Lagom, die schwedische Formel für ein gutes Leben
Nicht zu wenig, nicht zu viel, gerade recht: Bei dem nordischen Glücksrezept geht es darum, die Balance zu finden
Gerade noch war es "Hygge", also die dänische Gemütlichkeit, jetzt kommt "Lagom": Was sich anhört wie ein lateinischer Begriff, ist das Glücksrezept der Schweden und bedeutet frei übersetzt in etwa "gerade richtig" – also in allem das gesunde Maß zu finden.
Lagom ist aber kein kurzfristiger Lifestyle-Trend, sondern tatsächlich eine grundlegende schwedische Charaktereigenschaft, die jegliche Lebensbereiche umfasst. Der Legende nach reicht das Prinzip bereits auf die Wikinger zurück, die einen großen Krug Met in der Runde kreisen ließen, so dass jeder einen Schluck daraus nehmen konnte — also für jeden nicht zu viel und nicht zu wenig, sondern genau die richtige Menge.
Glück durch Zufriedenheit?
Den Zustand absoluter Zufriedenheit erreicht man in dem skandinavischen Land eben nicht nur, wenn es auf ganzer Linie fantastisch, sondern vor allem, wenn es ausreichend gut läuft. Lagom ist ein übergreifendes Lebenskonzept, das die perfekte Mitte zweier Gegensätze auslotet: ob zwischen Überfluss und Bescheidenheit, zwischen Stress und Entspannung, zwischen Arbeit und Genießen, Alleinsein und Gesellschaft.
Lagom zu leben bedeutet aber auch, auf die Umwelt zu achten, die richtige Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu finden, das Zuhause zu entrümpeln und sich in einem schönen Interior wohlzufühlen, gesundes Essen zu genießen und die Beziehungen zu denen zu feiern, die wir lieben. Gleichzeitig wirkt das Prinzip aber auch nach innen und soll dabei unterstützen, Harmonie und inneres Gleichgewicht zu finden. Und was hält ein Glücksforscher hierzulande von dem Konzept? "Grundsätzlich ist Ausgleich immer gut. Wenn wir zum Beispiel sehr aktiv waren, brauchen wir entsprechende Pausen", sagt Manfred Rauchensteiner. Er ist Mitglied des Instituts für europäische Glücksforschung und hat auch eine eigene Praxis in Linz.
Glücklich zu sein, hänge allerdings immer auch mit Beurteilung einer Situation zusammen – eben damit, was man darüber denkt. So gesehen sei der eigene Einfluss auf das Glück "riesengroß", sagt Manfred Rauchensteiner.
"Das hat somit weniger mit äußeren Faktoren zu tun, sondern Glück spielt sich vor allem im Inneren eines Menschen ab. Denke ich an etwas Schönes, etwa an ein bevorstehendes romantisches Abendessen mit meiner Liebsten, dann kann ich Glücksgefühle empfinden, obwohl ich noch im Büro bin. Umgekehrt kann ich schon beim Frühstück unglücklich sein, wenn ich mich schon morgens davor fürchte, dass mich der Chef anschreit. Positive Gedanken erzeugen positive Gefühle, insofern sind wir 100 Prozent selbst dafür verantwortlich, wie es uns geht." Glücksempfinden wiederum manifestiert sich im Körper. "Geht es mir gut, wird der Brustkorb leicht und weit und wir fühlen uns gut. Wenn wir negative Gefühle haben, wird der Brustkorb eng und drückend – und wir fühlen uns schlecht. Das ist bei allen Menschen gleich", sagt Rauchensteiner. Deshalb sei es wichtig, auf seinen Körper zu hören. "Der sagt mir schon, was richtig ist – und wie viel davon mir guttut, egal ob es sich um Arbeit, Essen oder Einkaufen dreht."
Büchertipp: Wie man das schwedische Glücksprinzip ins eigene Leben integrieren kann, zeigt Linnea Dunne in ihrem Buch "Lagom". Es erscheint in wenigen Tagen im Callway Verlag und kostet 16,50 Euro