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Verwurzelt bis zum Untergang

Von Peter Grubmüller   17.Juni 2019

Von der Psychologie der Verhinderten; von solchen, die sich ihre Gräber selbst schaufeln, um darauf zu tanzen; von hündischer Ergebenheit und fataler Treue ob der Abwesenheit von Liebe – von alldem erzählt das Stück "Erde". Mit dem 1907 entstandenen Drama von Karl Schönherr (1867–1943), dem der Sarkasmus "Komödie des Lebens" als Untertitel eingeschrieben ist, bretterte das schmucke Theater Meggenhofen nach einem Jahr Nachdenkpause zurück in die Festival-Landschaft.

In dem 400 Jahre alten Hausruck-Vierseithof, über den sich am Premieren-Samstag ein dramatischer Regenbogen spannte, rührt jetzt Fritz Egger als Intendant um. Und es scheint, als sei der in Grieskirchen aufgewachsene Schauspiel-Haudegen, den sie ab 2013 sechs Sommer lang als Schuldknecht des "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen in Ketten abgeführt haben, für diese Umgebung wie geschaffen. "Als ich zum ersten Mal hier hereingekommen bin, wusste ich: Unbedingt ,Erde‘, das ist die perfekte Umgebung für dieses Stück", sagt Egger.

Verwurzelt bis zum Untergang
Der Innenhof ist die Bühne beim Theater Meggenhofen

Und so wie Regisseurin Christine Wipplinger Schönherrs Brocken aufarbeitet und hinstellt, behält Egger recht: Der alte Grutz, ein gnadenloser Bauernschädel, will seinen Hof nicht übergeben und ums Verrecken nicht sterben. Gerhard Dorfer, der im November 80 wird, von 1984 bis 1996 im österreichischen TV-"Tatort" den Hofrat Putner und schon vor zwölf Jahren an Eggers Seite den Grutz gespielt hat, ist ein herrischer Dämon zum Fürchten. Seinen Sohn Hannes, den Egger fein zerrissen balanciert, hält er für zu weich. Zum Knecht mag er taugen, aber nie zum Bauer. Ein halbes Leben lang hat die ausgelaugte Magd Trine (Petra Strasser legt die seelischen Wunden behutsam offen) darauf gewartet, mit Hannes durchzubrennen, aber der murmelt bloß die Formel gedemütigter Selbstvergewisserung: "Essen, die Arbeit und mit den Hennen ins Bett – mehr braucht der Mensch nicht."

Verwurzelt bis zum Untergang
Dany Sigel und Christopher Korkisch

Unaufdringliche Kraft

Beinahe tritt den Grutz ein Pferd zu Tode. Alle warten darauf, dass es mit ihm zu Ende geht – und die junge, resche Wirtschafterin Mena (Corinna Pumm ist eine Wucht) wittert ihre Chance, Hannes samt Grund und Boden zu kassieren. Als der Eishofbauer (Georg Schubert) mit seinen Kindern auftaucht, erkennt der inzwischen über 50-Jährige Hannes, was er alles versäumt hat. Die Totenweib-Kanaille (Dany Sigel veredelt die kleine Rolle mit großer Lässigkeit) hat schon vorbeigeschaut, aber dummerweise schießt dem alten Teufel im Frühling neuer Lebenssaft ein.

Zusammen mit Clemens Matzka (Oberknecht), Christopher Korkisch (Rossknecht), Ernestine Bentrup (Totengräberin) und Herbert Wiesinger (Arzt) entfaltet das Ensemble unaufdringliche Kraft, die der Kirchenchor Meggenhofen (Leitung: Philine Voithofer) mit sorgfältig ausgewählten Volkslied-Interpretationen stützt.

Verwurzelt bis zum Untergang
Der neue Intendant in der Rolle des Hannes: Fritz Egger

Schönherr ist der Meister der Aussparung. Aufwühlend ist nicht nur, was seine Figuren sagen, sondern erst recht, was sie verschweigen. Theater ist dann gelungen, wenn dieses Schweigen wie in Meggenhofen zu hören ist.

Fazit: Fein gesponnener Leitfaden durch emotionale Erpressungen und Abhängigkeiten – getragen von stattlichen Bühnenprofis. Zwei kurze, prächtige Theaterstunden.

Theater Meggenhofen

„Erde – Eine Komödie des Lebens“ von Karl Schönherr, Regie: Christine Wipplinger,
Premiere: 15. Juni, Termine: 22. Juni, 29. Juni, 6. Juli, 13. Juli (jeweils 20.30 Uhr)

21. Juni: „Szenenwechsel“, Kabarett mit Doris Hindinger, Alexander Jagsch und Boris Fiala

23., 24. Juni: Theater für alle ab 8 – „Parzifal“, Plaisiranstalt mit Klaus Huhle und Sven Kaschte

1. Juli: Konzerttheater für Kinder zwischen 5 und 11: „Wer bist denn du?“ von „Parapluie und Sonnenschirm“
Karten/Info, Tel: 0664/88213374, www.theatermeggenhofen.at, E-Mail: info@theatermeggenhofen.at

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24. April 2024