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Der Pater und seine Köchin

Von Philipp Braun, 01. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Der Pater und seine Köchin
Ein Herz und eine Seele. Küchenmeister Pater Franz und Küchenleiterin Erika Abel im Refektorium, wo die Mönche ihr Mittag- und Abendessen einnehmen Bild: Volker Weihbold

Christkind, Weihnachtsbraten, Heiliger Abend. Bald wird die Geburt Christi zelebriert. Aber wie feiern die kirchlichen Vertreter die Festtage? Und was essen sie? Philipp Braun warf vorab einen Blick in die Klosterküche von Stift Kremsmünster.

Das Leben der benediktinischen Mönche besteht nicht nur aus dem hehren Dreiklang ora et labora et lege (bete und arbeite und lies, Anmerkung). Neben geistigem Hunger müssen auch die kulinarischen Gelüste gestillt werden.

Freilich gelten der Verzicht auf Eigentum, Schweigen, Demut, Keuschheit und Gehorsam nach wie vor als Klammer für ein frommes Lebens, das sich an der Regel des Heiligen Benedikts orientiert. In der Küche stellt man sich diesen Herausforderungen und versucht, die Konventionen in Einklang mit den modernen Entwicklungen in der Ernährung zu bringen. Der ursprüngliche Verzicht auf vierfüßige Tiere und das "maximal eine gekochte Hauptmahlzeit am Tag" werden von den Mönchen jedoch nicht mehr so dogmatisch gesehen. Täglich werden den Patres ein Menü mit Fleisch und eine vegetarische Speise angeboten. Was aber essen die Mönche am Heiligen Abend, am Christtag und am Stefanitag? Feiertage, die in der konsumorientierten Gesellschaft das Sittenbild für Völlerei und Maßlosigkeit verkörpern.

Pater Franz ist als Küchenmeister das Bindeglied zum Konvent und verantwortlich für die Erstellung der Speisepläne. Er gibt sich bescheiden und traditionell. "Am 24. Dezember speisen wir zu Mittag immer gebackenen Karpfen. Am Abend gibt es Bratwürstel mit Sauerkraut und Erdäpfelschmarrn. Der 25. Dezember wird von einem Festmahl, der Stefanitag von einer klaren Gemüsesuppe mit Schöberln in Sternchenform begleitet."

Der Pater und seine Köchin
Die Suppe am Stefanitag. Eine Gemüsebouillon mit Schöberln in Sternchenform Bild: Volker Weihbold

Von der Fastenzeit zum Festmahl

Sowohl Karpfen als auch Bratwürstel markieren das Adventfasten, das am 24. Dezember endet und als Vorbereitung auf den festlichen Tag gesehen wird. Fleisch war in dieser Zeit nicht erlaubt, also griff man auf Fisch, ein altes Symbol Christi, zurück. Nach der Mitternachtsmesse gab es in den Kirchen dann die Mettenwürste.

Karpfen: Der Friedfisch bleibt sechs Wochen im acht Grad kalten Wasser, ehe er zubereitet wird. Bild: Volker Weihbold

Gerade dem Karpfen kommt eine besondere Bedeutung zu. Das Stift verpachtet Fischgewässer wie den Almsee oder die Schacherteiche in Kremsmünster. Als Naturalpacht bekommt es vom Landesfischereiverein dann Karpfen. Vier Tonnen werden in der Weihnachtszeit aus den Teichen entnommen, um danach in den mit Quellwasser gefluteten Kaltern ausgewassert zu werden. Sechs Wochen bleibt der Friedfisch in dem acht Grad kalten Nass. Aus dem Plankton-Vielfraß wird ein Asket. "Der Karpfen stellt sich zurück und frisst unter zehn Grad nichts mehr. Auch wenn wir etwas füttern würden, es schmeckt ihm nicht", sagt Stiftsförster Dietmar Mühlwanger.

Das scheinbare Hungern und das damit verbundene Abspecken von 20 Prozent des Körpergewichts hat aber keine religiösen Motive, sondern dient den Vorlieben der Genießer. "Der Fettanteil und der erdige Geruch gehen zurück, das Fleisch schmeckt besser", sagt Mühlwanger und holt mit einem Kescher ein fünf Kilo schweres Prachtexemplar aus dem Wasser. Zur Weihnachtszeit wird im Akkord gearbeitet. Drei Personen benötigen zum Abschlagen, Entschuppen, Filetieren und Verpacken drei Stunden für 50 Kilogramm Filet. Fischinnereien für die Suppe, Fischschuppen, die Wohlstand bringen sollen, und geschröpfte Karpfen werden auf Verlangen bereitgestellt.

Erika Abel, die Küchenleiterin im Stift, schröpft den Fisch selbst. Kurz vor der Verarbeitung, damit er saftig bleibt. Geschickt schnappt sie sich danach die Filets, wendet sie in Mehl, Ei und Bröseln und brät sie in Butterschmalz zur goldenen Farbe heraus. "Immer wieder übergießen, das braucht das Panierte", sagt sie.

Neben der Erstellung von Speise- und Dienstplänen hat sie immer ein Ohr für die Wünsche der Mönche offen. "Jeder hat andere Vorlieben. Der eine mag die Karotten lieber gekocht, der andere roh, ein anderer will immer zwei Salzstangerl und der nächste etwas mehr Schlagobers zum Kuchen", erzählt Abel mit einem Schmunzeln.

So unterschiedlich die geschmacklichen Vorlieben sind, so geordnet ist der Ablauf beim Essen im Refektorium, das Frauen vorenthalten ist. Mittagessen beginnt um 12.20 Uhr, Abendessen ist um 18.30 Uhr. Die Sitzordnung ist streng hierarchisch, die Tafel u-förmig angeordnet.

Festtagsspeise: Erika Abel bäckt den Karpfen zu goldener Farbe heraus. Am Stefanitag gibt es Suppe mit Sternchenschöberln. Bild: (Volker Weihbold)

Der Heilige Abend

Am 24. Dezember wird um 18 Uhr die feierliche Vesper gesungen. Anschließend ist Abendessen mit Bratwürsteln, Sauerkraut und Erdäpfelschmarrn und Weihnachtsbock. Dann folgt die Christbaumfeier. Die Mitbrüder treffen sich in der Krankenabteilung, um "Weihnachten" zu wünschen, anschließend findet das Totengedenken auf dem Klosterfriedhof statt, und schließlich gehen die Mönche ins kleine Refektorium, wo schon der Christbaum wartet. Diesen schmückt immer der jüngste Mönch. Im Speisesaal des Klosters wird die Ankündigung der Geburt Christi (Martyrologium, Anmerkung) gesungen, anschließend wird das Weihnachtsevangelium gelesen. Dabei knien sich alle Mönche nieder, um der Geburt Jesu zu gedenken. Es folgen Lieder, darunter auch "Stille Nacht" vom Komponisten und ehemaligen Kremsmünsterschüler Josef Mohr.

Nach Ansprachen von Abt und Prior übernimmt der Abt die Aufgaben des Christkinds und überreicht Geschenke. Gegen den Konsumwahn sind die Patres gefeit. Pater Franz merkt an. "Es soll sich jeder überlegen, was er wirklich braucht. Wir haben kein Armutsgelübde, aber persönliche Besitzlosigkeit. Ich sehe es als Freiheit an, nicht immer überlegen zu müssen, ob ich mit dem Geld auskomme. Hier gehört uns alles gemeinsam." 

Zu den Rezepten

Gemüsesuppe mit Sternchenschöberln

Gebackener Karpfen mit Petersilerdäpfeln

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3  Kommentare
3  Kommentare
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lentio (2.769 Kommentare)
am 30.12.2018 22:45

Schade, dass die Kochkunst so verschwendet wird...

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Einheizer (5.398 Kommentare)
am 05.12.2018 09:26

Der Karpfen wird massiv unterschätzt, noch immer verbinden viele mit Karpfen "lettln" und fettig. Stimmt schon lange nicht mehr , außerdem ist der Karpfen ein Vegetarier und kein Raubfisch ( Forellen, Zander etc. ) der seinerseits wieder Fische frisst.
Ein "Hoch" auf den Karpfen !

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( Kommentare)
am 01.12.2018 21:24


Dem Friedfisch im Köcher wurde es sichtlich in den sechs Wochen im acht Grad kalten Wasser, ehe er zubereitet wurde sichtlich zu kalt.

In den Teichen vom Waldviertel, von Gmünd, bis hinein in die Tschechischen Teichanlagen, da bekommt man sicher gute und ausgewasserte Karpfen. Das Gesellige wird dort auch nicht klein geschrieben, wenn man ein bisserl Behmische Musik bevorzugt. Natürlich kann Karpfen auch verkostet werden. Es ist eben das Ausfischen ein richtiges Volksfest dort. Das sollte man einmal erleben.

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