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Panische Angst vor fremden Klos

30.Juni 2010

Die meisten Betroffenen befällt der Ekel insbesondere vor fremden Toiletten. Was auf andere wie ein Spleen wirkt, kann für diese Menschen zum Gesundheitsrisiko werden. Um Toilettengänge zu vermeiden, trinken sie untertags extrem wenig und bringen damit ihre Nieren in Gefahr.

Auf der Internetseite „Paruresis“ tauscht eine wachsende Zahl von Betroffenen ihre Erfahrungen aus. Da ist Michael, der „ständig an seine Unfähigkeit denken muss, neben anderen die Toilette zu benutzen. Man gerät fast in Panik, weil man weiß, dass die anderen Personen zumindest ein Plätschern hören müssten.“

20 Jahre lang litt eine 41-jährige Frau unter Paruresis, ohne zu wissen, dass sie nicht die Einzige ist. Ein fünfwöchiger Aufenthalt in einer Klinik brachte die Erlösung. „Wasserlassen war danach kein außergewöhnliches Ereignis mehr.“

Der deutsche Psychotherapeut Philipp Hammelstein berichtet in seinem Buch „Lass es laufen! Ein Leitfaden zur Überwindung der Paruresis“ über extreme Fälle, in denen Betroffene ihren Arbeitsplatz so wählten, dass sie jederzeit zu Hause auf die Toilette gehen konnten.

Einfach nur peinlich

Die Störung scheint bei Männern häufiger vorzukommen als bei Frauen. Einige Quellen beschreiben ein Verhältnis von neun zu eins, wobei Paruresis bei Männern statistisch besser erfasst ist. Hinzu kommt auch die freizügigere Gestaltung von Herrentoiletten. „Männer haben häufig die Einstellung, dass es männlicher sei, nebeneinander im Stehen zu urinieren“, schreibt Hammelstein.

In vielen Fällen geht diese soziale Phobie mit weiteren psychischen Störungen einher, vor allem mit sozialer Phobie, Depressionen und Alkoholmissbrauch.

Trotz der weiten Verbreitung und des teils großen Leidensdrucks ist Paruresis zumeist nicht einmal den Betroffenen bekannt. Somit verfügen selbst Ärzte und Psychotherapeuten meist über wenig Kenntnis oder nehmen das Übel einfach nicht ernst.

In England wird die Toiletten-Phobie mittlerweile als eigenständige Angststörung betrachtet. Dort wurde bereits vor vier Jahren eine Kampagne gestartet, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Denn noch vehementer als andere Angststörungspatienten leugnen die Toiletten-Phobiker ihr Problem fast immer – es ist ihnen einfach nur peinlich.

Hinter der Toiletten-Phobie können verschiedene Ursachen stecken: eine Zwangsstörung, verbunden mit der Angst, sich schmutzig zu machen oder irgendwelche Krankheiten einzufangen. Bei anderen Betroffenen ist es die Unfähigkeit, in Gegenwart anderer Menschen auch nur einen Tropfen Urin hervorzubringen, oder das peinliche Gefühl, auf dem Klo Geräusche zu erzeugen, die andere hören könnten.

Alle, die glauben, sie könnten sich auf fremden Toiletten mit Krankheiten anstecken, könnten eigentlich beruhigt sein: Denn von Toiletten gehen keine Gefahren aus. Es gibt zum Beispiel keine einzige wissenschaftliche Untersuchung, die belegt, dass man die Toilette mit antibakteriellen Reinigern putzen müsste. Wenn überhaupt, dann besteht eine Infektionsgefahr auf dem Klo, wenn sich Menschen nach dem Toilettengang die Hände nicht anständig waschen. So können Keime aus dem Stuhl auch ins Essen gelangen und Krankheiten auslösen. Aus der Kloschüssel hopsen die Bakterien jedenfalls nicht.

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