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Das Salzkammergut setzt sich mit Licht und Lärm gegen den Winter zur Wehr

Von Edmund Brandner, 04. Jänner 2019, 00:04 Uhr
Das Salzkammergut setzt sich mit Licht und Lärm gegen den Winter zur Wehr
In Ebensee, der unangefochtenen Hauptstadt des Glöcklerlaufs, sind Samstagabend mehrere Hundert Glöcklerläufer unterwegs. Bild: Marion Hörmandinger

EBENSEE. Am Oberlauf der Traun sind in der letzten Raunacht wieder die Glöckler unterwegs

Wer einmal im Leben eine enterische Winternacht erleben möchte, sollte morgen nach Einbruch der Finsternis in Ebensee sein. Pünktlich um 18 Uhr gehen am Südufer des Traunsees die Straßenlaternen aus. Und dann nähern sie sich langsam von allen Seiten. Zuerst kaum hörbar und am Ende infernalisch laut: archaische Glöcklerpassen mit riesigen, leuchtenden Kappen und wuchtigen Kuhglocken am Rücken. Die rund 300 Teilnehmer laufen Kreise, Achter und Spiralen und verwandeln mit Licht und Lärm das Ortszentrum in einen pulsierenden Hexenkessel.

Das Glöcklerbrauchtum erfreut sich im Salzkammergut seit Jahren zunehmender Beliebtheit. In immer mehr Orten bilden sich Passen. Doch die unangefochtene Glöcklerhochburg ist Ebensee. Nirgendwo wird der Glöcklerlauf mit mehr Inbrunst betrieben, nirgendwo ist er beeindruckender als am Fuß des Feuerkogels.

Hunderte von Arbeitsstunden

Wobei für die Teilnehmer der Glöcklerlauf viel mehr ist als eine Nacht auf den Beinen. Sie arbeiten monatelang an ihren kunstvollen, bis zu 15 Kilogramm schweren Kappen, und jede Pass hat ihre charakteristischen Formen und Motive. Hunderte von Arbeitsstunden sind notwendig, um Bilder zu entwerfen, sie aus Tonpapier zu stanzen und mit Seidenpapier zu hinterkleben. Kein Bild darf dabei ein zweites Mal verwendet werden. Die traditionelle Form der Kappen gibt ein Holzgerüst vor. Am häufigsten sieht man Sturmhut, Fünf- und Siebenzack, aber auch richtige Miniaturgebäude werden mitunter durch die Winternacht getragen.

Der Ursprung des Glöcklerlaufs verliert sich wie so oft bei Bräuchen in der Vergangenheit. In seiner gegenwärtigen Form dürfte er Mitte des 19. Jahrhunderts in Ebensee entstanden sein. Schon kurze Zeit später sind Läufe aber auch in Bad Ischl und Gmunden dokumentiert. Und tatsächlich werden auch in manchen Schweizer Alpentälern Lichterkappen durch Winternächte gewuchtet. Nicht nur das Salzkammergut setzt sich mit Licht und Lärm gegen die Wintergeister zur Wehr.

Wer sich morgen im Schneetreiben nach Ebensee durchkämpft, sollte nach dem Glöcklerlauf übrigens nicht gleich wieder heimfahren. Die Passen trudeln am Ende nach und nach in ihren Stammwirtshäusern ein. Die echten Höhepunkte der Nacht sind Gerüchten zufolge dort zu erleben.

Metropole der Glöckler

Der Glöcklerlauf beginnt in Ebensee am Samstag, 18 Uhr, mit einem Böllerschuss. Die Passen laufen dann aus allen Richtungen zum Rathaus und sind dann im Ort unterwegs, bevor sich das Geschehen in die Wirtshäuser verlagert. Bereits von 10 bis 17 Uhr werden die Glöcklerkappen im Rathaussaal ausgestellt.

 

3 Fragen an...
Bild: Marion Hörmandinger

3 Fragen an Max Höllmoser

Der 61-jährige Tischler aus Ebensee ist seit 49 Jahren Glöckler und Chef der beiden Passen „Alt-Kohlstatt“ und „Neu-Kohlstatt“.

Worin liegen die Wurzeln des Glöcklerlaufs im Salzkammergut?

Ganz genau kann man das bei Bräuchen nie sagen, aber letztlich ging es um die Vertreibung des Winters. Oder um die Vertreibung der Wintergeister, die im Salzkammergut „Wilde Gjaid“ heißen. Die Bauern freuten sich früher auch, wenn die Glöckler über ihre Wiesen und Felder liefen, weil sie sich daraus mehr Fruchtbarkeit erhofften. Der Glöcklerlauf in seiner heutigen Form entstand um das Jahr 1850 in Ebensee. Vorher gab es ihn auch an anderen Orten schon, nur sahen die Läufe ganz anders aus.

Sie sind seit 49 Jahren dabei. Was fasziniert Sie so an diesem Brauch?

Der Rummel im Ortskern am Abend des 5. Jänner ist für mich gar nicht das Schönste. Viel mehr gefällt es mir, wenn wir danach durch die stillen Seitengassen und über das Land laufen. Wenn du mit der leuchtenden Kappe durch die Finsternis läufst, das hat schon was. Und ich genieße auch die Vorbereitungsarbeit. Das sind viele schöne Stunden.

Hat der Glöcklerlauf Zukunft? Interessiert sich die Ebenseer Jugend dafür?

Der Ebenseer Glöcklerlauf ist einer der wenigen Bräuche, der sich um den Nachwuchs wirklich keine Sorgen machen muss. Die Jungen drängen nach, schon die Kinder wollen unbedingt ihre eigenen Kappen bauen und mitlaufen. Wir hatten einen Fall, da bettelte ein Dreijähriger so lange, bis ihn der Vater mitmachen ließ. Natürlich haben wir auf den Buben dann besonders gut aufgepasst.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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siebenkant (1.837 Kommentare)
am 04.01.2019 15:38

Der Kulturtourismus stört mich ein wenig, manches wird so vermarktet und gerät zum Megaevent mit Massen, dann geht der Sinn verloren.
Viele regionale Bräuche sind gar nicht registriert als Kulturerbe, weil niemand es anmeldet.

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HerrVOLVO (2.330 Kommentare)
am 04.01.2019 12:07

Brandner, sie treiben mir die Tränen in die Augen.
Der größte Teil stimmt ja, aber "... dann im Wirtshaus..." ???
Das betrifft doch nur die Passen an sich.
Durch diese Art von Beschreibung kommen dann Auswärtige unter falschen Vorstellungen nach Ebensee - und was das für Auswirkungen hat, wissen wir vom Fasching etc...

Also, schreiben sie bitte die Wahrheit und lassens den Akteuren und Einheimischen ihre Ruhe. Denn ein Publikum das nur kurz schaut dafür aber den Schwerpunkt auf "gastronomische Erlebnisse" richtet braucht niemand.

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