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Staatsakt zum 80. Jahrestag des „Anschlusses“

12.März 2018

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach sich in der Hofburg gegen jegliches Vergessen und für eine Stärkung der Demokratie aus. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte vorrangig jeglichen Antisemitismus - "egal ob schon vorhanden oder frisch importiert".

Der 12. März 1938 stelle einen "Kulminationspunkt einer katastrophalen Entwicklung dar", resümierte der Bundespräsident die Ereignisse, die letztlich zum "Anschluss" führten. Der in gewissen Kreisen populären "Opferthese" widersprach Van der Bellen dabei unmissverständlich: "Österreich hat Mitverantwortung für die Gräueltaten des Nationalsozialismus." Der richtige Zeitpunkt, sich der eigenen Geschichte zu stellen sei "gestern, heute und morgen".

"Diskriminierung als erster Schritt zu Entmenschlichung"

Lehre, die das Staatsoberhaupt aus den Ereignissen zieht, sind etwa, "dass Diskriminierung ein erster Schritt zu Entmenschlichung ist" und "dass Rassismus und Antisemitismus nicht einfach verschwinden, sondern auch heute im Kleinen wie im Großen weiter existieren". Es könne nicht nur darum gehen, Werte einer offenen, demokratischen Gesellschaft nur zu verteidigen, sondern diese vielmehr auszubauen und zu stärken.

Auf seine eigenen Erfahrungen mit Berichten von Holocaust-Überlebenden ging Kurz ein. Für ihn ist der "Anschluss" der "Auftakt zu einem nie da gewesenen verbrechen: der Schoah". Nicht nur für die eigene jüdische Bevölkerung trage Österreich Verantwortung, meinte der Bundeskanzler, denn "die Österreichische Verpflichtung endet nicht an unseren Grenzen". Auch in Israel müssten Juden in Freiheit und Sicherheit leben können.

"Gegen jede Art von Intoleranz ankämpfen"

Auch Kurz erwähnte, dass sich Österreich eine Zeit lang gerne als "Opfer" des Nationalsozialismus betrachtet hat, was sicher für jene gelte, die Widerstand geleistet haben. Viele Menschen hätten aber auch das System unterstützt. Kurz: "Jeder Mensch trägt nicht nur Verantwortung dafür, was er tut, sondern vor allem dafür, was er nicht tut." Heute gelte es daher, "gegen jede Art von Intoleranz und Extremismus" anzukämpfen.

Die Gedenkrede beim Festakt in der Hofburg hielt Andre Heller, der sich an das Schicksal seines eigenen Vaters nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erinnerte. Auch er erinnerte daran, dass sich in den vordersten Reihen der Nazis nicht wenige Österreicher befanden, nicht nur Adolf Hitler selbst. Und auch nach Ende des zweiten Weltkriegs habe es "in den Köpfen der Menschen weiter gegärt" und hätten "Splitter und Balken" in der Gesellschaft weiter existiert.

Zu dem Staatsakt waren Vertreter der Regierung, des Parlaments und anderen Gremien so gut wie geschlossen erschienen. Unmittelbar danach wurde eine Klanginstallation am Heldenplatz, wo Adolf Hitler drei Tage nach dem Einmarsch den "Anschluss" verkündet hatte, eingeweiht.

Video: Staatsakt in der Hofburg

Regierung plant Namensmauer für Opfer der Shoah

Die Bundesregierung will den ermordeten jüdischen Opfern der NS-Regimes auch ein bleibendes Denkmal setzen. Rund 66.000 österreichische Juden waren dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen, 130.000 wurden aus ihrer Heimat vertrieben.

Am Mittwoch wird im Ministerrat ein Antrag auf Errichtung einer Namensmauer eingebracht. Sie soll in der Wiener Innenstadt erbaut werden, ein genauer Ort wurde noch nicht angegeben. Im Gespräch ist der Park zwischen Parlament und Justizpalast.

Seit bald 20 Jahren gibt es Gespräche über einen Erinnerungsort für die ermordeten österreichischen Juden. Der Wiener Kurt Tutter konnte nach dem "Anschluss" über Belgien nach Kanada flüchten. Seine Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Als Generalsekretär des Vereins Gedenkstätte Namensmauern setzte er sich seit dem Jahr 2000 für eine entsprechende Gedenkstätte ein.

Internationale Vorbilder dazu gibt es: In Israel wird in Yad Vashem in der "Halle der Namen" der jüdischen Shoah-Opfer gedacht. In Paris wurde im Jahr 2005 eine Gedenkstätte errichtet, in Brüssel wurde ein Nationaldenkmal für die jüdischen Märtyrer erbaut.

Schon jetzt erinnern "Stolpersteine" auf den Gehsteigen an die ehemals dort lebenden Opfer der Nationalsozialisten. Die quadratischen Messingtafeln sind Erinnerung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Man wolle den Opfern ein bleibendes Zeichen des Gedenkens setzen, sagte Kurz. "Dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte darf nie in Vergessenheit geraten." Ein derartiges Verbrechen dürfe nie wieder möglich sein, mahnte auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FP). "Die Errichtung einer Namens-Gedenkmauer soll zeigen, dass wir die Opfer der Shoah in bleibender Erinnerung behalten." (gana)

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25. April 2024