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Diagnose Alzheimer

Von Claudia Riedler   21.September 2016

Vor etwa einem Jahr ist mir aufgefallen, dass die Mama bei ihren Anrufen immer wieder dasselbe fragt. Nämlich nach den Eiern. Das hab ich aber noch nicht so ernst genommen. Erst durch ihren Radunfall ist alles ins Rollen gekommen. Sie hatte eine Hüftoperation. Nach dem Krankenhausaufenthalt hat man gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Die Diagnose Alzheimer war schnell klar“, sagt Sonja Schnedt aus Ottensheim. „In der Demenzservicestelle der MAS Alzheimerhilfe treffen die OÖN sie gemeinsam mit ihrer Mutter Rosemarie Grünberger (66), und ihren drei Kindern Lily (11), Fridolin (9) und Theodor (7).

"Vergesslichkeitskrankheit"

Wie ist das, wenn die eigene Mutter beziehungsweise die Oma dement wird?

"Ich nannte es die Vergesslichkeitskrankheit, um den Kindern zu erklären, was die Oma hat. Zum Beispiel, dass sie vergessen hat, wie man Essen zubereitet oder im Geschäft zahlt", sagt Schnedt. Ihre drei hätten das ganz gut aufgenommen. "Die Oma ist ja noch da, und das ist das Wichtigste." Das erzählen die Kinder auch selbst. "Ich war schon ein bisschen traurig, aber ich dachte mir, ich lasse es auf mich zukommen", sagt Lily. "Leider dürfen wir nicht mehr bei ihr schlafen. Das war immer sehr lustig", sagt Fridolin.

Das bedauert auch Theodor, freut sich aber andererseits, dass er jetzt mehr Busserl von seiner Oma bekommt als vorher. "Ich übe auch immer Klavier, wenn sie am Mittwoch bei uns ist. Das findet sie voll schön."

"Früher waren die Kinder am Mittwoch bei der Oma, jetzt ist sie bei uns", sagt Schnedt. Mutter und Tochter gehen an diesen Tagen gemeinsam frühstücken, kochen und Rosemarie Grünberger hilft im Haushalt, etwa beim Wäscheaufhängen. Lily und Theodor lesen ihrer Oma vor, so wie sie es früher für die Kinder getan hat. "Ich respektiere aber auch ihr Bedürfnis nach Ruhe und bin da vielleicht geduldiger als mein Vater, der sie an allen anderen Tagen der Woche pflegt", sagt Sonja Schnedt.

Von einem Tag auf den anderen hat Grünbergers Mann (76) die Pflege übernommen. "Pflegestufe 1, das stößt mir sauer auf, weil das gar nicht passt", sagt Schnedt. "Er kocht und macht den Haushalt und ärgert sich natürlich auch über sie." Ihre Mutter habe einfach jegliches Zeitgefühl verloren. Sie möchte mitten in der Nacht Leute anrufen, zieht sich Stunden zu früh an und will los, oder fragt im Kaffeehaus wenige Sekunden nach der Bestellung, wo denn der Kaffee bleibe. "Ich sage dann immer, das ist nicht die Mama, das ist die Krankheit – das hilft."

"Viele sind peinlich berührt"

Rosemarie Grünberger weiß noch viel aus ihrem Leben zu berichten und redet auch gern darüber. Mit ihrem Mann geht die 66-Jährige spazieren, oft schon frühmorgens. "Das mag ich. Ich spüre aber auch, dass die Leute nicht mehr auf mich zugehen. Ich würde mich freuen, wenn jemand kommt", sagt sie. Auch Schnedt macht diese Erfahrung. "Viele sind peinlich berührt und wenden sich ab. Es sind nur wenige Freunde geblieben. Die Krankheit verändert die Persönlichkeit. Und dieses Anderssein macht es so schwierig." Dabei würde sie sich freuen, wenn sie angesprochen werde, sagt sie. "Ich kann nur allen sagen, die sich nicht trauen, aber gerne würden, seid mutig, und sucht den Kontakt."

Die Enkelkinder aber haben keine Berührungsängste. "Die Oma ist immer noch lustig und hat viele Sprüche, die mag ich", sagt Lily. Mit ihrer besten Freundin tausche sie sich manchmal auch aus über die Krankheit, "weil ihre Uroma hat es auch".

Und weil die Oma bisweilen am falschen Tag zum Geburtstag gratuliert, haben ihr die Kinder jetzt einen Kalender geschenkt. "Da haben wir alle Geburtstage der Familie eingekreist!".

 

Gut leben mit Demenz

Heute – am Weltalzheimertag – erscheint das Buch „Gut leben mit Demenz“ der MAS Alzheimerhilfe. Betroffene und Angehörige kommen zu Wort, auch die Familie Schnedt aus Ottensheim. Es ist bei den Demenzservicestellen (Bad Ischl, Gmunden/Regau, Pregarten, Ottensheim, Ried/I. und Micheldorf) oder unter www.alzheimer-hilfe.at erhältlich.

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18. April 2024