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„Plötzlich“ dünn und doch nicht glücklich

Von Barbara Rohrhofer   15.April 2015

Der erste Teil der „Abnehm-Geschichte“ der 24-jährigen Melanie Birklbauer aus Linz liest sich wie eine „Vorher-nachher“-Story in einem Hochglanzmagazin. Im April 2013 sah die junge Frau Fotos von einer Familienfeier und war entsetzt über sich selbst. „Ich hatte damals bei einer Größe von 1, 67 Meter rund 112 Kilogramm, habe mich aber nicht als derart dick empfunden. Die Bilder der goldenen Hochzeit meiner Großeltern zeigten mir klar auf, dass es so nicht weitergehen konnte“, erzählt Melanie. Also entschloss sie sich, abzunehmen.

In den ersten Wochen trank sie Protein-Shakes und die Kilos purzelten nur so. Danach beschränkte sie sich auf drei Mahlzeiten pro Tag, aß viel Gemüse und Obst und begann zu laufen und Rad zu fahren.

„Anfangs schaffte ich nur 3,5 Kilometer in der Stunde, nach wenigen Monaten bin ich schon meine 6-Kilometer-Runde in weit unter einer Stunde gelaufen.“ Das Abnehmen und Trainieren wurden zu ihrem Lebensinhalt. Nicht zuletzt deshalb, weil sie für keine Leistung in ihrem Leben jemals so viel Respekt und Bewunderung bekommen hatte wie für ihr konsequentes Dünnerwerden. „Dabei hab’ ich auch schon viele andere Sachen geschafft, zum Beispiel die Studienberichtigungsprüfung“, erzählt die heute 24-Jährige. Nach einem Jahr zeigte die Waage um 50 Kilogramm weniger. Bei einer Durchuntersuchung im Krankenhaus der Elisabethinen in Linz sprachen auch die guten Blutwerte und das abnehmende Asthma für den durchschlagenden Erfolg ihrer strengen Diät. Allerdings wurde ich im Spital darauf hingewiesen, dass ich jetzt mit dem Abnehmen aufhören sollte.

„Das war wie ein Schock für mich, weil sich alles in meinem Leben ums Dünnerwerden gedreht hat. Ich wollte unbedingt 55 Kilogramm haben!“ Also hat sie die ärztliche Empfehlung beiseite geschoben und sich weiterhin aufs Abnehmen konzentriert. „Die Kilos wurden stetig weniger, die Komplimente der Umgebung immer mehr“, erzählt sie. „Allerdings schlitterte ich langsam, aber sicher in eine Krise, weil sich die überschüssige Haut nicht mehr zurückbildete und ich ständig Miederhosen tragen musste.“ Mit dieser unerwünschten Nebenwirkung hatte Melanie Birklbauer nicht in diesem Ausmaß gerechnet. „Ich hab’ mir immer gedacht, wenn ich abnehme und dünn bin, bin ich endlich glücklich.“

Ich hab’ niemals gelernt, normal zu essen

Doch das dauerhafte Glück wollte sich, auch nach der erfolgreicher Bauchdeckenstraffung, nicht einstellen. Ihre Beziehung ging in die Brüche und sie bemerkte, dass sie nicht mehr normal essen konnte. „Ich hab’ ja niemals gelernt, wie es ist, normal zu essen. Entweder ich hab’ viel zu viel gefuttert oder viel zu wenig.“

Der zweite Teil der Geschichte der Melanie Birklbauer handelt davon, dass sie konsequent daran arbeitet, ein gesundes Essverhalten zu entwickeln und endlich zu spüren, wie es ist, satt zu sein.

„Das ist ganz schön hart, aber ich bin auf einem guten Weg“, sagt die junge Frau, die heute weiß, dass es schlanke Frauen im Leben nicht leichter haben als mollige. „Ich kann nicht sagen, dass mir die Welt zu Füßen liegt. Sicher ist, dass mir die Leute anders begegnen, besonders die Männer; aber die sahen mich als dünne Frau eher als intelligenzloses Wesen und wollten nicht die Person hinter der schlankeren Fassade kennenlernen.“ Nur einer war anders; und mit dem ist Melanie Birklbauer jetzt zusammen. „Er hat mich auch mit einem nicht perfekten Bauch akzeptiert und liebt mich für meinen Charakter.“

Der lange Weg zum normalen, schlanken Leben ist fast abgeschlossen. „Ich hab’ wieder etwas zugenommen und arbeite am Wohlfühlgewicht.“ Irgendwann in nächster Zeit will sie die Matura nachholen und einen Ratgeber für Übergewichtige schreiben. „Ich will jenen, die abnehmen wollen, ans Herz legen, es nicht zu übertreiben, sich genügend Zeit zu geben und sich ärztlich begleiten zu lassen“. Übrigens: Der Auslöser der Abnehm-Aktion, die Familienfeier, wurde kürzlich wiederholt. „Einige Verwandte haben mich nicht mehr erkannt…“

Expertin Tammegger: „Neues Gewicht halten“

„Das Geheimnis einer gesunden Gewichtsreduktion liegt in der Planung. Das Projekt Abnehmen sollte langfristig geplant werden“, sagt Marianne Tammegger von der Fachhochschule Gesundheitsberufe. Sie leitet den Studiengang „Diätologie“.

Zu hoch gesteckte Ziele in Form eines sehr niedrigen Zielgewichtes würden häufig einen langfristigen Misserfolg nach sich ziehen. Es komme zu einem Wasser- und Muskelverlust – und genau das sollte nicht passieren. „Wenn man zehn bis 15 Prozent des Körpergewichts verloren hat, sollte man sich darauf konzentrieren, dieses ,neue Gewicht’ zu halten“, rät Tammegger. Wenn das gelungen ist, könne man mit der weiteren Gewichtsabnahme beginnen, die durchschnittlich ein bis eineinhalb Kilogramm pro Woche betragen könne.
Entscheidend für die Entwicklung des Körpergewichts ist natürlich die Kalorienzufuhr pro Tag.

„Es sollte so gegessen werden, dass kein Heißhunger entsteht“, rät die Expertin. Bei einer größeren geplanten Gewichtsreduktion ist eine qualifizierte Betreuung durch Diätologen und Mediziner sinnvoll. „Die Beratung muss neben der Lebensmittelauswahl auch eine Veränderung des Essverhaltens berücksichtigen und die Familie einbeziehen.“ Eine Adipositas-Therapie sei umso erfolgreicher, je näher der Patient seinem Zielgewicht kommt und je länger dieses Gewicht stabilisiert werden kann. „Die isoliert betrachtete Gewichtsabnahme kann kein Erfolgskriterium sein. Die Qualität einer Behandlung kann nur an der Gewichtsstabilisierung beurteilt werden“, sagt Tammegger. Die psychologische Definition des „Wohlfühlgewichts“ beinhaltet, dass jemand sein reduziertes Gewicht halten kann, ohne dass dieses Gewicht ständig durch Hungerphasen und restriktives, nicht langfristig durchzuhaltendes Essverhalten erzwungen werden muss.

Hinter der Kamera

„Melanie gefunden zu haben, bereichert mein Leben sehr“, sagt die Linzer Fotografin Sabine Starmayr. Auf der Suche nach Low-Carb-Rezepten im Internet, stieß sie auf das Video von Melanie Birklbauer mit dem Titel: „ Wie ich in zehn Monaten 50 Kilo abgenommen habe“!

Für Starmayr war sofort klar, dass sie die Geschichte der jungen Frau in Form von Fotos erzählen will. „Ihre gewaltige Stärke, aber auch sensible Verletzbarkeit wollte ich im Shooting umsetzen. Mit ihrer Lieblingsfarbe Rosa zu spielen und ihr (kalorienarmes) Lieblingsgemüse Karfiol mit einzubauen, war mir wichtig!“

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19. April 2024