Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Schnecken, Pfeil und Wogen

Von Klaus Buttinger, 07. März 2020, 00:04 Uhr
Schnecken,Pfeil und Wogen
Bild: Volker Weihbold

Pfeil und Bogen – damit ging man anno dazumal auf die Jagd oder man zog in den Krieg. Heute schießt man auf Scheiben oder Kunststofftiere. Oder man zielt auf Herz und Hirn von Kindern.

Fünfte oder sechste Schulstunde in der Neuen Mittelschule in Gramastetten: Die Kinder sind schon ein wenig erschöpft. Nicht aber Leone, Tamara, Lena-Maria und Erich, die im Projekt Bogenschießen in einer Klasse zusammenkommen. BAMM, PÄNG – mit festen, lauten Schlägen vertreibt Leone jeden Anflug von Müdigkeit. Immer wieder saust ihr Gummihammer auf den Stanzapparat nieder. Das macht ihr sichtlich Spaß.

Am Tisch nebenan sitzt Erich vor dem Befiederungsgerät, ein spezielles Alugerüst, auf dem halbfertige Pfeile liegen. Spitzen und Nocken hat er bereits auf die Holzstäbe geklebt, jetzt spannt er die ausgestanzten Federn in Metallklemmen, streicht den gespaltenen Federkiel mit Klebstoff ein und befiedert die Pfeile. Tamara und Lena-Maria widmen sich schon dem Finish und färben die Stäbe konzentriert ein, tragen mit Pinsel Farblack auf, hier und da auch Glitter. Jeder Pfeil ein Unikat, so einzigartig wie die Kinder.

Schnecken,Pfeil und Wogen
Konzentration und Fokussierung braucht es bei der Verzierung der Unikate. Bild: Volker Weihbold

Inmitten der aufrüttelnden Schläge und des konzentrierten Arbeitens bewegt sich Betreuungslehrerin Elisabeth Pfann-Irrgeher – unterstützend, beratend, organisierend. Hier ein kleiner Tipp, dort eine sanfte Anweisung. Doch ihr Job geht deutlich über die Pfeilproduktion hinaus.

Geschossen wird am Schluss

"Bogenschießen ist eine uralte Fertigkeit, auch heute noch, auch wenn sie zum direkten Überleben nicht mehr benötigt wird. Sie kann tief verwurzelte Potenziale und Fähigkeiten aktivieren", sagt Pfann-Irrgeher. Sie bietet als Betreuungslehrerin u. a. das Projekt "Bogenschießen in der Schule" an. Angefordert wird sie, wenn es an einer Schule, in einer Klasse Konflikte oder Krisen gibt. Ihr Ziel ist es, durch individuellen Unterricht, durch Beratung und Betreuung eine Konfliktlösung zu erreichen, indem sie Hilfe zu Selbsthilfe initiiert.

In Schüler-Zweiergruppen baut Pfann-Irrgeher zuerst einmal Pfeile. Das fokussiert auf das langfristige Ziel des Bogenschießens, es erfordert Konzentration, Achtsam- und Aufmerksamkeit. Und es dient nicht zuletzt dem Stressabbau. »

» Wie zufällig spricht die Lehrerin während der Arbeit mit den Pfeilen über Konflikte. In ihrem Streitkulturprojekt verwendet sie Metaphern aus der Raubvogelwelt. Mit welchem Raubvogel identifiziert sich eine Schülerin, ein Schüler? Ist er aggressiv wie ein Adler? Ist sie ein eher furchtsamer Uhu oder ein Habicht, der seine Umgebung voll im Blick hat? "Die Kinder lernen die Streittypen kennen", sagt Pfann-Irrgeher und betont: "Jeder Konflikt ist immer auch eine Chance."

Dass die Pädagogin aus Schenkenfelden ausgerechnet Raubvögel für ihre Analogien verwendet, liegt daran, dass sie Falknerin ist, also mit Raubvögeln die sogenannte Beizjagd – zumeist auf Feldhasen – ausübt.

Mit Pfeil und Bogen geht sie nicht auf die Jagd, das wäre in Österreich ja auch verboten. Mit Pfeil und Bogen glättet sie die Wogen von Konflikten: Sobald alle Kinder einer Klasse in Zweierteams jeweils drei bis fünf Holzpfeile hergestellt haben, wird der Bewegungsablauf beim Bogenschießen geübt. Dazu verwenden die Schülerinnen und Schüler Thera-Bänder. Schließlich kommt der große Tag, an dem die Pfeile in die Sehne gelegt werden. In der Turnhalle oder auf einem sicheren Freigelände baut Pfann-Irrgeher eine Zielscheibe auf und ein großes Pfeilfangnetz. Mit Twinbögen, die für Rechts- als auch Linkshänder geeignet sind, wird dann geschossen – natürlich unter Aufsicht und mit Armschutz etc. "Optimal wäre, wenn die ganze Klasse zum Abschluss des Projekts einen Ausflug zu einem Bogenparcours machen könnte", regt die Lehrerin an. In Summe und im Idealfall steht bei dem Prozess eine Selbstwerterhöhung bei den Schülerinnen und Schülern anstelle des alten Konflikts. "Wenn man wichtig ist in einem Prozess, dann braucht man sich nicht wichtig machen", spricht Pfann-Irrgeher ein großes Wort gelassen aus.

In ihrem Projektköcher hat die Lehrerin noch ein Falknereiprojekt in Zusammenarbeit mit der IAF (International Association of Falconry), in das die Volksschule Hellmondsödt eingebunden ist. Des Weiteren läuft mit einer Volksschule das Projekt Kükenbrüten. Daheim in Schenkenfelden hat die Lehrerin zwei Brutmaschinen stehen. Darin werden Hühnereier ausgebrütet. Eine ganze Schule kümmert sich um die Brutpflege. Dabei geht es darum, Temperatur und Feuchtigkeit der Brutkästen täglich zwei Mal zu überprüfen . Außerdem müssen die Eier in regelmäßigen Abständen umgedreht werden. Wenn dann die Küken schlüpfen, ist für die tierischen und menschlichen Küken ein Feiertag.

mehr aus Hoamatland

Dahoam im Hoiz: Eine Reise in die Vergangenheit

Spitzenküche beim Aichingerwirt: "Die Gerichte entstehen beim Bauern"

Hotel Villa Sommerfrische: 20 Zimmer, kein Lift und 2 Hausesel

Ein Sein mit Stein: Linzer macht Schmuckstücke aus Flussschotter

Autor
Klaus Buttinger
Redakteur Magazin
Klaus Buttinger
Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen