Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Der Geschmack der Alpen

Von Philipp Braun, 01. Juni 2019, 08:59 Uhr
geschmack der alpen
Klemens Schraml findet den Reichtum der Natur unmittelbar vor der Haustüre des Restaurants Rau Bild: Weihbold

Wenn die Berge rufen, marschieren die Handwerker los, um den kulinarischen Schatz aus den klaren Flüssen, den Wäldern und von den saftigen Almwiesen zu bergen.

Die Zeiten ändern sich. Früher holten sich hochdekorierte Köche ihr Selbstbewusstsein, indem sie Luxusprodukte aus der ganzen Welt verwendeten. Längst ist Gras über die uniforme Hochküche gewachsen – die Natur vor Ort dient als Inspirationsquelle für Gerichte. War es früher die Gänseleber aus Frankreich, ist es heute der Schafskäse vom benachbarten Bauernhof. Egal, ob man sich in der Stadt, auf dem Land oder in der Nähe der Berge befindet.

"Die Alpenküche ist kein Trend. Sie ist die ewige Konstante in unserer Esskultur. Eine Konstante, die sich durch moderne und traditionelle Kochtechniken, Neuzüchtungen und Weiterentwicklungen ständig positiv beeinflusst. Vertraut und dennoch in grenzenloser Vielfalt", sagt Klemens Schraml aus Großraming. Vor einem halben Jahr kehrte der gefeierte Sternekoch aus Zermatt ("the Omnia") zurück in die Heimat und gestaltete mit Christopher Koller das elterliche Wirtshaus neu. Aus dem Steigerwirt wurde "Rau – nature based cuisine".

geschmack der alpen
Der letzte Feinschliff - das Auge isst mit Bild: Weihbold

Das Vermächtnis der Alpen

Die Mischung aus traditionellen und historischen Rezepten, wie sie auf den Bauernhöfen gepflegt wurden, garniert mit einem Schuß Moderne, prägt heute die Alpenküche. Mittlerweile nimmt sich eine breite Front an Köchen um das kulinarische Schmuckstück der Alpen an und veredelt die Lebensmittel: Ana Ros aus Slowenien, Norbert Niederkofler aus Südtirol oder Andreas Caminada aus der Schweiz gelten als prominente Vertreter. In Österreich fungiert Andreas Döllerer als kulinarischer Bergführer.

Klemens Schraml will ebenso den Gipfel der Genüsse erreichen und ist davon überzeugt, dass in Großraming ein Restaurant mit modern interpretierten Gerichten der Alpen Platz hat. "Wir haben eine sehr hohe Lebensqualität. »

geschmack der alpen
Das Spiel mit dem Feuer: Christopher Koller lässt in der Küche nicht wirklich etwas anbrennen. Bild: Weihbold

 

geschmack der alpen
Gedanken und Gerichte zu Papier gebracht – bevor eine Speise auf den Tisch kommt, wird skizziert. Bild: Weihbold

» Wenn man die Gegend kennt, dann gehört fine dining absolut hierher", sagt der Koch. Schraml genießt die Ruhe der Natur: "Die Alpen bedeuten Heimat für mich. Das haben sie immer getan. Ich suchte in Städten die Geschwindigkeit und Dynamik. Aber egal, was ich gemacht habe, die Berge holten mich zurück. Nach einem Monat wollte ich wieder in die Natur."

Die kulinarische Alpenüberquerung

Die vergangenen Jahre verbrachte Schraml in Zermatt – ein beliebter Ferienort in der Schweiz, am Fuße des Matterhorns gelegen und für den privaten Autoverkehr gesperrt. "Zermatt ist mit Großraming vergleichbar. Nur die Frequenz ist dort um einiges höher als bei uns", sagt Schraml mit einem Schmunzeln. Der Koch ist motiviert und will mehr Gäste nach Großraming holen. "Sanfter Tourismus, Entschleunigung, ein angenehmer Ruhepol und die besten Grundprodukte geben uns die Rechtfertigung, darauf zu setzen", erklärt Schraml. Gemeinsam mit Koller fokussiert er auf regionale Küche.

geschmack der alpen
Blühendes Großraming Bild: Weihbold

Koller wuchs in Wien auf und war nicht unmittelbar mit den Bergen verbunden, die Natur weiß er sehr wohl zu schätzen. "Alpine Küche bedeutet für mich, saisonale Lebensmittel so gut wie möglich zu verarbeiten. Egal, ob es Blüten, Kräuter, Blätter sind. Und daraus möchte ich mithilfe von Essigen, Läuterzucker oder auf Salzlake basierender Fermentation ein Aromaspiel herstellen und die Produkte richtig unterstützen", sagt Koller, der in den Alpen sein Reservoir an guten Lebensmitteln gefunden hat.

Der Stadt- und der Landmensch passen gut zusammen. "Es ist eine super Mischung. Er ist der goscherte Wiener und ich versuche mit meinem Dickschädel Dinge durchzusetzen", sagt Schraml. Beide Köche gehen regelmäßig in die Natur und verwenden den Reichtum: Apfelblüten, wilder Spargel und unzählige Kräuter dienen als Dekoration und Geschmacksverstärker in der Küche. Bei einer Waldlichtung holt Schraml tief Luft, saugt das Nadelaroma ein und erklärt. "Der Geruch vom Wald ist das, was wir auf den Teller bringen wollen." Was nicht unmittelbar verwendet wird, legen die Köche ein. Ein Blick in den Lagerraum des Rau offenbart Köstliches aus der Fermentationsküche: eine alte Technik, die bei uns verlorengegangen zu sein scheint und von den zwei Alpenköchen vor dem Vergessen gerettet wird. Zum einen, um Gemüse lange haltbar zu machen, aber auch, um neue Aromen zu kreieren, damit die eigene Speisekarte aufzupolieren und so den Geschmack der Berge auf die Teller zu bringen.

geschmack der alpen
Fermentiertes Gemüse – eine Wohltat für die Geschmacksknospen. Bild: Weihbold

Schraml wird poetisch: "Geschmack überwindet jede Grenze und bleibt in der Erinnerung haften wie ein erster Kuss. Nur tut er das immer und immer wieder. Die Alpen sind meine kulinarische Heimat. Eine Heimat, die wenig mit Nationen, Grenzen oder Sprachen zu tun hat. Um das zu verstehen, muss man die Berge verstehen, die Regionen. spüren und die Kulturen erfassen. 

Klemens Schraml

Der 28-jährige Großraminger ist ein Verfechter der puristischen Küche und will Gäste aufklären. „Viele Menschen vergessen, wie etwas produziert wird, und wissen Lebensmittel nicht mehr zu schätzen.“ In Zermatt erkochte er einen Michelin-Stern.

Christopher Koller

Der 29-jährige Wiener lernte den Umgang mit Lebensmitteln in der Familie: „Wir hatten eine Fleischerei und einen Heurigen.“ Kulinarische Einsätze führten ihn unter anderem nach Portugal in die Vila Joya zu
Dieter Koschina.

Die Rezepte zum Nachkochen

Forellenrogen mit Kohlrabi, Tomatensud und Kräuteröl

Forellenrogen mit Kohlrabi, Tomatensud und Kräuteröl Bild: Weihbold

Zutaten (für vier Personen):

Forellenrogen: 100 g Forellenrogen, 100 g Sonnenblumenöl, Zitronensaft, 1 g Salz, 100 g Forellenrogen
Tomatensud: 5 saftige Tomaten, Salz
Kohlrabitaschen: 2 große Kohlrabi, 25 cl Wasser, 25 cl Weißweinessig, 8 g Salz, 8 g Zucker, 1 Prise Cayenne-Chili, Petersilie
Kräuteröl: 100 g Dill, 100 g Sonnenblumenöl


Zubereitung:
Forellenrogen-Emulsion: Den Forellenrogen nach Bedarf heiß räuchern oder einfach nur dämpfen. Wichtig ist, den Rogen zu garen. Dafür stechen Sie mit einer Fleischgabel einfach ein paar Löcher in den Deckel und stellen den Rogen in den jeweiligen Garraum. Anschließend wird der Rogen gekühlt. In einem Mixer aufmixen und wie bei einer Mayonnaise langsam das Öl hinzufügen. Mit etwas Zitronensaft und Salz abschmecken. Nun fügen Sie den rohen Forellenrogen hinzu, die Füllung für die Kohlrabitaschen ist fertig.
Tomatensud: Die Tomaten im Mixer mit etwas Salz gut mixen. Sollten die Tomaten etwas trocken sein, also nicht frisch aus dem Garten, geben Sie einfach etwas Wasser zu den Tomaten. Nun die Tomatenmasse durch ein Passiersieb langsam abtropfen lassen. Den klaren Sud können Sie nun mit Salz abschmecken.
Kohlrabitaschen: Kohlrabi schälen und mit einer Aufschnittmaschine in feine Scheiben schneiden. Wasser, Essig und Gewürze aufkochen und abkühlen lassen. Den Kohlrabi darin einlegen.
Kräuteröl: Dill mit Öl in einem Mixer mixen, bis die Temperatur auf etwa 50 °C ist. Danach das Öl abpassieren und in einer Schüssel auf Eis rasch abkühlen.
Anrichten: Kohlrabischeiben mit der Emulsion füllen und kleine Taschen formen. Sud mit dem Öl vermischen und in kleine Schälchen gießen. Die Taschen anrichten und mit Bärlauchblättern und Blüten garnieren. Eine gegrillte Scheibe Bauernbrot passt hervorragend zu dieser sommerlichen Vorspeise.

Steckerlfisch mit Kräutersalat, Erdäpfel & geräuchertem Sellerie

Steckerlfisch mit Kräutersalat, Erdäpfel & geräuchertem Sellerie Bild: Weihbold

Zutaten (für vier Personen):

Fisch: 4 Bachforellen, 100 g Forellenkaviar, 500 g Butterschmalz
Kräutersalat: Dill, Bronzefenchel, Kerbel, Brunnenkresse, Vogelmiere (je 100 g), 1 unbehandelte Zitrone
Erdäpfel: 1 kg kleine Heurige, Salz und Kümmel
Sellerie: 1 Sellerie, Wacholderholz, Nadeln
Sauce: 250 g Sauerrahm, 2 Schälchen Gartenkresse
Knoblauch-Mandel-Butter: Butter und Mandelblättchen (je 60 g), 1 Knoblauchzehe, Salz
Fischreduktion: 750 g Fischkarkassen, 100 g Stangensellerie, Fenchel, Grünkohl, Zucchini (je 50 g), 20 g Kerbel, 200 g Weißwein, 1 Zitrone, 2 cl Pernod, 8 cl Wermut, Cayennepfeffer, Safranfäden, Fenchelsamen, Koriandersamen

Zubereitung:
Forellen auslösen, Karkassen für Fond aufheben. Forellen in drei gleich große Teile schneiden, innen mit Salz und weißem Pfeffer würzen. Mit Mehl bestäuben. Für den Salat die Kräuter fein zupfen, waschen und abtropfen. Zitronensaft und Zitronenzesten vermischen, marinieren. Heurige ungeschält im Salzwasser bissfest kochen, anschließend im Eiswasser abschrecken. Halbieren, etwas aushöhlen, großzügig mit Butter bestreichen und bei 180°C im Backofen goldbraun backen. Sellerie schälen, in Würfel schneiden und mit Wacholder räuchern.
Sauerrahm mit Gartenkresse, Salz und Pfeffer und Zitronenzesten abschmecken.
Für Knoblauch-Mandel-Butter, Zutaten in einem kleinen Topf vermischen und kurz rösten. Dann Gemüse kleinwürfelig schneiden, mit Fischkarkassen bei 180°C im Ofen rösten. Zutaten in 2 Liter Wasser auf dem Herd aufsetzen. Fond rasch heiß werden und kurz aufwallen lassen, auf kleiner Hitze reduzieren. 30 Minuten ziehen lassen. Passieren und stark einkochen.
Fisch im Butterschmalz braten (darf nicht schwimmen aber auch nicht zu wenig Fett haben). Dann mit der Fischreduktion bepinseln, die Selleriewürfel arrangieren. Kartoffeln mit der Sauerrahmsauce anrichten, den Forellenkaviar verteilen. Mit heißer Knoblauch-Mandel-Butter übergießen.

Erdbeeren mit Burrata

Erdbeeren mit Burrata Bild: Weihbold

Zutaten (für vier Personen):

Erdbeersud: 1 kg Erdbeeren, 50 g Zucker, 50 g Wasser, 1 Zweig Pfefferminz, weißer Pfeffer, Anis
1 Schale Mara des Bois (Gartenerdbeere)
1 Bund weißer Spargel
2 Stk. Burrata (italienischer Frischkäse), alternativ frischer Schafskäse mit etwas Schlagobers vermengt

Zubereitung:
Erdbeersud: Alle Zutaten gemeinsam im Vakuumbeutel verschweißen und einfrieren. Nach dem Frieren den Beutel in ein Wasserbad geben. Bei 72°C etwa 2 Stunden lang Sousvide garen, oder bis die Erdbeeren grau werden und Ihre ganze Kraft in den Sud freigeben. Das kann ebenfalls in einem Dampfgarer passieren. Sollte man keinen Vakuumierer haben, kann man auch beim örtlichen Metzger nachfragen, der Ihnen das verschweißen kann. Nach dem Garen in einem Passiersieb abtropfen lassen.
Die guten Erdbeeren sind die Essenz dieses Gerichtes. Die Sorte Mara des Bois ist nicht so süß und wesentlich feiner zum Burrata. Die Erdbeeren für dieses Gericht sollten eher erdig schmecken und festfleischig sein.
Weißer Spargel und Erdbeeren sind eine tolle Kombination. Die erdigen Erdbeeren schmeicheln dem schwefeligen Spargel. Süße und Säure in Verbindung mit Anis-Aromen spielen sich am Gaumen. Den frischen, saftigen Spargel mit einem Schäler streifenweise abschälen und zu kleinen Röllchen formen.
Anrichten: Den Sud als Basis auf den Teller geben. Erdbeeren und Spargelröllchen kreisförmig arrangieren und im Zentrum den halbierten Burrata anrichten. Mit Bronzefenchel und scharfem Olivenöl beträufeln. Etwas weißer Pfeffer und Staubzucker darüber.

Gedanken: Bei diesem Gericht geht es um die Interpretation eines alten Handwerks und eines Gerichtes, das jeder von uns kennt. Erdbeeren mit Schlagobers haben wir früh bei Großmutter bekommen, immer wenn es heiß war. Der Burrata zeigt das Handwerk. Aus Obers wird ein Käse erzeugt, der als jüngster Käse rund um die Alpen gilt. Es ist ein Gericht, bei dem die Grundprodukte glänzen. Gute Grundprodukte einfach serviert.

 

mehr aus Hoamatland

Spitzenküche beim Aichingerwirt: "Die Gerichte entstehen beim Bauern"

Hoftaverne Ziegelböck: Seit 500 Jahren ein Ort der Geselligkeit

Hotel Villa Sommerfrische: 20 Zimmer, kein Lift und 2 Hausesel

Fische im Wandel der Zeit

Autor
Philipp Braun
Kulinarik-Redakteur
Philipp Braun
Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen