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Revolution der Stahlkocher

Von Hermann Neumüller, 02. Juni 2015, 00:04 Uhr
Das LD-Verfahren brachte der Voest einen enormen Kostenvorteil

LD-Verfahren: Am 27. November 1952 nahm das erste LD-Stahlwerk in Linz seinen Betrieb auf; dieses revolutionäre Verfahren zur Stahlerzeugung brachte der heimischen Stahlindustrie einen großen Konkurrenzvorteil.

  • LD-Verfahren: Am 27. November 1952 nahm das erste LD-Stahlwerk in Linz seinen Betrieb auf; dieses revolutionäre Verfahren zur Stahlerzeugung brachte der heimischen Stahlindustrie einen großen Konkurrenzvorteil

Revolution der Stahlkocher

Probiert haben es viele. Aber den Linzern ist es erstmals richtig gelungen: Reinen Sauerstoff auf das Roheisen so aufzublasen, dass die Düse für den Sauerstoff dabei nicht schmilzt und trotzdem das Eisen von jenen Stoffen (Kohlenstoff, Phosphor etc.) befreit wird, die darin nichts zu suchen haben.

Dass sich die Linzer an diese Technik heranwagten, hatte damit zu tun, dass man große Roheisenkapazitäten zur Verfügung hatte und man schon 1948 eine Breitbandstraße mit einer Kapazität von 700.000 Tonnen bauen ließ. Dazwischen lag die Rohstahlerzeugung als Flaschenhals. Man war dann auf der Suche nach der besten Methode, aus Roheisen Stahl zu erzeugen.

Der Zufall führte Regie

Im Juni 1949 begann man mit den Blasversuchen, und schon am 25. Juli hatte man Erfolg. Koordiniert wurde das Versuchsprogramm vom technischen Direktor der Voest, Theodor E. Suess. Verantwortlich war der damalige Hüttendirektor Herbert Trenkler, die Qualitätsprüfung übernahm Hubert Hauttmann. Rudolf F. Rinesch führte die Versuche durch.

Das LD-Verfahren verschaffte den Linzern einen erheblichen Vorteil. Bild: voest

Einer der Blasversuche schien besonders gut zu laufen. Hauttmann bemerkte, dass bei diesem Versuch die Lanze, mit der die Düse möglichst nahe an das flüssige Roheisen herangebracht wurde, in etwa 40 Zentimeter Abstand von der Düse ein Loch bekommen hatte. Der Sauerstoff war also mit größerem Abstand oberflächlich auf das Roheisen getroffen. Dennoch war das Ergebnis hervorragend. Man machte einen neuen Versuch mit größerem Düsenabstand und geringerem Druck. Die Resultate überzeugten.

Am 9. Dezember 1949 wurde dann in der Voest der Beschluss gefasst, die notwendige Ausweitung der Rohstahlproduktion nach dem neuen „Linz-Donawitz-Verfahren“ durchzuführen. Das mit zwei 30-Tonnen-Konvertern ausgestattete Stahlwerk nahm am 27. November 1952 als erstes kommerziell arbeitendes LD-Stahlwerk der Welt den Betrieb auf. Die offizielle Eröffnung durch Bundespräsident Theodor Körner fand dann am 5. Jänner 1953 statt.

Das Sauerstoff-Aufblas-Verfahren zur Stahlerzeugung trat danach seinen Siegeszug um die Welt an. Nach wie vor werden rund zwei Drittel des weltweit erzeugten Rohstahls auf diese Weise produziert. Auch der Aufstieg des Industrieanlagenbaues war dem LD-Verfahren zu verdanken. Bei der Errichtung des LD-Stahlwerkes in Rourkela/Indien konnte der aus der „Neubau-Abteilung“ der Voest hervorgegangene Industrieanlagenbau (VAI) erstmals seine Leistungsfähigkeit international beweisen. Während die VAI mittlerweile Primetals Technologies heißt und Siemens und Mitsubishi gehört, ist die voestalpine nach wie vor der Leitbetrieb in Oberösterreich.

Experten-Interview

Johannes Schenk   Bild: (EPA)

Nachgefragt bei Johannes Schenk

Johannes Schenk ist Metallurgie-Professor an der Montan-Universität Leoben.

  1. Man spricht im Zusammenhang mit dem LD-Verfahren von einer Revolution. Zu Recht?


    Ja! Damit wurde die Produktivität in der Stahlerzeugung extrem gesteigert, und gleichzeitig wurden die Kosten gesenkt. Man ist mit dem LD-Verfahren in der Stahlerzeugung in Größenordnungen vorgestoßen, die man davor nicht für möglich gehalten hätte. Bekam man davor mit einem Abstich 30 Tonnen Rohstahl, waren es in einem LD-Konverter plötzlich 350 Tonnen.
  2. Welche Alternativen gibt es bei der Stahlerzeugung?


    Das sind Elektro-Lichtbogenöfen, die mit 100 Prozent Schrott gefahren werden. Damit bekommt man aber nicht die Qualität wie beim LD-Verfahren. Da sind rund 20 Prozent Schrott dabei, aber überwiegend wird Roheisen eingesetzt. Nach wie vor werden rund zwei Drittel der weltweiten Stahlmenge mit dem LD-Verfahren erzeugt.
  3. Wie sieht die Zukunft der Stahlerzeugung aus? Gibt es bald Alternativen zum LD-Verfahren?


    Ein derartiger Technologie-Sprung, wie es das LD-Verfahren damals war, ist momentan nicht in Sicht. Es gibt Überlegungen, die Rohstahlproduktion flexibler zu machen, also je nach Qualitätsbedarf mehr oder weniger Roheisen einzusetzen. Die Roheisenproduktion (in Hochöfen, Anm.) ist teuer. Wir an der Montan-Universität arbeiten daran, direkt aus Erz Stahl zu erzeugen, und zwar mit Wasserstoff. Aber das ist derzeit noch Zukunftsmusik.
Noch heute wird Stahl in Linz mit der LD-Technik erzeugt. Bild: VOLKER WEIHBOLD

 

Das war das Jahr 1952

Die Höhepunkte im Jahr 1952

  • 6. Februar: Nach dem Tod ihres Vaters besteigt Elizabeth II. von England den Thron. Die Krönung erfolgt im Jahr 1953.
     
  • 17. Februar: Trude Jochum-Beiser (Bild unten) wird in Oslo Olympia-Siegerin in der Abfahrt. Zwei Tage später gewinn Othmar Schneider die Goldmedaille im Slalom.
     
  • 2. Mai: Die britische Luftfahrtgesellschaft BOAC verwendet als erstes Unternehmen ein Düsenflugzeug im Linienverkehr. Eine de Havilland DH 106 befliegt die Route London–Johannesburg.
     
  • 23. Juli: Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) tritt in Kraft.
     
  • 1. November: US-amerikanische Kernphysiker zünden auf dem Eniwetok-Atoll im Pazifischen Ozean die erste Wasserstoffbombe.
     
  • 25. Dezember: Ab Weihnachten gibt es in der BRD offizielle Fernsehsendungen.

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