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Kurzzeit-Coaching: Damit notorisch Unzufriedene wieder glücklich werden

Von Ulrike Griessl   29.Juni 2016

Ich habe alles, was man sich wünschen kann, eine Familie, eine schöne Wohnung und einen Job, aber trotzdem fühle ich mich irgendwie freudlos und leer." Viele Klienten kommen mit diesen Worten in die Praxis der Linzer Psychologin Christina Binder. "Meist sind es Menschen in der Lebensmitte, also zwischen 40 und 50 Jahren", sagt die Linzerin.

Ihr Ziel ist es, ihren Klienten bei einem Kurzzeit-Coaching in maximal fünf Sitzungen und mit viel Humor zu helfen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu lernen, diese auch zu befriedigen. "Denn dann stellen sich Glücksgefühle wie von selbst wieder ein", so Binder. Wie das konkret funktioniert, erklärt die 50-Jährige im Interview.

OÖN: Warum sind so viele Menschen unglücklich, obwohl sie alles haben?

Christina Binder: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele Menschen im Laufe ihres Lebens mehr und mehr von den Wünschen anderer bestimmen lassen und dabei auf ihre eigenen Bedürfnisse vergessen. Sie funktionieren in der Arbeit und schauen, dass in der Familie und im Freundeskreis alles passt. Oft bleibt dann wenig Zeit, an sich selbst zu denken. Dann kommt bald der Punkt, an dem man eine Leere in sich spürt und vielleicht sogar am Sinn seines Lebens zweifelt.

Sie bieten eine neue Art des Coachings an, bei dem Sie Ihren Klienten in maximal fünf Sitzungen helfen, wieder Glück empfinden zu können. Kann das so rasch funktionieren?

Ich bin der Ansicht, dass es nichts bringt, ewig in der Vergangenheit zu graben und alle Lebensstationen zu analysieren. Wenn die Klienten keine psychischen Grunderkrankungen und keine harten Schicksalsschläge hinter sich haben, ist ihnen oft rascher und effizienter geholfen, wenn man sich der Vergangenheit nur kurz widmet. Ein wenig darf natürlich auch gejammert werden, aber dann ist es Zeit, sich der Gegenwart und Zukunft zu widmen.

Und wie gelingt es nun konkret, die Klienten von der Jammerphase zu einer positiven Denkweise zu führen?

Ich fordere meine Klienten auf, nicht lang nach Ursachen und Schuldigen zu suchen, sondern die Situation anzunehmen, wie sie momentan ist. Und dann stelle ich ihnen folgende Fragen: Wie würde ein Leben aussehen, das Sie glücklich machen würde? Was fehlt Ihnen dazu? Welche lang gehegten Träume haben Sie? Wofür schätzen Sie Ihre Mitmenschen und was können Sie selbst besonders gut? Wer versucht, diese Fragen zu beantworten, verbannt seine negativen Gedanken aus dem Kopf und wendet sich dem Positiven zu. Genau das ist mein Ziel.

Und was tut man, wenn man all diese Fragen beantwortet hat?

Dann ist schon viel geschehen, denn dann weiß man endlich, was man in seinem Leben anders haben möchte und hat daher konkrete Ansatzpunkte für Veränderungen. Nach dem Prinzip: Wenn es regnet, kann man es auch nicht ändern, aber man richtet sich danach, nimmt einen Regelschirm und geht trotzdem hinaus.

Sind es meist große Dinge, die die Menschen ändern wollen?

Nein, in den meisten Fällen reichen kleine Verhaltensänderungen, um das Leben freudvoller zu machen. Meiner Erfahrung nach hilft es Menschen, die schwer aus ihrer negativen Denkweise herausfinden, schon, wenn sie drei Tage lang versuchen nicht zu jammern und nicht an anderen herum zu nörgeln. Nachdem sie diese Aufgabe gelöst haben, kommen die Klienten immer total überrascht zur nächsten Sitzung. Denn ihr Verhalten hat nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Umwelt verändert. Die Mitmenschen haben bemerkt, dass die Person weniger nörgelt und jammert und haben sich darüber gefreut, also waren auch sie freundlicher und viel besser gelaunt. So eine minimale Verhaltensänderung kann also sehr viel bewirken.

Haben Sie noch so einen einfachen Rat, mit dem unglückliche Menschen ihrem Leben eine positive Wendung geben können?

Sicher. Sehr häufig kommen Frauen und Männer zu mir, die in Ihrer Ehe unglücklich sind, weil es ständig Streit gibt. Ihnen rate ich, einmal ganz anders zu reagieren als es der Partner nach einer ernsten Diskussion erwarten würde. Wenn man zum Beispiel am Morgen gestritten hat, überrascht man seinen Partner oder seine Partnerin am Abend mit einem besonders guten Essen. Das ebnet den Weg für ein gutes Gespräch, weil es zeigt, dass man einzulenken will.

Warum brauchen Menschen heutzutage Coachings, um ihr Leben besser in den Griff zu bekommen? Haben wir verlernt, Probleme selbst zu lösen?

Ich denke, die Leute nehmen sich zu wenig Zeit, um über das, was sie wirklich möchten, nachzudenken. Viele lassen sich nur von den Herausforderungen, die die Außenwelt an sie stellt, treiben. Weil die Menschen überfordert sind, sehen sie das Leben als Kampf, der gewonnen werden muss, oder als Problem, das gelöst werden muss. In Wahrheit ist es jedoch ein Geschenk und ein Abenteuer, das gelebt werden will.

 

Kurzzeit-Coaching: Damit notorisch Unzufriedene wieder glücklich werden

"Kurzzeit-Coaching ist mit einem Vitaminkick mit Langzeitwirkung zu vergleichen.“ Christina Binder, Psychologin und Coach

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19. April 2024