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Lasst es krachen!

Von Bernhard Lichtenberger, 07. Dezember 2019, 18:00 Uhr
Lasst es krachen!
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Wenn es etwas zu feiern gibt, verschaffen sich die oberösterreichischen Prangerschützen lautstark Gehör. Jetzt wurde das Lärmbrauchtum in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.

In Reih und Glied stehen sie da, wie aufgefädelt, in Lederhose und Trachtenjanker, das Haupt behütet. Von einem zum nächsten wird die passende Portion Schwarzpulver gereicht. Es rieselt ins Stahlrohr, gefolgt von einem Stück Papier, das eine ungewünschte Zündung durch die stoßenden Schübe des hölzernen Ladestabes verhindert. "Haaaaabt acht!" ruft Konsulent Franz Huber, Landesobmann der oö. Prangerschützen, "Stutzen zur Hand! Laden!" Daumen ziehen die Hähne, die Zündkapsel wird aufgesteckt. "Hoch an!" Der gezogene Säbel des Landesobmanns senkt sich in die Waagrechte. Wummm! Mit einem Krachen schießt ein Funkenstrahl aus dem Rohr, Rauch umnebelt den Schützen. Wieder fällt der Säbel. Wummm!

Die Prangerschützen sind Festschützen, ihre Stutzen keine Waffen, sondern Brauchtumsgeräte. Dass das oberösterreichische Festschützenwesen zum nationalen immateriellen Kulturerbe ernannt wurde, ist Franz Huber zu verdanken. Mehr als zwei Jahre hat der 67-Jährige recherchiert und 1500 Seiten über die Geschichte der Tradition in Ordnern zusammengetragen, ehe er die Bewerbung der österreichischen UNESCO-Kommission vorlegte. Seit mehr als 300 Jahren wird hierzulande der Lärmbrauch gelebt. In Mondsee wird er erstmals im Jahr 1687 erwähnt. Aus Vöcklamarkt ist überliefert, dass bei der Installation von Pfarrer Holly am 30. September 1889 auf sechs Hügeln mit 24 Böllern geschossen wurde. Während des Zweiten Weltkriegs verstummten die Stutzen, wurden Bürgergarden und die Vereine der Stahel- und Armbrustschützen, Böller- und Prangerschützen von den Nationalsozialisten abgeschafft.

Es dauerte, bis das Althergebrachte reanimiert wurde. 1975 fanden sich in Perwang wieder Prangerschützen zusammen. Derzeit sind rund 1200 Mitglieder in 17 Vereinen aktiv, 13 davon haben sich zum Landesverband zusammengeschlossen, dem Franz Huber als Obmann vorsteht. Der gelernte Tischler, der sein vinophiles Hobby vor 42 Jahren zum Beruf des Weinhändlers gemacht hat, ist keiner, der sich gegen Veränderungen sperrt.

So wurde nicht viel Aufhebens darum gemacht, als es Marianne Busato vor 22 Jahren aus einer Laune heraus einfiel, als erste Frau Hand an den Stutzen zu legen. Davor hatte die heute 58-jährige Vöcklamarkterin ein Jahrzehnt lang als Marketenderin gedient. "Das Schnapsverkaufen war wichtig, damit Geld in den Verein kommt", sagt die Pflegehelferin im Krankenhaus Vöcklabruck. "Neben den jungen Marketenderinnen bin ich mir auf einmal alt vorgekommen, das Gesellige, die Gemeinschaft, die faszinierende Tracht wollte ich aber nicht missen." Und weil es sie ohnehin in Männerdomänen drängte, was ihr damals sowohl Schuhplattler als auch die Feuerwehr verwehrten, wurde sie Prangerschützin. Mittlerweile sind drei Geschlechtsgenossinnen ihrem Beispiel gefolgt, in St. Thomas bei Waizenkirchen, in Molln und in Vöcklamarkt.

Kein Schießen ohne Tracht

Erlaubt es der Dienstplan, zieht Busato Lederhose, Janker und Hut an, um auszurücken. "Denn es gibt kein Schießen ohne Tracht", sagt Landesobmann Huber. Zum ersten Mal ließ es die Pionier-Schützin zu einem 40. Geburtstag krachen – mit einem großen Stutzen, der fast 17 Kilogramm auf die Waage brachte. "Da war mir schon ein bisschen mulmig", erinnert sie sich. "Nach dem Schießen muss der Stutzen ordentlich geputzt werden, das dauert schon eine Stunde. Mein Mann hat das damals übernommen – und das ist ihm geblieben", sagt Busato mit einem verschmitzten Lachen.

Der Jahreslauf beginnt für die Festschützen mit der ersten Raunacht, der Thomasnacht am 21. Dezember. Es folgt am 24. Dezember das Christkindlschießen, am 1. Jänner begrüßen die Prangerschützen vor dem Linzer Landhaus das neue Jahr. Als höchster kirchlicher Feiertag gilt ihnen Fronleichnam, das auch als Prangtag bezeichnet wird. Prang leitet sich übrigens von Prunk ab – die Pracht der festlichen Kleidung ist auch nicht zu übersehen.

Die Prangerstutzen unterscheiden sich vom Böller, der für die Urform der Lärmbräuche steht. Die Vorderlader werden als Messingguss mit einem Lauf aus Stahlkern gefertigt, der Schaft der verzierten, lautstarken Schönheiten besteht aus Nussholz. Sie stammen aus der Werkstatt von Josef Reichl aus Berndorf. Die Fabrikate des Salzburger Landwirts und Büchsenmachers sind weitum geschätzt. "Reine Handarbeit", schwärmt Franz Huber, "die schönsten Stutzen, wenngleich nicht die billigsten." Mit 1200 bis 1800 Euro darf man rechnen. "Aber so ein Stutzen ist ein Erbstück, den gibt man weiter", sagt Huber.

Festschützen kennt man auch in Salzburg, die Bräuche haben sich aber unterschiedlich entwickelt. Typisch oberösterreichisch sind etwa das Christkindlschießen mit dem Donnerer, einem trichterförmigen Böller, in St. Thomas, das Auferstehungsschießen mit dem Osterfeuer und dem Weihscheiterbrennen in Vöcklamarkt, die Seeprozessionen am Hallstätter und Traunsee zu Fronleichnam, zu Ostern die Grabwache der Bürgergarde Freistadt oder das Kindl- und Geburtstagsschießen der Mollner Schützen.

Das Hören und Sehen wird einem auf jeden Fall im Jahr 2024 in Mondsee nicht vergehen. Dort werden von 30. August bis 1. September bis zu 30.000 Schützen am nur alle drei Jahre ausgetragenen Europaschützenfest der Europäischen Gemeinschaft der historischen Schützen teilnehmen, deren Mitglied der Landesverband der Prangerschützen ist. Dann wird bestimmt auch Franz Huber wieder seinen Säbel ziehen und "Haaaaabt acht!" rufen. 

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3  Kommentare
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thukydides (1.204 Kommentare)
am 08.01.2020 17:49

Sinnbefreites Brauchtum. Mittelalterlich. Entbehrlich.

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( Kommentare)
am 07.12.2019 18:56

Ich finde es gut, daß unser Brauchtum nicht ausstirbt. Hoffe man hat genug Nachwuchs.

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lndsmdk (17.215 Kommentare)
am 07.12.2019 19:51

Nala....mach dir keine Sorgen, die Linken sind ein gebärfreudiges Volk........und das Brauchtum ist nur in rechter Hand in Gefahr, aber du brauchst keine Angst mehr haben, wie " während des Zweiten Weltkriegs verstummten die Stutzen, wurden Bürgergarden und die Vereine der Stahel- und Armbrustschützen, Böller- und Prangerschützen von den Nationalsozialisten abgeschafft."

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