Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Wenn Artistik und Poesie miteinander verschmelzen

Von Peter Grubmüller   19.Juni 2019

Sie war sechs Jahre alt und konnte sich gerade die Schuhe selbst binden. Als Una Bennett ein Dreikäsehoch war, wollte sie schon in die Luft. Ihr älterer Bruder war für den Zirkus bereits entflammt gewesen – und Una eiferte ihm nach. Mit acht besuchte die US-Amerikanerin in ihrer Heimatstadt Seattle die "School of Acrobatics and New Circus Arts", mit 13 trat sie in die Truppe von "Circus Mircus" ein, mit der sie vier Saisonen lang durch New England und New York zog. Und mit 17 wurde sie an der renommierten Staats-Zirkusschule in Montreal (Kanada) akzeptiert, wo sie bis 2017 studierte – Hauptfach: Vertikal-Seil, Nebenfach: Hula-Hoop-Reifen.

Una Bennett ist einer der Gründe für den Zauber des Cirque Éloize, der mit seinem neuen Programm "Hotel" im Linzer Musiktheater (6.–11. August) einkehrt. Im "Deutschen Theater" in München erhob sich dieser Tage das Publikum und applaudierte nach den knapp eineinhalb prallen Stunden im Stehen.

Wie die zwölf Artisten behutsam und doch die Möglichkeiten des eigenen Körpers ausreizend die Verschmelzung von Artistik und Poesie zelebrieren, ist verblüffend ansteckend. Eine Jugendstil-Hotel-Lobby auf der Bühne, uralte Zirkuskultur und moderne Erzählformen miteinander zu verknüpfen, ist zudem ein glücklicher Einfall.

Es gaukeln tollkühne und aberwitzige Concierges durch das Hotel – ebenso exotische Gäste, die sich getragen von nichts als zwei Bändern in atemberaubenden Höhen winden. Ein Page turnt auf dem Seil, als sei ihm das Gehen, Springen samt Hinfallen auf ebener Erd’ zu fad, und ein Jongleur wirbelt wie eine darauf programmierte Maschine zehn Bälle gleichzeitig durch die Luft. Und da gibt es Una Bennett, die selbstvergessen auf dem Vertikal-Seil gegen physikalische Gesetze antanzt. Die beeindruckend vielseitige 23-Jährige ist außerdem zur Stelle, wenn jemand Trompete spielen soll – oder ein weiblicher Clown gefragt ist.

Wegen ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten funktioniert die Truppe als Uhrwerk, das wie eine Gegendemonstration zur digitalen Bespaßung tickt. Vermutlich hängen die beeindruckend ausgebildeten, aber im Gespräch rührend bescheidenen Artisten ihren Anspruch gar nicht so hoch. Obwohl der Abend nichts Geringeres als eine Perlenkette physikalischer Wunder bedeutet.

Etliche Male beten die Zuschauer in München, niemand möge ins Trudeln kommen – und schon gar nicht ins Leere greifen. Aber die Todesverachtung ist artistische Routine, die nie routiniert aussieht. Glücklicherweise bleiben auch diesmal alle gesund.

Cirque Éloize: "Hotel", 6.–11. August, Musiktheater Linz, Info/Karten: 0732/7611-400, www.landestheater-linz.at

 

Cirque Eloize: "Hotel"

Zirkus, Akrobatik und Livemusik an nur einem Abend: Mit der OÖNcard erhalten Sie bis zu zwei Karten für das Gastspiel des „Cirque Éloize“ um 5 Euro günstiger.

 

copyright  2024
24. April 2024