Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Wie ein Schwarzfahrer in der Katastrophe ankommt

Von Peter Grubmüller, 28. Jänner 2019, 00:04 Uhr
Wie ein Schwarzfahrer in der Katastrophe ankommt
Der dritte Krimi von Franzobel ist ab heute im Handel erhältlich. Bild: Skiba

Literatur: Franzobels "Rechtswalzer" erwägt im Jahr 2024, dass die türkis-blaue Regierung erst der Anfang gewesen sein könnte.

Der Rechtswalzer ist die höhere Schule jener heimischen Tanzseligkeit, in deren Rhythmus Ballgäste den Alltag vergessen, weil sie auf die Schrittfolge konzentriert sind. Der oberösterreichische Schriftsteller Franzobel verfolgt in seinem heute erscheinenden Kriminalroman "Rechtswalzer" das Gegenteil: Die Alarmsignale des Alltags haben ihn zu dystopischen Aussichten angespornt, zu welchen Auswüchsen Überwachung und Kollektiv-Verdacht bis zum Jahr 2024 gedeihen könnten. Das Verheerende an diesem mit leichter Hand und spitzem Humor geschriebenen Roman ist, dass dem Leser nichts davon wie haarsträubend aus der Luft gegriffen vorkommt.

"Ausgeschissen"

Wir lernen Malte Dinger kennen, einen Barbesitzer mit erlesenem Gin-Angebot. Dinger hat eine Frau, die er nach vielen Ehejahren aufrichtig liebt – und Calvin, seinen Sohn. Ihn bringt Malte an einem seiner vielen glücklichen Tage zur Schule, als das Schicksal eine metaphysische Falltür öffnet: An der Wiener U-Bahn-Station Karlsplatz entdeckt Malte ein verloren gegangenes Handy, das in seine Überlegung, wo er es abgeben könnte, hineinklingelt. "Hör zu, Arschloch", sagte die Stimme aus dem Handy, "jetzt ist es aus mit deinem Glück... Du hast ausgeschissen in der Welt!"

Keine halbe Stunde später wird Malte von zwei Sicherheitskräften beim Schwarzfahren erwischt, es kommt zur Rangelei, einem Polizisten schlägt er irrtümlich einen Zahn aus, und schon geht es ab ins Gefängnis. Mit der neuen Führung der Partei Limes, die nach dem Scheitern der türkis-blauen Regierung an die Macht kam, wird nicht mehr verhandelt. Limes sei weder links noch rechts, sondern bloß antiislamistisch. Die Partei steuere nichts anderes als die Sicherung des Wohlstandes an, was nur durch die Errichtung einer Diktatur zu schaffen sei. Illegalen wird nachgejagt, es wird auf sie geschossen – und illegal ist auch, wer sich kritisch mit Limes beschäftigt.

Es sterben Frauenversteher und Lobbyisten (es muss Tote geben, es ist ein Krimi). Aus der abgründigen Justizanstalt Josefstadt wälzt sich Franzobels vor einem Jahr beim Verlag abgegebener Text in Richtung Opernball, um dort in einem krachenden Finale zu implodieren. Und der Leser stellt sich die seit 1938 immergrüne Frage: Was hätte ich getan?

Franzobels "Rechtswalzer" ist schmerzhafte Selbstreflexion, rasanter Page-Turner und feine Satire, die man zu gerne für eine Posse halten möchte.

Franzobel: "Rechtswalzer", Kriminalroman, Zsolnay Verlag, 416 Seiten, 19,60 Euro.

OÖN Bewertung:

 

mehr aus Kultur

"Salzburger Nachrichten"-Eigentümer Max Dasch gestorben

"Amsterdam-Krimi" über Drogen, Giftmüll und Social Washing (heute Donnerstag, ARD, 20.15 Uhr)

Erfrischendes Chaos aus "Rhythmus und Rausch" bei den Tanztagen in Linz

Theaterstück "Malala": Eine packende Stunde über den Wert der Bildung

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

11  Kommentare
11  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
rudolfa.j. (3.611 Kommentare)
am 28.01.2019 14:46

"Künstler"sind grundsätzlich links

lädt ...
melden
mynachrichten1 (15.433 Kommentare)
am 28.01.2019 20:10

bist Du gescheit, sensationell!

lädt ...
melden
spoe (13.496 Kommentare)
am 28.01.2019 12:09

Weltuntergangsszenarien gegen rechts liegen bei den Kunst- und Kulturschaffenden voll im Trend.

lädt ...
melden
Puccini (9.519 Kommentare)
am 28.01.2019 12:47

Solche Untergangsszenarien sind leider sehr realistisch.
Mit einer türkis-blauen FPÖ wirds nicht mehr lange dauern.
Sie Pilz, der dem Kickl vorwirft, eine blaue Stasi zu bilden.
Was folgt?
SA, SS?

lädt ...
melden
xerMandi (2.161 Kommentare)
am 28.01.2019 10:34

Ich denke, anstatt mir dieses Buch zu geben, lese ich lieber Michel Houellebecqs "Unterwerfung". Mein Eindruck ist, letzterer hat die wahren Bedrohungen unserer Gesellschaft besser erkannt als der in typischer linker Künstler-Weltanschauung verhaftete Franzobel.
https://www.amazon.de/Unterwerfung-Roman-Michel-Houellebecq/dp/3832197958

lädt ...
melden
Rufi (4.739 Kommentare)
am 28.01.2019 11:24

Ich denke, wenn ich einmal so verklemmt bin, spreche ich mit dem Notar.

lädt ...
melden
xerMandi (2.161 Kommentare)
am 28.01.2019 11:57

Was wollen Sie denn mit dem Notar besprechen?

lädt ...
melden
Rufi (4.739 Kommentare)
am 28.01.2019 12:16

Das Testament?

lädt ...
melden
Puccini (9.519 Kommentare)
am 28.01.2019 12:01

Hat mir nicht gefallen. Zu oberflächlich.

lädt ...
melden
amha (11.322 Kommentare)
am 28.01.2019 12:03

nicht verstanden?

lädt ...
melden
Puccini (9.519 Kommentare)
am 28.01.2019 12:40

Kleiner, bisher habe ich noch alle Houellebecq verstanden. Die Islamistensuppe war mir leider zu dünn.

lädt ...
melden
Aktuelle Meldungen