Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Ein Denkmal aus Stahl

Von Alfons Krieglsteiner   07.Mai 2015

  • Als sie am 14. November 1900 freigegeben wurde, galt die Linzer Eisenbahnbrücke als ein Wunderwerk des Brückenbaus. 115 Jahre später deutet vieles darauf hin, dass ihre Tage gezählt sind: 2016 droht ihr der Abriss.

Wenn der Linzer Brückenkonstrukteur Erhard Kargel in seinem Archiv stöbert, kann er angesichts des durch die Politik beabsichtigten Endes der Brücke nur den Kopf schütteln. Für ihn ist sie "ein kulturelles Denkmal, wie es nur wenige in der Landeshauptstadt gibt".

Historisches

Arbeit in der Taucherglocke

1892 hatten Eisenbahnministerium und Stadt Linz zur Entlastung der Nibelungenbrücke einen weiteren Donauübergang für Eisenbahn, Fuhrwerke, Radfahrer und Fußgänger geplant. "Außerdem sollte durch den Bau der Anschluss des Frachtverkehrs der 1889 fertiggestellten Mühlkreisbahn mit dem Linzer Hauptbahnhof hergestellt werden", sagt der Linzer Historiker Roman Sandgruber. Im Juli 1897 begannen Alpine Montangesellschaft, Böhmisch-Mährische Maschinenfabrik und Anton Biró mit den Bauarbeiten. 527.920 Gulden (10 Millionen Euro) kostete das Projekt.

Die Arbeiter mussten dabei Kopf und Kragen riskieren. "Sie wurden in einer Taucherglocke bis zum Grund des Flusses abgesenkt und haben unter Druckluft händisch den Boden bis zur tragfähigen Schicht ausgehoben, während auf der Glocke die Brückenpfeiler aufgemauert wurden", sagt Kargel: "Personen- und Materialtransport erfolgten über Schleusen." Das Tragwerk sei eine Meisterleistung der Ingenieurskunst: Aus materialsparenden Fachwerkfeldern wurde die 400 Meter lange Brücke über den Fluss gespannt. Das Gerüst besteht aus korrosionsgeschütztem Stahl. Doch seit den 1960er-Jahren wurde auf der im Besitz der ÖBB befindlichen Brücke von der Stadt Linz für den Winterbetrieb der Busse zunehmend Salz gestreut. "Dadurch ist der untere Teil verrostet", so Kargel. 15.000 Fahrzeuge passieren sie täglich. Für eine weitere Nutzung muss dieser Bereich saniert werden.

Doch auch der Schutzstatus der Eisenbahnbrücke bröckelt: Der Denkmalschutzbeirat in Wien hat ihn bis 2016 aufgehoben. Bis dahin müsste sie abgerissen werden. Die vom Verein "Rettet die Eisenbahnbrücke" und der überparteilichen Plattform "Eisenbahnbrücke retten" initiierte Bürgerinitiative wollen das verhindern. Am 22. Mai wird der Landesverwaltungsgerichtshof entscheiden, ob die Initiative zulässig ist. "Wenn ja, ist unser Ziel eine Bürgerbefragung", so Kargel. Denn eines sei sicher: "Die Mehrheit der Linzer will sie erhalten."

Nachgefragt

Nachgefragt bei ...

Erhard KargelDer 72-Jährige ist Obmann des Vereins „Rettet die Eisenbahnbrücke“. Der Brückenbau-Experte erhielt 2010 den Landeskulturpreis für Architektur.

Erhard Kargel im Gespräch mit OÖN-Redakteur Erhard Gstöttner
  1. Wem gehört derzeit die Eisenbahnbrücke?

    Soviel ich weiß, stehen immer noch die ÖBB im Grundbuch, auch wenn es heißt, dass sie mittlerweile an die Linz AG übertragen wurde. Die ÖBB haben wegen des nachlassenden Frachtverkehrs und der schwindenden Bedeutung der Mühlkreisbahn aber kein Interesse mehr an der Erhaltung.
  2. Wie könnte die Rettung der Eisenbahnbrücke gelingen?

    Dass sie sanierbar ist, steht fest. Wir wollen sie für Fußgänger und Radfahrer erhalten, als Aussichtsfläche und Schauplatz für Feste und Märkte. Daneben könnte eine zweite, elegante neue Brücke für Schienen- und Straßenverkehr errichtet werden. Die Kosten wären nicht höher, als wenn man sie abrisse. Bei der Einbrückenlösung könnte während der Abriss- und Bauzeit vier Jahre überhaupt kein Verkehr fließen.
  3. Auch die Stadt Linz war zunächst für Sanierung. Warum ist man nun für den Abriss?

    Das kam durch Intervention der ÖBB ins Spiel. Die ÖBB haben die Aufhebung des Denkmalschutzes durchgesetzt. Laut Insidern soll hier sogar Bundeskanzler Faymann mitgewirkt haben.

Das Jahr 1900


Das Jahr 1900
 

  • 20. Juni: Mitglieder der chinesischen Geheimorganisation „Die Boxer“ ermorden in Peking den deutschen Gesandten. Der blutige „Boxeraufstand“ gegen die europäischen Kolonialmächte dauert ein Jahr.
     
  • 2. Juli: Graf Zeppelin unternimmt in Friedrichshafen die erste Versuchsfahrt mit einem lenkbaren Starrluftschiff.
     
  • 29. Juli: Der italienische König Umberto I. wird in Monza von einem Anarchisten erschossen.
     
  • 14. Dezember: Auf einer Sitzung der physikalischen Gesellschaft in Berlin trägt Max Planck seine These vor, dass die elektromagnetische Strahlung in Form kleinster Partikel, der „Quanten“, abgegeben wird. Er begründet damit die Quantentheorie.
copyright  2024
19. April 2024