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Wenn der "Leonardo von Linz" den Pinsel schwingt

Von Herbert Schorn   06.Juli 2020

Als in der Tabakfabrik noch Zigaretten hergestellt wurden, hatte die Lösehalle eine wichtige Funktion: Hier mussten die Arbeiterinnen die Tabakblätter von den Pflanzen lösen, um sie später verarbeiten zu können. Beim Eintritt begrüßte sie ein Wandgemälde von Herbert Dimmel aus dem Jahr 1935, das die moderne Fabrik, den Linzer Hauptplatz und ein riesiges Trachtenpaar zeigte – wie ein Werbeplakat der damaligen Zeit.

Heute, 85 Jahre später, hat sich die Tabakfabrik gewandelt. Nun sind Start-Ups, kreative Firmen und die Kunst-Uni eingezogen. Und in der 1600 Quadratmeter großen Lösehalle finden Messen, Kongresse und Konzerte statt. Genau hier will der künstlerische Leiter der Tabakfabrik, Chris Müller, einen Raum für die aktuelle Kunst schaffen und gab zwei Wandgemälde in Auftrag, die Dimmels Tradition fortsetzen.

Daran arbeitet seit 9. Juni der Linzer Künstler Robert Oltay. Das erste der beiden insgesamt 60 Quadratmeter großen Seccomalereien (die also auf den trockenen Putz aufgetragen werden) soll noch diese Woche fertig werden. Darin zeigt Oltay ein Abbild des Jahres 2020, die Tabakfabrik, Bildschirme mit Börsenkursen, eine Technikerin. Auch Corona ist präsent, zum Beispiel mit einer Figur mit offener Lunge. Im Gegensatz zu Dimmels statischem Bild in braun, grün und blau wirkt Oltays Malerei luftig, leicht und bunt. "Ich will zeigen, in welch spannender Zeit wir leben", sagt der 59-Jährige. Gleichzeitig möchte er zum Nachdenken anregen: "Die Menschen glauben, sich die Welt untertan machen zu können. Fälle wie Corona zeigen, dass sie uns immer wieder entgleitet." Das zweite Bild wird eine Zukunftsvision – und soll mit Dimmels Bild eine Trilogie aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ergeben. Darin wird Oltay eine Art paradiesischen Zustand darstellen, wenn sich der technische Fortschritt und die Natur in Einklang befinden.

Malen in fünf Metern Höhe

Für Oltay ist es die erste Wandmalerei. Das Übertragen des Entwurfs auf die Mauer oder das Arbeiten auf einem Hebewagen in fünf Meter Höhe sind neue Erfahrungen für ihn. "Ich hoffe, dass mein Bild ebenso lange Bestand haben wird wie jenes von Herbert Dimmel", sagt er. Nur mit dem Spitznamen "Leonardo von Linz", den ihm Tabakfabrik-Chef Chris Müller gab, ist er nicht ganz glücklich. "Ich bin ich", sagt er. "Das ist mir lieber."

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25. April 2024