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Der Papst in Oberösterreich

20.Juni 2015

  • Im Juni 1988 blickte die Welt ins Land ob der Enns: Papst Johannes Paul II. kam nach Mauthausen und Enns und fand versöhnliche Worte, mahnte aber auch, das, was in Mauthausen geschehen sei, nicht aus der Geschichte zu löschen.

Papst in OÖ

"Menschen von gestern – und von heute, wenn das System der Vernichtungslager auch heute noch irgendwo in der Welt fortdauert, sage uns, was kann unser Jahrhundert an die nachfolgenden übermitteln? Sage uns, haben wir nicht mit allzu großer Eile deine Hölle vergessen? Löschen wir nicht in unserem Gedächtnis und Bewusstsein die Spuren der alten Verbrechen aus?‘"

Papst Johannes Paul II., 25. Juni 1988, beim Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen

Der zweite Besuch von Papst Johannes Paul II. in Österreich warf einen langen Schatten voraus. Die Causa Waldheim – das Treffen zwischen Papst und dem damaligen Bundespräsidenten wurde vom Jüdischen Weltkongress heftig kritisiert – sowie die umstrittenen Ernennungen von Hans Hermann Groer zum Erzbischof beziehungsweise Kurt Krenn zum Weihbischof von Wien lösten Protest aus. Mit rund 80.000 Besuchern blieb auch der Gottesdienst in Trausdorf (Burgenland) am 23. Juni weit unter den Erwartungen zurück – mehr als die Hälfte der Besucher stammte zudem aus Ungarn.

Beim Gottesdienst am 25. Juni in Enns-Lorch ging der Papst auf diese kritischen Stimmen ein, warnte vor "aggressiver Kritik an der Kirche und der erbitterten Konfrontation unter den Christen selbst". Johannes Paul II. zeigte sich bei der Messe mit knapp 80.000 Menschen offen und ging mitten unter die Leute. Zuvor war bereits eine Frau an allen Sicherheitsvorkehrungen vorbeigekommen und kniet sich vor dem Papst nieder. Danach ging der Papst zu Fuß in die Lorcher Basilika. Es war der letzte Tag, den er in Oberösterreich verbrachte.

Mit Hubschrauber eingeflogen

Doch schon tags zuvor blickte die Weltpresse und mit ihr Millionen Menschen ins Land ob der Enns – und zwar nach Mauthausen, ins ehemalige Konzentrationslager. In das der Papst im ersten von zehn Hubschraubern eingeflogen wurde – mit einer rund halbstündigen Verspätung landete er am Abend in Mauthausen. "Das war alles sehr beeindruckend", sagt Alfred Hochedlinger aus Mauthausen, der damals im Chor gesungen hat. "Und die Sicherheitsmaßnahmen waren enorm. Jeder bekam einen Ausweis mit Bild."

"Dem Papst war der Besuch ein großes Bedürfnis", weiß Johann Hollweger, damals Mitglied der liturgischen Kommission und des Organisationsteams. Denn schon als Karol Wojtyla war der Papst hier gewesen, an jenem Ort des Verbrechens, an dem so viele Menschen zu Tode gequält worden waren – unter ihnen auch einige seiner Professoren aus Krakau.

Vor der Lagerkapelle hielt der Papst dann eine sehr persönliche Ansprache, in der seine Erschütterung über das Geschehene klar zum Ausdruck kam und in der er auch mahnte, nichts aus der Geschichte zu löschen.

Unter den Besuchern waren nicht nur höchste Politiker, auch Überlebende und Franziska Jägerstätter, Witwe von Franz Jägerstätter. Begleitet von Presse und der Delegation ging der Papst auch zur Todesstiege und hielt beim Denkmal der verstorbenen Polen inne. (wm)

 

Papstbesuche in Österreich

Päpste in Österreich

Drei Päpste waren insgesamt fünfmal in Österreich, dreimal davon Papst Johannes Paul II. Die Papstbesuche im Detail:

  • 1782: Pius VI.
    Nach dem Tod Maria Theresias will Josef II. die Übermacht der katholischen Kirche eindämmen: Papst Pius VI. kommt nach Wien. Unverrichteter Dinge reiste er via St. Pölten, Melk, St. Florian, Enns, Wels, Lambach nach Bayern weiter.
  • 1983, 1988, 1998: Johannes Paul II.
    Drei Mal war Karol Wojtyla in Österreich. Erstmals reiste er für eine „Europavesper“ auf dem Heldenplatz nach Wien. 1988 war er unter anderem in Mauthausen und Lorch. Zehn Jahre später kam er wegen einer Seligsprechung erneut.
  • 2007: Benedikt XVI.
    Zu einem Staats- und Pilgerbesuch aus Anlass des 850. Jahrestags der Gründung von Mariazell kam er 2007 nach Österreich. Zu Oberösterreich hat Kardinal Ratzinger eine enge Verbindung, er verbrachte Urlaube im Petrinum in Linz.

 

Nachgefragt bei...Silvia Schneider

Silvia Schneider
Silvia Schneider

Nachgefragt bei...

Silvia Schneider hat polnische Wurzeln, studierte Jus an der JKU, ist ausgebildete Schauspielerin sowie Puls4-Moderatorin. Was wenige wissen: 1988 begrüßte sie den Papst in Mauthausen.

  1. OÖN: Wie gut erinnern Sie sich noch an ihre Begegnung mit Johannes Paul II.?

    Schneider: Ganz genau sogar. Das war ein großes Erlebnis für mich. Durch meine Mutter waren wir im polnischen Klub, und als der Papst kam, der ja selbst Pole war, wurden zwei Kinder ausgesucht: Ich und Matthias Beham. Wir sagten ein Gedicht auf, überreichten Blumen, dann hat uns der Papst gesegnet und uns einen Rosenkranz geschenkt. Der wird immer noch in Ehren gehalten.
  2. Können Sie sich an das Gedicht noch erinnern?

    Nein. Es war eine polnische Begrüßung. Für uns war es sehr aufregend. Klar, dass wir auch Lampenfieber hatten. Dann gab es noch kurz Aufregung, ob wir es dann wirklich beim Papstbesuch aufsagen würden ...
  3. Das mit dem Lampenfieber hat sich mittlerweile gelegt, oder?

    Ganz darf man das nie ablegen, aber freilich, es ist reduziert ... und nicht mehr so schlimm wie als Kind.
  4. Was hat für Sie diesen Papst so besonders gemacht?

    Natürlich auch, dass er Pole war. Dort hängen immer noch überall Papstbilder. Aber er hatte eine besondere Aura, war der erste, der auch angreifbar war. Und er hatte auch die Güte, seinem Attentäter zu vergeben.
  5. Waren Sie später wieder einmal in Mauthausen?

    Ich war mit der Schule dort und auch mit vielen Gästen. Aber ich war auch in Auschwitz. Es laufen zwar gerade heuer viele Dokumentationen im Fernsehen, aber es ist etwas anderes, wenn man wirklich dort ist. Das Ausmaß kann man im Fernsehen gar nicht wahrnehmen. Darum ist es auch enorm wichtig, dass man das den Jugendlichen weitergibt.
  6. Sind Sie gläubig?

    Ja. Nicht alles, was in der Kirche passiert, ist gut, aber seinen Glauben muss jeder mit sich selbst ausmachen. Mit seinem Gott. (wm)

    Silvia Schneider begrüßt Papst Johannes Paul II
    Silvia Schneider begrüßte 1988 den Papst in Mauthausen.

 

Juni 1988

Was noch im Monat Juni des Jahres 1988 geschah, haben wir hier für Sie recherchiert.

  • 3. Juni: Nach der 0:2-Niederlage im Aufstiegsspiel gegen Vorwärts Steyr ist SK-Voest-Präsident Franz Ruhaltinger zornig: „Die Mannschaft kann bestenfalls tempelhupfen.“ Die Tore schossen Daniel Madlener und Olge Blochin.
  • 10. Juni: Die EAV zieht vor Gericht, berichten die OÖN. Grund: Weil der Bayerische Rundfunk ihr Anti-Atomkraftlied „Burli“ mit einem Sendeverbot belegt hat.
  • 20. Juni: „Holland: So schnell kommt Österreich nicht zur EG“, titeln die OÖN. Die holländische Regierung sprach sich damit auch grundsätzlich gegen eine baldige Erweiterung aus.
  • 25. Juni: Holland schlägt im Finale der Europameisterschaft in München die UdSSR mit 2:0. Torschützen: Ruud Gullit und Marco van Basten.
  • 29. Juni: Mit scharfen Angriffen auf seine Reformgegner eröffnete Kremlchef Michail Gorbatschow den großen „Allunionskongress“ der KPdSU.
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29. März 2024