embryologie. Der Spross trat in ihre Fußstapfen und studierte in Basel und Göttingen Medizin.

Nach seinem Medizinstudium entschied er sich im Jahr 1868 für eine Karriere in der Wissenschaft und schloss sich dem Labor des renommierten Forschers Felix Hoppe-Seyler an der Universität Tübingen an. Der Chemiker und Physiologe hatte wenige Jahre zuvor den Blutfarbstoff Hämoglobin entdeckt.

Als Miescher seine Arbeit an den Leukozyten begann, hielt man Proteine (Eiweiße) für den Hauptbestandteil von Zellen. Von der DNA, dem Erbgutmolekül, wusste man noch nichts. Geschweige denn von ihrer Funktion, obwohl Gregor Mendel wenige Jahre zuvor durch seine Kreuzungsversuche mit Erbsen die Grundprinzipien der Vererbung entdeckt hatte.

Substanz im Zellkern

Mieschers Ziel war eigentlich, die verschiedenen Typen von Proteinen zu entschlüsseln, aus denen Leukozyten bestehen. Dabei machte er im Jahr 1869 eine seltsame Entdeckung: eine Substanz, deren chemische Eigenschaften nicht jenen von Proteinen entsprach.

Da die Substanz offenbar nur im Zellkern vorkam, nannte er sie nach dem lateinischen Wort für "Kern" (nucleus) Nuclein. Der Name klingt heute noch in der chemischen Bezeichnung "Desoxyribonukleinsäure" (kurz DNS, oder Englisch DNA) nach. Miescher entdeckte, dass das Nuclein nicht nur bei Leukozyten, sondern auch bei anderen Zellen vorkam.

Mit seiner ersten Isolation der DNA legte Miescher den Grundstein für eine Revolution, die nur langsam ins Rollen kam: Erst 1944 konnten US-Forscher nachweisen, dass die DNA – und nicht wie bis dahin angenommen Proteine – Träger der Erbinformation ist. 1953 entschlüsselten James Watson und Francis Crick basierend auf Daten von Rosalind Franklin und Maurice Wilkins die Doppelhelix-Struktur der DNA.

In den folgenden Jahrzehnten entwickelten Wissenschafter Methoden, um die Reihenfolge der Bausteine der DNA zu entschlüsseln, knackten den "Code", den diese Reihenfolge darstellt, lernten, spezifische Abschnitte des Erbguts zu vervielfältigen und als Blaupause in Bakterien oder Hefezellen einzubauen, um Proteine für medizinische Anwendungen zu produzieren.

Tod mit nur 51 Jahren

Die Entschlüsselung der Reihenfolge der DNA-Bausteine und daraus folgend des Erbguts des Menschen erlaubte beispielsweise, die genetischen Ursachen für Krankheiten zu entdecken, analoge Genveränderungen in das Erbgut von Versuchstieren einzubauen und die Wirkmechanismen von Krankheiten genauer zu erforschen. Damit ermöglichte sie die Entwicklung von Therapien. Obwohl Miescher an der Basis dieser Entwicklungen stand, ist sein Name weitaus weniger bekannt als beispielsweise diejenigen von Watson und Crick, die die DNA-Doppelhelix entschlüsselten. In Tübingen klingt sein Vermächtnis jedoch in Form eines Friedrich-Miescher-Labors nach, in Basel durch das Friedrich-Miescher-Institut (FMI).

Miescher blieb seinem Geburtsort letztlich treu: 1872 übernahm er an der Universität Basel die Professur für Physiologie, die zuvor sein Vater innegehabt hatte.

Trotz seiner bahnbrechenden Forschungsarbeit war er sehr zurückhaltend mit Veröffentlichungen. Im Rahmen seiner Forschungskarriere veröffentlichte er nur neun Fachartikel; viele seiner Ideen sind nur durch Briefe an Freunde und Kollegen überliefert. 1895 starb er im Alter von 51 Jahren an Tuberkulose.

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