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Kurios: Braunau war Marine-Stadt

Von Monika Raschhofer, 13. Juni 2015, 00:04 Uhr
Braunau Inn
Ölbild nach Fotomontage: Marine-Schulschiffe am Inn. Bild: privat

Am 26. Juni 1915 kamen die ersten k.u.k. Marine-Schüler in Braunau an. Bis zum Ende des Krieges und der Monarchie wurden sie am Inn und am Wolfgangsee ausgebildet.

  • Am 26. Juni 1915 kamen die ersten k.u.k. Marine-Schüler in Braunau an. Bis zum Ende des Krieges und der Monarchie wurden sie am Inn und am Wolfgangsee ausgebildet. 

Marine-Stadt Braunau

Weit und breit kein Meer, nur eine eilig, aber beflissen renovierte Kaserne statt eines standesgemäßen Schlosses – und dennoch blieb die k.u.k. Marine-Akademie drei Jahre lang in Braunau am Inn. Die politische Großwetterlage in Europa und das geschickte Bitten der Braunauer Stadtväter sind Ursachen für diesen kuriosen Wimpernschlag der Geschichte.

Anfang Mai 1915 erklärte Italien der ehemals verbündeten Donaumonarchie den Krieg. Die k.u.k. Marine-Akademie musste rasch weg aus dem von Italien bedrohten Fiume, heute Rijeka. Die Wiener Stiftskaserne war erste Wahl, wurde jedoch bald für verwundete Soldaten benötigt. Das kaiserliche Lustschloss Schlosshof war die nächste Station, aber weil befürchtet wurde, dass russische Truppen durchbrechen, begann erneut die Suche nach einem geeigneten Domizil für die Marine-Akademie.

„Braunau war eine ungeliebte Notlösung, weil die geografische Lage alles andere als günstig war“, erklärt der Braunauer Historiker und ehemalige Gymnasiumsdirektor Florian Kotanko, der an der Konzeption der Sonderausstellung „100 Jahre Marine-Akademie Braunau am Inn“ mitgewirkt hat. Die Ausbildner und Auszubildenden entstammten den führenden Familien der Monarchie und waren eher Schlösser als Kasernen gewohnt.

Der Braunauer Bürgermeister Josef Bautenbacher bekundete großes Interesse daran, dass die Marine in die Gebäude einzieht, weil die dort einquartierten galizischen Flüchtlinge „die Kaserne ruinieren“. Heimatforscher Manfred Rachbauer hat im Stadtarchiv einen Brief des Bürgermeisters gefunden, in dem dieser „höflichst um Mitteilung“ bittet, „ob die Kaserne von der Kommission für den gedachten Zweck entsprechend gefunden wurde“.

Licht und „englische Aborte“

Am 17. März 1915 war erneut eine Kommission der Marine-Akademie in Braunau, die Renovierungen forderte: elektrische Beleuchtung, englische Aborte, Umbauten. Rasch und dienstbeflissen wurden die Arbeiten in Auftrag gegeben und bezahlt, die Flüchtlinge umgesiedelt.

Marineakademie Bild: (Rachbauer)

 

Am 26. Juni 1915 kamen die ersten Marineschüler mit einem Extrazug an. Auch einige kleine Schiffe, wie die „Neue Warte am Inn“ berichtet. „Braunau hatte damals 5500 Einwohner, in der Umgebung gab es ein großes Kriegsgefangenenlager“, weiß Kotanko, dass ökonomische Strukturen vorhanden waren, mit denen Einkommen für viele Menschen gesichert werden konnte. Allerdings gab es zu dieser Zeit keine Industrie. Der Inn war noch nicht durch Kraftwerke reguliert, damals also ein eher wilder Gebirgsfluss.

Für die praktische Ausbildung der Marine-Soldaten war er ungeeignet, diese wurde am Wolfgangsee absolviert. Der Theorie-Unterricht fand in Braunau statt. Die Qualität der Ausbildung hat unter den Rahmenbedingungen gelitten. Obwohl die Marine von Anfang an wieder weg wollte von dem „Kaff am Rande der Monarchie“, blieb sie doch bis zu ihrer Auflösung zu Kriegsende 1918 in den Braunauer Kasernen. Die Gebäude sind erhalten. Mittels QR-Code und Smartphone können sich Ausstellungsbesucher direkt hinleiten lassen.

„Es wird eine Ausstellung, bei der es viel zum Anschauen und Begreifen gibt“, verspricht Manfred Rachbauer. Der Braunauer Karl Meingaßner hat auf Grundlage einer Fotomontage gerade ein Ölbild fertiggestellt, auf dem Marine-Schiffe zu sehen sind – an der Stelle, an der die Enknach in den Inn mündet.

Ein paar sind geblieben

Eine tiefgehende Veränderung der Sozialstruktur – wie etwa später durch die Industrialisierung – habe es in Braunau durch die Anwesenheit der Marine nicht gegeben, sagt Kotanko.

Aber einzelne Personen, die nach Ende des Ersten Weltkriegs und der Monarchie geblieben sind, haben Spuren hinterlassen. Kapitänleutnant Franz Dorfner aus Baden fühlte sich rasch heimisch in Braunau, wurde christlich-sozialer Politiker und wirkte in vielen Vereinen mit.

Korvettenkapitän Robert Preissler unterrichtete Ozeanographie und ging als erster NSDAP-Mandatar des Braunauer Gemeindeausschusses in die Stadtgeschichte ein – die Wahl war 1924. Und der Grazer Kurt Mulli, der das letzte Kriegsjahr in der Marine-Akademie verbracht hatte, erlangte später als Chefchemiker von Hitlers Leibarzt Theodor Morell traurige Bekanntheit. Mulli stellte Sonderanfertigungen eines Aufputschmittels her, das sein Vorgesetzter entwickelt hatte.

Mare Vostrum

Rachbauer, Haidinger, Kotanko vor der ehemaligen "Marine Akademie"   Bild: (mora)

„Mare Vostrum“, weil es „euer Meer“ ist

Der Yachtclub Braunau-Simbach segelt auf den Spuren österreichischer Seefahrt – Projekt dauert fünf Jahre
Gerade waren sie wieder unterwegs, einige Mitglieder des Yachtclubs Braunau-Simbach. Von Pula nach Venedig diesmal. Es ist ein Langzeit- und Mammutprojekt, das sie antreibt: Sich auf die Spuren der österreichischen Seefahrt zu heften, weil es eine Verbindung nach Braunau gibt. Die k.u.k.-Marine-Akademie wurde vom Mittelmeer in die Grenzstadt am Inn verlegt (siehe Artikel oben).

Nicht nur um Schlachten und Militär geht es den Seglern. „Die zivile k.u.k.-Schifffahrt hat aus meiner Sicht die größeren Leistungen vollbracht“, sagt Christian Haidinger, einer der Protagonisten des Projekts und Mitgestalter der Sonderausstellung in Braunau. Mare Vostrum – euer Meer – ist das Motto für die Segler. Ganz sachlich sehen sie das, trauern weder der Monarchie noch der Kriegsmarine nach, betont Haidinger. Filmisch und bildlich werden sie das Erlebte in die Ausstellung einbringen, verknüpft mit Kartenmaterial und historischen Taten, aber auch mit dem aktuellen Flüchtlingsdrama im Mittelmeer. Auf einer Schautafel werden beispielsweise Bilder von der SMS Viribus Unitis, die am 1. November 1918 versenkt wurde, das Dokument der Abdankung Kaiser Karls V. und aktuelle Fotos von Flüchtlingsschiffen im Hafen von Lampedusa zu sehen sein.

Mare Vostrum
Auch in der Kälte gesegelt.    Bild: (YCBS Braunau)

2014 sind Christian Haidinger und seine Freunde vom grenzüberschreitenden Yachtclub erstmals für das Projekt Mare Vostrum gesegelt, 2018 wollen sie es beenden. Sie haben Gedenkstein-Flaschenpost an der Stelle ins Meer geworfen, wo das Passagierschiff Baron Gautsch gesunken ist, das 1914 zu Kriegsausbruch Urlauber evakuieren sollte.

Sie sind im kalten Februar entlang der kroatischen Küste neben dem verschneiten Velebit gesegelt, um ein wenig Klima-Gefühl für die k.u.k.-Polarexpedition der Jahre 1872 bis 1874 zu bekommen. Sie waren in Helgoland auf den Spuren des Kriegs um Schleswig und Holstein unterwegs, in dem 1864 die Österreicher den Preußen zu Hilfe eilten. Und sie haben sich auch an Land auf Spurensuche begeben und sind fündig geworden. Haidinger: „In Rijeka, früher Fiume, gibt es einen Hafenteil, der Punta Lignani heißt, dort wird heute noch Holz verladen.

Beeindruckend war der Marinefriedhof in Pula, und ich habe in einem Antiquariat einen Marine-Almanach aus dem Jahr 1912 gefunden, der auch in der Braunauer Herzogsburg ausgestellt wird.“

Seemannsknoten selber nachmachen, nautische Begriffe spielerisch erlernen, Ausguck durch eine Schiffsluke – auch Erlebnisse werden den Besuchern geboten.

Marine Akademie in Braunau
Die K.u.K Marine-Akademie eröffnete im Jahr 1915   Bild: (Privat)

Sonderausstellung

Sonderausstellung 
 

  • 100 Jahre Marineakademie Braunau am Inn
     
  • „Mare vostrum“ – Auf den Spuren der österreichischen Seefahrt
     
  • Vom 26. Juni bis 26. September
     
  • Bezirksmuseum Herzogsburg Braunau, Altstadt 10
     
  • geöffnet dienstags bis samstags, jeweils 14.30 bis 17 Uhr, im Juli und August auch sonntags von 10 bis 15 Uhr.
     
  • Im Internet: marineakademie-braunau.com
     
  • Dokumente und Exponate, die aus den Jahren 1915 bis 1918 erhalten sind, werden ausgestellt. Es gibt Mitmachstationen und QR-Code-geführte Erkundungstouren zu den Originalgebäuden in der Innenstadt. Unter dem Motto „Mare vostrum“ (euer Meer) führte der Yachtclub Braunau-Simbach mehrere Segeltörns auf den Spuren der österreichischen Seefahrt – der zivilen und militärischen – durch. Mit Filmen und Schautafeln wird darüber bei der Ausstellung informiert.
     
  • Torkaserne und Kaserngasse – diese Bezeichnung gibt es in Braunau bis heute an den relevanten Orten.

 

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