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Von Bernhard Lichtenberger, 06. Oktober 2018, 00:04 Uhr
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Thomas (links) und Josef Höflmaier führen den Familienbetrieb in vierter Generation. Bild: privat

Bio-Emmentaler aus Rohheumilch, Sauerrahmbutter für Gourmettempel, indisches Butterschmalz für Ayurveda-Beseelte – zwei Innviertler Brüder rühren nach dem Motto "Rares ist Wahres" um. Bernhard Lichtenberger hat sie in der Bio-Käserei Höflmaier in Lochen am See besucht.

Es ist ein beschaulicher Landstrich. Fleckvieh ruht kauend auf den grünen Wiesen. Da und dort lugt ein Kirchturm hinter den sanften Hügeln des südlichen Innviertels hervor. Auf der Fahrt nach Lochen am See liegt zur rechten Hand ein Museum, das Franz Winklmeier gedenkt, dem Riesen von Lengau. Seine 2,58 Meter sind legendär. Größe war sein Kapital.

Ganz ohne Übermaß haben sich ein paar Kilometer weiter die Höflmaiers einen Namen gemacht. "Zwischen den großen Steinen hat auch ein kleiner Stein Platz", sagt Josef Höflmaier. Der 31-Jährige rührt mit seinem Bruder Thomas (27) in vierter Generation in der Bio-Käserei um. Verarbeitet wird ausschließlich Rohheumilch, die umliegende Bauern anliefern, die im Schnitt 18 Kühe im Stall stehen haben. 800.000 Kilogramm Milch verwandeln sich im Laufe eines Jahres in 15 schmackhafte Produkte. Ein unweit angesiedelter Käse-Riese schafft 1,6 Millionen Kilo – pro Tag.

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15 Produkte werden in der Bio-Käserei in Lochen hergestellt. Bild: Volker Weihbold

Während zu Beginn des Tagwerks um fünf Uhr früh draußen die Temperaturen an der Frostgrenze kratzen, taucht man in der Käserei in ein Mikroklima ein, das jenem eines Tropenhauses in einem botanischen Garten ähnelt. Die bis zu 35 Grad warme, säuerliche Luft ist von Feuchtigkeit gesättigt. Nur die Farben fehlen. Statt des Grüns in allen Schattierungen und bunter Blütenpracht signalisieren kühles Weiß und silberglänzende Nirosta-Behälter sterile Sauberkeit. Thomas reckt sich weit über den Rand des 8000 Liter fassenden Kupferkessels, der gut zur Hälfte mit der vom Rahm getrennten Magermilch gefüllt ist, an der Milchsäurebakterien und Lab arbeiten. Käseharfen pflügen schneidend durch den Käsebruch, den Thomas schöpft und prüft. Je kleiner das Korn geschnitten wird, desto härter wird der Käse. Etwa 400 Kilo Emmentaler werden es am Ende sein.

Laut, heiß, geruchsvoll

Hart ist auch das Handwerk. "Es ist laut, heiß, es riecht und du schwitzt – aber wir haben das in die Wiege gelegt bekommen", sagt Josef Höflmaier. Den Grundstein dafür, aus Milch mehr zu machen, legte Urgroßvater Johann Kranzinger. Im Hinterzimmer eines Wirtshauses machte er sich 1931 ans Käsen. Das alte, schmuck renovierte Gebäude steht etwas oberhalb der heutigen Produktionsstätte und wird als kleines Käserei-Museum geführt, auf das Oma Anna schaut. Ihr im Vorjahr verstorbener Mann Josef hatte die Höflmaier-Käse-Dynastie begründet.

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Dabei müssen viele Hände zupacken. „Ohne die Familie würde das alles nicht gehen“, sagen die Höflmaier-Brüder. Bild: Volker Weihbold

Derweil machen sich zwei Mitarbeiter, deren Leiberl unter dem schützenden Latz schweißdurchtränkt sind, mit einem viereckigen Tuch an einem Behälter zu schaffen. Die Enden schnüren in die Haut der Hände, die das Leinen rhythmisch schaukeln, ehe es, prallvoll, über den Rand gewuchtet wird. "Das ist grober Topfen, der wird heute kaum noch gemacht", erklärt Thomas, der Milchtechnologe. So wird nunmehr genannt, was früher Molkerei- und Käsemeister hieß. "Er ist eine Spezialität, quasi die Urform des Topfens und eignet sich etwa gut für Kärntner Kasnudeln." Auch den "Ogfäudn", also den Abgefaulten, hat man daraus gemacht, "was lebensmitteltechnisch eine Katastrophe ist", wie Josef mit einem Grinsen meint: "Den legst zum Kachelofen zuwi und schaust, was passiert." Die Molke, die vom Topfen tropft, wird an Schweine verfüttert – "oder wir trinken sie", sagt Thomas, "das ist gut für den Darm".

Weniger günstig wirkt sich die milchtechnische Kunst auf den Rücken aus. Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz des Käsers, wovon etwa Papa Josef (55), der nach wie vor anpackt, ein klagendes Lied singen kann. Die Topfentücher hängen sich mit 50 Kilo ordentlich an, ein Emmentaler-Laib wiegt 72 Kilo. So ein Bio-Laib aus Rohheumilch gehört made in Austria schon zu den Raritäten. Den formen nur noch drei Käsereien – eine in Tirol, eine im Salzburgerischen, und eben die Höflmaiers. Während sich Emmentaler in Blockform in Plastik gehüllt in der Holzkiste entwickelt, holt man beim Runden geschmacklich mehr heraus.

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Bild: Volker Weihbold

"Man hat zwar einen Reifungsverlust von etwa vier Kilo, aber der Laib kann schnaufen und in der schönen Wärme fangen die Kulturen zu arbeiten an", sagt Thomas, der sich mit Bernhard Zauner an den schweren Brocken mit der gelben Rinde zu schaffen macht. Alle zwei Tage müssen die Laibe gedreht werden. Mit einem Hämmerchen klopft Zauner den Emmentaler ab. Am Klang erkennt er, wie groß die Löcher im Inneren sind.

Früher gab es im Bezirk etwa 60 Käsereien, allein in Lochen waren es vier. Das hat sich drastisch reduziert. "Auch wir haben damit gerechnet, dass es mit uns aufhört", sagt Papa Josef. "Und dann kam die Idee, innovativ zu sein und nicht austauschbar."

Das Herz der Connaisseure schmilzt für die Rohrahmbutter, besonders für die saure Variante. Dem Sauerrahm werden 48 Stunden gewährt, um zu reifen, bevor die Butter geschlagen und händisch im Model geformt wird. "Steirereck"-Chef Heinz Reitbauer, vom Gault Millau 2016 zum Koch des Jahrzehnts gekürt, holte sich im Vorjahr bei einer Verkostung Gusto. "Er ist schon ein Geschmacksfanatiker", sagt Josef junior. Seither liefern die Innviertler ihre Butter aus dem Fassl in das Wiener Gourmetrestaurant, das zu den besten der Welt zählt.

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Bild: Volker Weihbold

Ihre Produkte bieten die Höflmaiers im hauseigenen Laden und auf den Märkten in Mattighofen, Braunau, Vöcklabruck und der Salzburger Schranne feil. Mama Maria schätzt den direkten Kontakt mit den Kunden. "Für mich gibt es keinen schöneren Beruf", sagt sie. "Bio ist für uns normal, weil wir uns selbst ernähren wollen, mit Lebensmitteln so naturbelassen wie möglich." Neben, Joghurt von Kuh und Schaf, dreierlei Emmentaler, Tilsiter, Bergkäse, Schlagobers, Topfen und Innviertler Crème fraîche pflegen die Höflmaier-Brüder ein exotisches Steckenpferd: Bio-Ghee.

Auf Wunsch eines Hamburger Kunden stellen sie seit zehn Jahren das ayurvedische Butterschmalz her, das als Gold der Inder gilt. "Mein Bruder hat es in Sri Lanka gekostet und gemeint, dass es nicht viel anders schmeckt als das Butterschmalz der Oma", sagt Josef, der berufsbegleitend in Innsbruck Betriebswirtschaft studiert hat. Der Unterschied ist ein kleiner. Ghee ist feiner gesiebt, Schwebstoffe und Eiweiß werden herausgefiltert, was die Haltbarkeit wesentlich erhöht. Das Butterschmalz à la Oma wird Ghee trotzdem nicht verdrängen, so viel Bewahrendes muss bei aller Innovation sein.

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An der Käse-Theke Bild: Volker Weihbold

"Wir waren immer schon Slowfood", sagt Josef, der seinem erstgeborenen, zwei Jahre alten Sohn einmal eine befriedigende Antwort geben will, wenn der ihn fragte: Was hast du dafür getan, dass wir unsere Region nicht ruinieren? Der Bub heißt übrigens Felix – Josef durfte sich hinten anstellen, als zweiter Vorname. Manchmal muss man mit Traditionen eben brechen. «

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