Die Verschwörung der Verschwörung

Der deutsche Journalist und Buchautor Mathias Bröckers ist der publizistisch erfolgreichste Verfechter von sogenannten Verschwörungstheorien zum 11. September im deutschen Sprachraum. Und er meint es ernst, was er so schreibt.
OÖN: Im Untertitel Ihres mittlerweile dritten Buches über den 11. September schreiben Sie vom „Einsturz eines Lügengebäudes“. Wer lügt denn nun und warum?
Bröckers: Die ganze Geschichte um Osama bin Laden in seiner Höhle in Afghanistan, der 19 Studenten, die ein bisschen fliegen können, mit Teppichmessern nach Amerika schickt, um eine Aktion durchzuführen, ist ein Märchen. Es ist überhaupt nicht vorstellbar, dass das so gelaufen ist. Ich nenne die Sache ein Lügengebäude, weil der 9/11-Report, der 2004 kam, diese Legende in Realität gegossen hat. Da wurde auf 600 Seiten ein Narrativ aufgestellt, das den Ansprüchen einer kritischen Lektüre genauso wenig genügt wie den Ansprüchen eines Rechtsstaats, nämlich ein Verbrechen aufzuklären so gut es geht und zu ermitteln, wer dahintersteckt, die Tat ausgeführt hat, um die Verantwortlichen dafür zu bestrafen.
OÖN: Auf welche Indizien stützen Sie Ihre Thesen?
Bröckers: Das erste und wichtigste Indiz ist, dass im offiziellen Abschlussbericht, dem 9/11-Commission Report, allein ein Viertel der Fußnoten vom Kronzeugen Khalid Scheich Mohammed stammt; ein Mensch, der seit acht Jahren in Guatanamo einsitzt. Er durfte von der 9/11-Kommission nicht verhört werden, da dies gegen die nationale Sicherheit verstoßen hätte. Auch nicht genehmigt wurde, jene zu verhören, die Scheich Mohammed verhört hatten. Das Einzige, was die Kommission bekam, waren Protokolle seiner Verhöre. Ok, könnte man sagen. Aber dieser Mann ist 183 Mal mit Waterboarding gefoltert worden. Selbst der kleinste Amtsrichter im hinterletzten Gericht würde die Aussage eines solchen Kronzeugen sofort vom Tisch wischen.
OÖN: Wer behauptet, dass der Kronzeuge gefoltert wurde?
Bröckers: Das kam vor eineinhalb Jahren heraus, aufgrund des Freedom of Information Acts und den Nachfragen besorgter Bürger über Guantanamo.
OÖN: Wie passt das zusammen: ein Staat, der zugibt, gefoltert zu haben und ein 9/11-Kommission-Report, der wasserdicht argumentieren möchte?
Bröckers: Richtig wasserdicht kann man Dinge nie machen. Aber die Bush-Regierung hat kurz vor ihrem Abtreten dafür gesorgt, dass die normalerweise nach 25 Jahren freikommenden Akten des Präsidenten um weitere 25 Jahre geheim bleiben. Insofern habe ich wenig Hoffnung, dass es in den nächsten Jahren eine Aufklärung geben wird.
OÖN: Sehen wir uns ein paar Ungereimtheiten um den 11. September 2001 an: Sie mutmaßen, dass zumindest das dritte Hochhaus, das WTC-Gebäude 7, gesprengt wurde. Das hätte doch einer vorausschauenden, perfiden Planung bedurft, oder?
Bröckers: Bis auf die Tatsache, dass die Hochhäuser erstaunlich schnell zusammengefallen sind, gab es keine Hinweise auf Merkwürdigkeiten. Seit 2007 ist allerdings von verschiedenen Wissenschaftern nachgewiesen worden, dass im Staub des WTC mikroskopisch kleine Chips sind, die klar darauf hinweisen, dass der Sprengstoff Nanothermid verwendet worden ist.
OÖN: War es nicht so, dass die Gebäude einstürzten, weil der Brandschutz auf den Stahlträgern schlampig aufgetragen worden war?
Bröckers: Ich bin kein Architekt und kein Statiker. Ich verlasse mich auf die Tatsache, dass das dritte Gebäude nicht von einem Flugzeug getroffen wurde, dass es dort nur einen leichten Brand gab. Demgegenüber brannte ein ähnliches Stahlträgergebäude in China wie eine Fackel und die Stahlträger standen am nächsten Tag immer noch da. Zudem darf die Computersimulation des Einsturzes, das die NIST (National Institute of Standards and Technology, Anm.) erstellt hat, nicht eingesehen werden. Argument: nationale Sicherheit. Da muss doch was faul sein.
OÖN: Bilder vom Einschlag eines Flugzeugs im Pentagon sind ebenfalls nicht veröffentlicht worden …
Bröckers: 84 Videos gibt es, keines wurde veröffentlicht.
OÖN: Augenzeugen gibt es aber, die der Theorie widersprechen, dass statt des Flugzeugs eine Rakete im Pentagon eingeschlagen hätte.
Bröckers: Ich bin kein Vertreter der Raketen-Theorie. Merkwürdig beim Pentagon-Einschlag ist vor allen Dingen der Pilot der Maschine, Hani Handschur. Ein Typ, der vier Wochen vorher eine kleine Cessna ausleihen wollte. Bei einer Proberunde mit einem Instruktor wurde festgestellt: Der kann gar nicht fliegen. Und der soll drei Wochen später ein hochkompliziertes aeronautisches Manöver, bei dem am Ende das Flugzeug zwei Meter über dem Boden mit 800 km/h fliegt, ausgeführt haben? Das wäre ungefähr so, als hätte ich gerade den Führerschein gemacht und eine Woche später einen Formel-1- Grand-Prix gewonnen. Da würde auch jeder sagen: Das geht nicht.
OÖN: Sind Sie antiamerikanisch?
Bröckers: Das wird mir nur unterstellt.
OÖN: Sie mutmaßen, dass der militärisch-industrielle Komplex, in dem jährlich Abermilliarden Dollar versickern, die Finger in der Sache drin hatte.
Bröckers: Wenn man sich heute unter dem Blickwinkel „wem nützte es“ das Budget des Pentagons ansieht, also der Cash- Cow des militärisch-industriellen Komplexes sowie die Budgets von CIA und den anderen Geheimdiensten – was ist passiert? Die Budgets wurden verdoppelt.
OÖN: Hatten die Geheimdienste nun ihre Finger drin?
Bröckers: Das sind Vermutungen, die in meinem Buch zwischen den Zeilen stehen, die ich aber bewusst nicht zum Gegenstand mache. Aber viel spricht dafür, dass diese 19 keine autonomen Terroristen waren, sondern an der langen Leine der Geheimdienste hingen. 15 dieser 19 haben ihr Visum vom selben Konsulat in Jeddah, Saudi-Arabien. Die bekamen zum Teil sogar Mehrfach-Einreise-Visa aufgrund von Visaanträgen, die wie Schmierzettel aussahen. Wäre ich Bin Laden und hätte meine Top-Täter, ich würde doch nicht riskieren, dass die schon im Konsulat auffliegen.
OÖN: Wenn nicht die Terroristen, wer steuerte die Maschinen?
Bröckers: Die Flugzeuge wurden ferngesteuert im Rahmen des Manövers, das am Morgen dieses 11. September stattfand. Das ist meine Vermutung.
OÖN: Man fand im Auto eines Entführers die Telefonnummer von Bin Laden …
Bröckers: Würde ich ein solches Drehbuch für einen Film abliefern, würde man mir sagen: So nicht, das ist zu plump. So blöd sind unsere Zuschauer nicht. Bitte ein bisschen subtiler! Einerseits so intelligente Terroristen, andererseits so blöde … Das sind Elefantenspuren. Das passt nicht.
OÖN: Nach dem 11. September wurde der Patriot Act von der US-Regierung verabschiedet. Überraschend schnell, oder?
Bröckers: Die Bush-Regierung zog ein fertiges 230-Seiten starkes Gesetz aus der Schublade. Man hat ein Polizeistaatsgesetz, eine Art Ermächtigungsgesetz, das dem Staat unvorstellbare Kompetenzen gibt, in das Privatleben und die private Wohnung einzudringen, in nur drei Wochen durch den Kongress gepaukt.
OÖN: Ausläufer davon sind bis Europa geschwappt …
Bröckers: Insofern ist der 11. September nicht nur ein schreckliches, unaufgeklärtes Verbrechen, sondern es wird von Regierungen überall und bis heute als Werkzeug benutzt, um solche Gesetze widerstandslos durchzudrücken. Man muss nur Terror rufen, schon werden Telefone abgehört und Festplatten durchstöbert. Das ist doch Orwell hoch vier. Ein Grund, warum der 11. September nicht aufgeklärt wird, ist, dass er so furchtbar nützlich ist. Nämlich für Politiker, die damit Gesetze durchbringen, wofür man sie früher aus der Stadt gejagt hätte.
OÖN: Wenn Ihre Mutmaßungen stimmen, dass eine Schattenregierung den 11. September orchestriert hat, dann muss man doch an allem zweifeln, was als Stütze unserer Gesellschaft gilt: Freiheit, Demokratie, etc.
Bröckers: Und dieses Zweifeln macht niemand gerne. Wenn etwas passiert, was unserem Weltbild widerspricht, dissonant ist, dann verdrängen wir es. Wir können uns doch alle nicht vorstellen, dass unsere gewählten Volksvertreter gar nicht die Guten sind, dass sie von Leuten aus dem Hinterzimmer gesteuert werden. Das wollen wir nicht wahrhaben und blenden es aus.
OÖN: Nur Sie blenden das nicht aus?
Bröckers: Ich nehme mir die Freiheit, das nicht zu verdrängen.
OÖN: Wenn es die meisten anderen aber tun, wird den Schattenmännern vom CIA Ihr Buch herzlich egal sein …
Bröckers: Ich bin einmal gefragt worden, ob wegen meines Buches ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wird. Das glaube ich natürlich nicht.
OÖN: Hingegen wurden Sie in vielen Medien abgeurteilt.
Bröckers: Wenn man die Botschaft nicht hören will, prügelt man den Botschafter. Das ist eine ganz alte Nummer, die mir passiert ist.
OÖN: Sie haben keine Angst, dass Ihnen die CIA einen Killer schickt?
Bröckers: Das sollen die ruhig machen. Es wäre der beste Wahrheitsbeweis. Dann hätten meine Bücher nicht 100.000 Auflage, sondern zwei Millionen.
OÖN: Allerdings leider erst posthum …
Bröcker: Genau.
Buch/ Biografie
Der deutsche Journalist Mathias Bröckers (57) studierte Literatur- und Politikwissenschaft. Er schrieb für die „taz“, „Die Zeit“, „Die Woche“ und fürs Radio. Mit der „WTC-Conspiracy“-Reihe beim Online-Magazin Telepolis wurde er einem größeren Publikum bekannt. Bröckers ist seit 1981 verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Berlin-Kreuzberg.
Buch: „11. 9. – zehn Jahre danach“, M. Bröckers und C. Walther, Westend Verlag, 17,50 Euro