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Der Röster und sein Röster

Von Philipp Braun   19.Oktober 2019

Karrieren zeigen bereits in der Kindheit Konturen. Zumindest war es beim Welser Kaffeeröster Peter Zechmeister so. Headhunter hätten erahnen können, wo seine Talente schlummern. Nicht, dass der Unternehmer bereits im zarten Kindesalter Kakao verweigert und stattdessen tassenweise Espressi geschlürft hätte. Nein, Kaffeegenuss und Kinder passen ungefähr so zusammen wie der Teufel und das Weihwasser.

Auch bei Peter Zechmeister kam die Liebe zum Kaffee erst nach der Matura. Davor diente das Getränk mehr zum Aufputschen als zum Genuss. "Ich habe nicht immer Kaffee getrunken. Während der Schulzeit half mir der Kaffee, dass ich im Unterricht nicht einschlafe. Und wenn, dann trank ich hauptsächlich Automatenkaffee".

Der Röster und sein Röster
Der Prototyp eines Rösters

Nicht die besten Voraussetzungen, wenn man bedenkt, dass Zechmeister heute Workshops, Barista-Kurse und Caterings anbietet. Aber um die Leidenschaft und den Werdegang des Welser Kaffeeliebhabers besser zu verstehen, muss man in seiner Kindheit starten.

Die "K & K-Zeit"

Kartons faszinierten das Kind Peter Zechmeister. "Ich habe immer gerne damit gebastelt. Du kannst Kartons einritzen, biegen, etwas daraus formen", erklärt er seine Bastlerleidenschaft, die er sich bis heute bewahrt hat.

Zechmeisters Liebe zum Kaffee steigerte sich auf ein erquickliches Niveau; der Kauf der ersten Espressomaschine inklusive Barista-Kurs war die logische Konsequenz daraus. Was folgte, waren ein Maschinen-Upgrade und ein Interesse am Selberrösten. "Wir investieren lieber in gute Rohkaffees als in einen extrem teuren Maschinenpark", sagt Zechmeister, der als Tüftler und Freak (quasi der "Nerd" der Kaffeeszene) gilt.

Und so begann der Kaffeejünger zu rösten. Zuerst mit einem kleinen Haushaltsröster für damals 300 Euro. Nichts wirklich Großes; jede Siebträgermaschine erscheint wuchtiger und wiegt ein paar Kilogramm mehr als der "Gene CBR 101". 250 Gramm Rohbohnen werden mit Heißluft herumgewirbelt und sind die Einstiegsdroge für angehende Röster. Einzig die Bohnentemperatur ist nicht messbar und der Röstprozess nur schlecht kontrollierbar. Für Zechmeister wenig zufriedenstellend. Zudem überstieg die Nachfrage nach seinen Kaffees die Kapazität der kleinen Maschine.

Zechmeister kaufte eine CAD-Software, begann zu zeichnen, zu tüfteln und zu planen. "Mir kamen meine technische Ausbildung und mein handwerkliches Geschick zugute", erzählt der ausgebildete Elektriker. Vieles, was Zechmeister in seiner Kindheit mit Kartonagen verwirklicht hatte, fand in seiner Rösterei "dunkelhell" in der alten Rahmenfabrik Nöfa in Wels eine Fortsetzung. "Ich stehe gerne mit Lötkolben, Flex und Schweißgerät in der Werkstatt. Was für das Falten von Kartons gilt, muss auch für Stahl gelten. Du musst dir nur zu helfen wissen", erklärt Zechmeister, der für seine Maschine zwei Jahre Bauzeit benötigte und zirka 2000 Euro in seinen eigenen, elektrisch beheizten Kaffeeröster investierte.

Zechmeister ist stolz. Unprätentiös, aber genau erklärt er Röstkurven, die Trommel und allerlei technischen Schnickschnack. "Der Eigenbau ist die Besonderheit unserer Rösterei. Der einzige Betrieb dieser Art in Österreich, vermutlich in Europa, wo mit einer selbstgebauten Maschine geröstet wird."

Fünf Kilo Rohkaffee können maximal geröstet werden. Je nach Sorte kommen sie für zwölf bis 18 Minuten, zwischen 205 und 230 Grad Celsius in die Rösttrommel. Nach industriellen Maßstäben ist die Rösterei nur eine kleine Bohne. Für Großbetriebe gelten andere Maßstäbe. Zahlen wie zwei Minuten Röstzeit bei 850 Grad geistern im Netz herum. Zechmeister ignoriert die Daten und widmet sich lieber Mischungen, Kaffeetrends und der Herkunft seiner Bohnen.

Kaffeesatz lesen

"Die Zukunft gehört dem Filterkaffee. Viele Kaffee-Gourmets werden sich von Kapseln langsam wieder abwenden. Ein Schritt in Richtung Qualitätsbewusstsein. Und es ist für die Umwelt gut", sagt Zechmeister. Der Röster trinkt zum Frühstück gerne Filterkaffee, hell geröstet, beste Bohnenqualität. "Die Brühmethode ist etwas in Verruf geraten, aber mit dieser Zubereitungsmethode kann Kaffee die ganze Palette an Aromen ausspielen", sagt Zechmeister.

Kaffee vereint mehr als 800 Aromen und übertrifft damit sogar Wein in seiner aromatischen Komplexität. Beeinflusst wird die sensorische Vielfalt durch die Sorte und die Anbaubedingungen. Zechmeister röstet sowohl Robusta als auch die als höherwertig geltende Sorte Arabica. "Robusta ist ein wichtiger Bestandteil in der Kaffeeszene. Darauf will ich nicht verzichten, zudem gibt es mittlerweile viele qualitativ hochwertige Robustas mit Kakao und Schokoladennoten." Ebenso wenig will Zechmeister bei der Herkunft Kompromisse eingehen.

Den Großteil seines Rohkaffees kauft er bei kleinen Händlern, die den Bauern einen Preis über dem Weltmarktpreis bieten und den Familien ein faires Einkommen sichern. Denn für Zechmeister ist Kaffee mehr als ein Genussmittel. "Modelle, die der Armut entgegenwirken, gehören unterstützt."

Kaffeewissen

Eckdaten zum Röster Marke Eigenbau von Peter Zechmeister:

Bauzeit: zwei Jahre
Baukosten: rund 2000 Euro
Heizung: elektrisch, 9 KW
Maximale Röstkapazität: 5 kg Rohkaffee pro Charge
Röstdauer: je nach Sorte zwischen zwölf und 18 Minuten
Rösttemperatur: zwischen 205 und 230 Grad Celsius

Allgemeines zur Röstung: Durch den Röstvorgang verdoppelt sich in etwa das Volumen der Bohnen, die blass-grüne Farbe ändert sich auf braun, nach zirka zwölf Minuten platzen die Zellen der Kaffeebohne hörbar auf (First Crack), Aromen entwickeln sich und Säure wird durch langsames Rösten abgebaut.

Röstverfahren: Bei der herkömmlichen Trommelröstung wird Rohkaffee in die Trommel gefüllt und durch eine Befeuerung von außen erhitzt. Die Durchröstung erfolgt durch ein ständiges Umwälzen des Röstgutes innerhalb der Trommel.

Bei der Konvektionsröstung wird der Rohkaffee auf ein Vibrationsband in eine Kammer für 90 Sekunden eingeführt. In die Anlage wird mittels Düsen Heißluft eingeblasen. Die Rösttemperatur kann bis zu 300 Grad Celsius betragen.

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