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Wie man germanischer Drachentöter wird

Von Peter Grubmüller   18.November 2019

Vermutlich hat das Landestheater aufs Neue im deutsch-österreichischen Kulturslalom eingefädelt und kommt deshalb mit seiner "Junges Theater"-Produktion "Ich bin nicht Siegfried" ramponiert ins Ziel. Das Nibelungenlied, das der deutsche Dramaturg Jürgen Flügge in diesem Stück kindgerecht eingedampft hat, ist das deutsche Nationalepos, in dem einander Mörder, Verräter und willfährige Treuediener auf den Füßen stehen. Das bedeutet nicht, dass diese Untiefen der Menschheit mit österreichischer Geschichte nichts zu tun hätten, aber im heimischen Erzählungskanon ist die Sage – wenn überhaupt – nur lose verankert. Internationale Aufmerksamkeit erfuhr das knöcheltiefe Waten im Germanenblut mit Wagners Opern. Aber nicht einmal die können bei Achtjährigen als durchdiskutiert angenommen werden. Die engagierte "Junges Theater"-Chefin Nele Neitzke aus Hannover könnte sich also bei der Stückauswahl vertan haben.

"Wer is’n da Siegfried?", fragte ein Kind auf dem Weg zur Studiobühnen-Premiere am Samstag. Und dann erzählte die Mutter Fragmente jener Geschichte, die Regisseurin Leila Müller in die fein verwandelbare Bühne von Seraina Keller gebastelt hatte.

Julia Carina Wachsmann rackert sich in dem Einpersonenstück als herzige Jo ab, indem sie in Abwesenheit ihres Onkels Marco, des einst großen Siegfried-Darstellers, einen Flohmarkstand hütet. Im Galopp der Fantasie spielt sie die Siegfried-Geschichte vom verwöhnten Fürstenbengel bis zum tollkühnen Drachentöter samt Verwirrungen mit Walküren und Hagen-Gfrast durch. Ein Bartwisch ist ein witziger Männerschnauzer, und der Flohmarkstand liegt irgendwann als Drache da.

Das ist alles einnehmend gespielt und beherzt ausgetüftelt, begründet als Schauspiel aber selten, warum diese Bilder dringender wären als jene, die beim Vorlesen entstehen. Nur für den Fall, dass wieder ein Kind nach Siegfried fragt.

Fazit: Heldenhaft gespielt, trotzdem eine lange Stunde "Siegfried".

"Ich bin nicht Siegfried", ein Nibelungenlied von Jürgen Flügge (für alle ab 8), Premiere: 16. 11.; Termine: bis 12. März.

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29. März 2024