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Das Ende der Sowjetunion

Von Heidi Riepl, 18. August 2015, 00:04 Uhr
Augustputsch
Vom Panzer aus rief Jelzin zum Widerstand und mobilisierte die Massen. Bild: (rt/epa)

Augustputsch: Drei Tage lang hielt die Welt den Atem an und blickte mit Sorge nach Moskau – der letzte Sowjetpräsident Gorbatschow wurde festgehalten, doch Russland-Präsident Boris Jelzin rief zum Widerstand auf.

  • Augustputsch: Drei Tage lang hielt die Welt den Atem an und blickte mit Sorge nach Moskau
  • Der letzte Sowjetpräsident Gorbatschow wurde festgehalten
  • Russland-Präsident Boris Jelzin rief zum Widerstand auf

Das Ende der Sowjetunion

Es war der Anfang vom Ende der Sowjetunion: Am 19. August 1991 um drei Uhr früh stellten Militär und Geheimdienst KGB den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow in seiner Urlaubsdatscha auf der Krim unter Hausarrest. Wenige Stunden später rollten Panzer durch Moskau. Ein selbst ernanntes „Staatskomitee für den Ausnahmezustand“ erklärte Gorbatschow „aus gesundheitlichen Gründen“ für abgesetzt.

In jenen Augusttagen bäumte sich der Machtapparat der Sowjetunion ein letztes Mal auf. Jahrelang hatten die Reformgegner verärgert zugesehen, wie Gorbatschow mit Perestroika und Glasnost den Staat reformierte. Doch dem Vizepräsidenten Gennadi Janajew zitterten die Hände, als er sich während des Putsches der Weltöffentlichkeit als neuer Machthaber präsentieren wollte. Die Nervosität war berechtigt. Denn die Putschisten saßen alles andere als fest im Sattel.

Der russische Präsident Boris Jelzin organisierte den Widerstand. Obwohl längst ein Gegenspieler Gorbatschows, nützte er seine Chance, sich als Retter des Sowjet-Präsidenten zu profilieren. Von einem Panzer herab rief Jelzin in einer flammenden Rede zum Generalstreik auf und mobilisierte die Massen.

In Moskau fuhren die Panzer auf.   Bild: (EPA)

 

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OÖN vom 20.August 1991
150 Jahre

OÖN-Berichte vom 20. und 21. August 1991

So berichteten die OÖNachrichten im Sommer 1991 über den Augustputsch.

 

Als in der Nacht zum 21. August einzelne Panzer auf das Moskauer Parlament vorrückten, wurden drei junge Demonstranten getötet. Doch der gefürchtete große Sturm blieb aus, weil Teile der Armee den Putschisten den Gehorsam verweigerten. Bereits am Abend des 21. August 1991 gaben die Putschisten auf und wurden verhaftet. Innenminister Pugo beging sogar Selbstmord. Gorbatschow kehrte als freier, aber geschlagener Mann nach Moskau zurück. Jelzin hingegen wurde als neuer russischer Volksheld gefeiert. „Russland rettete die Demokratie, rettete die Union, rettete die Welt!“, rief Jelzin stolz bei der großen Siegesfeier.

Gorbatschow war in seinen letzten Tagen an der Macht nur noch der Konkursverwalter der UdSSR. Die Sowjetrepubliken wollten seinem Vorschlag einer neuen Union nicht mehr folgen. Reihenweise erklärten sie in den Tagen nach dem Putsch ihre Unabhängigkeit. Im Dezember 1991 wurde die einstige Großmacht UdSSR endgültig aufgelöst. Gorbatschow, der sich bis heute mit seiner Stiftung für den Weltfrieden einsetzt, hatte 1990 den Friedensnobelpreis erhalten. Der inzwischen 84-Jährige ist immer noch gern gesehener und teuer bezahlter Gast für Vorträge.

Auf dem einst energiegeladenen Jelzin haftet hingegen das Etikett des Versagers. Dass seine Reformen zum Chaos führten und er seine letzten Regierungsjahre hauptsächlich dem Alkohol widmete, haben ihm die Russen nie verziehen. Nach mehreren Herzinfarkten starb der Ex-Präsident am 23. April 2007.

Jelzin rettete Gorbatschow (li.).   Bild: (Reuters)

Original Korrespondenten-Bericht aus 1991

"Gorbatschows Unionsvertrag kommt zu spät"

OÖNachrichten-Korrespondentin Elfie Siegl war berichteten in den Tagen des Augustputsch im Jahr 1991 aus Moskau. Lesen Sie hier Ihre Analyse wenige Tage vor dem "Anfang vom Ende" der Sowjetunion, den die OÖN am 17. August 1001 unter dem Titel "Gorbatschows Unionsvertrag kommt zu spät" abdruckten. 

Am 20. August soll die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) zur Union der Sowjetischen Souveränen Republiken (UdSSR) werden. Der alte Unionsvertrag von 1922 wird durch den neuen von 1991 abgelöst. Der Totalitarismus von damals, symbolisiert durch das böse Wort vom Völkerkerker UdSSR, soll endgültig begraben und durch einen Rechtsstaat, in dem alle Völker gleich und alle Republiken staatlich souverän sind, ersetzt werden. Doch ob der neue Unionsvertrag, den als erste Rußland, Kasachstan und Usbekistan feierlich unterzeichnen, den Vielvölkerstaat UdSSR, der längst schon einem Fleckerlteppich mit erheblichen Löchern gleicht, zusammenhalten kann, ist fraglich.

Denn der Vertrag hat erhebliche Mängel. Er kommt mindestens zwei Jahre zu spät. 1989 schon haben, als Folge der ersten blutigen Nationalitätenkonflikte in Berg-Karabach, vor allem die Esten, Letten und Litauer auf dem ersten Volksdeputiertenkongreß der UdSSR nachhaltig einen neuen Unionsvertrag und damit eine Neuregelung der Beziehungen zwischen Zentrum und Republiken gefordert. Sie wurden von Gorbatschow nicht zuletzt deshalb nicht gehört, weil sie aus der UdSSR eine Konföderation, einen Staatenbund, machen wollten und damit die Macht der KPdSU und des Kreml zu unterhöhlen drohten.

Ablehnungsfront gegen den Vertrag

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OÖN-Bericht vom 17. August 1991

"Gorbatschows Koalitionsvertrag kommt zu spät", titelte Elfie Siegl, OÖN-Korrespondentin aus Moskau am 17. August 1991.

Inzwischen sind die Balten politisch aus der UdSSR ausgetreten, ökonomisch blieben sie notgedrungen in den Sowjetmarkt integriert. Sie werden, wie auch Georgien, Moldawien und wahrscheinlich Armenien und einige autonome Republiken wie etwa die der Tschetschenen- Inguschen, den Vertrag nicht unterzeichnen.

Der armenische Parlamentspräsident Ter-Petrosjan ist vor allem gegen den Unionsvertrag, weil der richtige Zeitpunkt dafür in der Vergangenheit verpaßt wurde und die heutige Sowjetgesellschaft mit ihren Krisen auf allen Gebieten des Lebens für einen solchen Vertrag nicht reif ist. Deshalb schlug der Armenier vor, den Unionsvertrag auf unbestimmte Zukunft zu vertagen. Wahrscheinlich hat er recht.

Denn auch wenn plangemäß nach den Russen, Kasachen und Usbeken dann im September die Weißrussen und Tadschiken und im Oktober die Ukrainer, Turkmenen, Kirgisen und Aserbeidschaner den neuen Vertrag unterzeichnen, so bedeutet das keinesfalls eine Garantie für den künftigen Zusammenhalt der UdSSR. Der Vertrag, entscheidend das Werk Gorbatschows, scheint Makulatur, bevor er noch zum Dokument geworden ist.

Er gibt etwa keine Garantie für das, was einen Staat ausmacht: für den künftigen Staatshaushalt, damit verbunden das einheitliche Steuersystem, die einheitliche Währung und Geldpolitik, das zentrale Bankwesen. Die Republiken sind in diesen Grundsatzfragen in sich, untereinander und mit dem Zentrum heillos zerstritten.

Dieser Streit hätte vermieden werden können, wenn Gorbatschow mit den Republiken statt des politischen Unionsvertrages als erstes eine Wirtschaftsunion erarbeitet hätte. Dann hätte er nicht nur acht oder neun, sondern wahrscheinlich alle 15 Republiken auf seiner Seite gehabt. Eine Wirtschaftsunion aber wäre ohne radikale Wirtschaftsreformen nicht möglich.

Doch die UdSSR scheut bis heute davor zurück, die Einführung des freien Marktes zu erlauben und konkret in Angriffzu nehmen. Die Devise der Ryschkow-Regierung, so zu handeln, daß es morgen nicht schlechter wird, statt heute einen schmerzhaften Schnitt zu wagen, damit das Leben der Menschen morgen leichter wird, wurde von Premier Pawlow übernommen. Statt die Brücken hinter sich abzureißen und den Neuanfang zu wagen, handelte Pawlow vorsichtig und inkonsequent. So führte er vor Monaten eine Teil-Währungsreform durch ohne Preiserhöhungen und ausreichendem Warenangebot. Der russische Ludwig Erhard, von vielen herbeigesehnt, steht noch aus. Vielleicht hätte er, sollte Pawlow den Hut nehmen, keine Chance mehr, das Riesenland zu sanieren. Denn die Wirtschaft verfällt in gleichem Maße wie die Nationalstaatlichkeit der UdSSR.

Geringe Wahlchancen für Gorbatschow

So mancher in Moskau argwöhnt, daß Gorbatschow mit seinem neuen Unionsvertrag lediglich dem westlichen Ausland Sand in die Augen streuen und zu weiterer Hilfe für die UdSSR motivieren will, den Vertrag für die innere Entwicklung der UdSSR jedoch nicht ernstnimmt.

Dafür sprechen zwei Umstände: Es bleibt ungesagt, was mit den Republiken geschieht, die den Vertrag nicht unterschreiben, sich damit politisch nicht mehr dem Zentrum unterordnen oder gar aus der UdSSR austreten wollen. Und zweitens: Sollten die Absichtserklärungen des Vertrages in die Realität umgesetzt werden, so stünde in absehbarer Zeit die direkte und geheime Wahl des Präsidenten der UdSSR durch das Volk an. Gorbatschow hat heute wenig Chancen, diese Wahl zu gewinnen. Das weiß er selbst nur zu gut. Schon allein deshalb könnte er, vorausgesetzt, er ist nicht amtsmüde, kaum Interesse daran haben, daß der neue Unionsvertrag ein Erfolg wird.

 

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3  Kommentare
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penunce (9.674 Kommentare)
am 18.08.2015 08:09

Die Sowjetunion ist in der derzeitigen Form nicht mit damals zu vergleichen. Putin ist kein Kommunist wie ehemals, er hat Russland komplett gewandelt und wird von der Bevölkerung komplett akzeptiert, nur ganz wenige sehen das anders in Russland!
Woher weiß ich das? Ich habe Geschäftsfreunde in Moskau und auch in Orel und bin öfters in beiden Städten.

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pepone (60.622 Kommentare)
am 18.08.2015 13:29

penunce .

ich teile deine Meinung .. zwinkern

eigentlich ist es dem " dauerbsuff " Jelzin zu verdanken dass er Putin, leider zu spät , eingesetzt hat und nicht länger geblieben ist !
Wäre Putin früher an die Regierung gekommen hätte es wesentlich weniger Ausbeutung durch NEU Oligarchen gegeben ... so glaube ich ...

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helterskelter (1.759 Kommentare)
am 18.08.2015 17:26

Die Sowjetunion ist in der derzeitigen Form nicht mit damals zu vergleichen.
Warum "die Sowjetunion in der derzeitigen Form"?
Nach der Vernichtung von Lebensmittel hat man gemerkt, dass es sehr wohl bei Gelegenheit sofort genügend "Putin-Gegner" gibt.
Wenn es trotz Druck und Angstmache Proteste gegen Putin gibt, dann kann man sich vorstellen, was die Leute wirklich denken.

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