Blutdruck messen: Welche Werte sind normal?

Lebensstiländerung, Tabletten, chirurgische Eingriffe: Es gibt viele Behandlungsmethoden gegen zu hohen Blutdruck.
Die wichtigsten Fragen zum Thema Blutdruck beantwortet Kardiologe Thomas Weber vom Klinikum Wels-Grieskirchen.
OÖN: Eine Studie zeigt, dass eine halbjährliche Spritze den Blutdruck dauerhaft senkt. Ist das die Zukunft?
Thomas Weber: Die "Impfung" gegen Bluthochdruck ist seit längerem ein Thema. In der angesprochenen Studie wurde mit einer einmaligen Injektion unter die Haut eine Blutdrucksenkung über 24 Wochen erzielt. Das Wirkprinzip ist eine Hemmung der Produktion von Angiotensinogen in der Leber, welches ein wichtiger Vorläufer blutdrucksteigernder Hormone ist. Das könnte in Zukunft bei manchen Patienten für eine Blutdrucknormalisierung ausreichen, bei anderen wird weiterhin eine Kombination aus mehreren Medikamenten erforderlich sein. Davor sind aber noch viele offene Fragen zu klären – zum Beispiel für welchen Personenkreis das Medikament am besten geeignet ist und wie die Nebenwirkungen sind.
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Wie sind die aktuellen Werte, die als Obergrenze in Österreich empfohlen werden? Gibt es eine "Untergrenze"?
Die Grenze zum Bluthochdruck liegt weiterhin bei 140 mm Hg systolisch und/oder 90 mm Hg diastolisch, und zwar in der Messung durch medizinisches Personal. Bei der Blutdruckselbstmessung gilt als Grenzwert ein Durchschnitt von 135 mm Hg systolisch und/oder 85 mm Hg diastolisch. Ab diesen Werten besteht jedenfalls ein Grund zu Lebensstilmaßnahmen wie Gewichtsnormalisierung, Salzreduktion, gesunde kaliumreiche Ernährung, vermehrte Bewegung und Stressreduktion. Diese Lebensstiländerungen können den Blutdruck in der Frühphase nicht selten normalisieren, wenn er noch nicht stark erhöht ist. In späteren Stadien oder bei deutlich erhöhtem Blutdruck wird man ohne Medikamente nicht auskommen. Diese sind aber viel besser verträglich, als oft angenommen wird.
Wie oft muss man wie messen?
Jeder Erwachsene sollte unbedingt seinen Blutdruck kennen. Bei Bluthochdruck wird die Selbstmessung allen Menschen empfohlen, wobei die Verwendung geprüfter Geräte ganz wichtig ist. Auch das richtige Blutdruckmessen muss erlernt werden. Vor einem Ordinationsbesuch wird empfohlen, über sieben Tage je zweimal morgens und abends zu messen.
Was erhöht den Blutdruck am meisten, und warum ist das so?
Eine der wichtigsten Ursachen ist eine angeborene Neigung zu Bluthochdruck. Typisch ist dann, dass schon die Eltern an Bluthochdruck litten. Die wichtigsten veränderbaren Faktoren sind Übergewicht – durch falsche Ernährung und zu wenig Bewegung –, zu viel Stress und schädliche Umwelteinflüsse wie Feinstaub oder Lärm. Es gibt auch Erkrankungen, die zu Bluthochdruck führen: Die wichtigste ist die chronische Nierenschwäche, viel seltener sind hormonerzeugende Tumoren.
Was sind die wichtigsten aktuellen Erkenntnisse?
Die neuen Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie, erstmals mit österreichischer Teilnahme, bestätigen in weiten Teilen frühere Empfehlungen von 2018, einfach auf Grundlage neuer Studien. Sie zeigen, welche Fülle an Krankheiten aus schlecht eingestelltem Blutdruck resultieren können – von Herz- über Nierenerkrankungen bis zur Demenz. Gezeigt hat sich, wie man den erhöhten Blutdruck in quasi allen Lebenslagen gut behandeln kann. Eine Aufwertung haben die sogenannten interventionellen Verfahren bekommen: Sie haben bewiesen, dass der Blutdruck durch minimal-invasive Kathetereingriffe gesenkt werden kann. Am wichtigsten ist es, die zahlreichen Erkenntnisse in den Alltag zu übertragen.

Wie ist der aktuelle Stand bei den Behandlungen?
Bis zu 90 Prozent der Patienten könnten durch entsprechende Maßnahmen und Medikamente einfach behandelt werden. Daten, auch aus Oberösterreich, zeigen jedoch, dass weniger als 50 Prozent der Bevölkerung gut "eingestellt" sind.
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