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"Vertrau darauf, was du tust"

Von Karin Schütze   07.Februar 2020

Lange nachdenken oder einfach einmal tun und sich überraschen lassen? Das Improtheater lebt von Zweiterem. Von der Kunst auf den Brettern, die die Welt bedeuten, lässt sich einiges für das Leben mitnehmen. Was genau, verrät Matthias Schloßgangl, Gründungsmitglied der "zebras", im Gespräch.

Wie sind "die zebras" zu Ihrem Namen gekommen?

Matthias Schloßgangl: Es war eine Spontaneingebung von mir, passend zum Improvisieren. Mir war ein einfacher, einprägsamer Name wichtig. Zebras sind kluge Tiere, sie sind schwarz-weiß – auch wir beleuchten beide Seiten einer Figur. Der Name hat sich als Glücksgriff erwiesen, weil er bei den Menschen sehr viel auslöst: Geschenke, die wir bekommen, Zebra-Plüschtiere, Kugelschreiber, ein Zebra-Handtuch. Einmal hat eine Gruppe, die uns engagiert hat, selbst in Zebrakostümen auf dem Markt für uns Werbung gemacht und Karten verkauft. Und bei einem unserer ersten Auswärtsgastspiele in Hofkirchen wurden vor unserem Auftritt auf einem Reiterhof in der Scheune vier kleine Zebras hereingeführt, mit der Ankündigung: "Die Zebras kommen nicht." Es waren angemalte Ponys. Der Name hat Geschichte geschrieben.

Was war die Initialzündung?

Die Lust am Improvisieren. Wir haben schon bei den Impropheten miteinander improvisiert. Andrea Schnitt hat uns alle zusammengebracht. Ich wollte noch intensiver mit einer kleineren Gruppe arbeiten. In den ersten Jahren waren wir ein bestehendes Team aus fünf. Das Ensemble hat sich personell immer wieder verändert. Das ganze Leben ist Veränderung, das Improvisieren lebt von der Veränderung. Drei des Urteams – Daniela Wagner, David Wagner und ich – sind heute noch dabei.

Worin liegt für Sie der Reiz des Improvisierens?

In der Lust, den Moment zu erleben und Inspirationen gleich auf der Bühne umzusetzen und auszuleben. So spontan wird’s nie wieder – die Einmaligkeit, im Moment sein zu können, macht den Reiz für mich aus. Improvisation braucht auch einen Rahmen, ein Themenfeld, Spielformate. Aber innerhalb dieses Rahmens kann man sich frei entwickeln, wie im Leben. Es ist auch eine Lebensschulung, weil man lernt, sich Ängsten zu stellen, Hemmungen zu überwinden. Die Improvisation ist dafür ein super Mittel. Man merkt: Wenn man den Schritt ins Ungewisse wagt, wird man getragen. Das ist das Schöne und motiviert zum Weitermachen. Irgendwann kommt der Moment, wo man nur mehr tun kann und keine Zeit mehr hat für die Angst. Das löst sehr viel. Man kann über sich hinauswachsen und sich weiterentwickeln. Aus meinen Workshops für Einsteiger gehen die Menschen meistens beglückt hinaus (Workshop-Tipp: 13.-15. 3., Villa Sonnwend, www.schlossgangl.com, Anm.).

Gibt es einen Leitspruch des Improtheaters?

Vertrau deinen Impulsen und deinem Körper. Oft weiß der Körper schon vor dem Geist, wo es hingeht. Man braucht das Hirn natürlich schon. Aber es ist nicht notwendig, immer alles kontrollieren zu wollen. Es ist oft hilfreich, einen Impuls einfach aufzugreifen, auch wenn man noch nicht weiß, wohin er führt. Wichtig ist auch, das Gegenüber wahrzunehmen. Man schreibt die Geschichte nicht alleine. Es kann auch in eine andere Richtung weitergehen, als man selbst gedacht hat: Die Frage ist: Was ist jetzt wichtig? Nicht: Wo hätte ich vielleicht hingewollt? Improtheater ist auch Beziehungsarbeit.

Kategorien wie "richtig" und "falsch" gibt es nicht?

Es gibt Regeln, aber genauso die Anarchie, sich über Regeln hinwegzusetzen. Das Credo ist: Der Flow steht über allem. Lieber agieren als stoppen und überlegen, was richtig ist. Lieber beherzt etwas vermeintlich Falsches tun, als überkorrekt zu sein, um es richtig zu machen. "Fuck the story" – als Spieler soll man nicht immer bemüht sein, eine logische Geschichte erzählen zu wollen. Das Interessante ist: Je mehr man versucht, an einen sinnvollen Aufbau zu denken, desto mehr blockiert man die Kreativität. Oft ist es besser, zu nehmen, was da ist – das kann ein Gefühl sein, ein Gegenstand – und in die Tiefe zu gehen, um zu einer neuen Idee zu kommen. Vertrau darauf, was du tust. Im Tun ist oft das Nächste schon verborgen und ein sinnhafter Aufbau ergibt sich daraus von selbst. Das größte Kompliment ist, wenn die Leute nachher sagen: "Das habt ihr jetzt aber geprobt." Proben wäre der Tod des Improtheaters.

Und David Wagner improvisiert am Klavier?

Wir kreieren auch Lieder. Wir sind Autoren, Regisseure, Schauspieler, Komponisten und Texter. Er bietet erste Akkorde an und improvisiert. Wir sind gefordert, dazu Text zu produzieren. Die Melodie entsteht im Wechselspiel mit ihm. Er ist da ein sehr gefühlvoller Begleiter. Manchmal zaubert er vielleicht.

Gibt es Nachbesprechungen?

Wir versuchen, einander Feedback zu geben: Was hat funktioniert, was nicht. Aber als Erstes gratulieren wir einander, egal wie es war. Darauf bestehe ich.

Ist das Lampenfieber größer bei einer festen Rolle, wo man den Text vergessen könnte, oder wenn alles ganz spontan passiert?

Ich kenne beides. Es ist vielleicht auch eine Typfrage und hängt auch davon ab, wer im Publikum sitzt. Man kann auch beim Improvisieren nervös sein, weil man nie weiß, wie der Abend wird. Für mich ist die Nervosität aber meistens weg, wenn es läuft. Wir haben auch im Lauf der Zeit gelernt, sehr aufeinander zu vertrauen und dranzubleiben, auch wenn eine Szene einmal nicht so rund läuft. Im Ganzen war es dann ein guter Abend.

Wäre nicht auch das ein Thema, dass es eben gerade hakt?

Es kann auch ein Impuls sein, zu sagen: "Keine Ahnung, was du gerade willst." Das hilft im Leben und auch auf der Bühne. Man muss auf der Bühne auch nicht jeden Schritt zeigen. Die Geschichten entstehen nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Kopf des Zusehers.

Haben Zuschauer auch schon einmal mitgespielt?

Nicht, ohne dass wir es gewollt hätten (lacht). Die Bühne gestürmt hat noch niemand. Es ist eher die Angst vom Publikum sehr groß, mitspielen zu müssen. Manchmal bitten wir Zuschauer, Sätze für uns auf Zettel zu schreiben, die wir verkehrt auf den Boden legen und dann aufheben. Es ist unglaublich, wie sich diese Sätze in die Szenen einfügen. Der letzte Satz ist oft wie die Faust aufs Auge. Das ist ein bissl die Magie, die passiert.

***** 

10 Jahre: „die zebras“ feiern. In der Improtheater-Gruppe spielen aktuell Matthias Schloßgangl (re.), Daniela Wagner, Pianist David Wagner – alle Gründungsmitglieder –, Manuela Wieninger und Manuel Thalhammer.

In OÖ  sind „die zebras auf Kreuzfahrt“:
13. 2., Ansfelden, ABC, 20 Uhr;
29. 2., Enns, Kulturzentrum d’Zuckerfabrik, 20 Uhr;
6. 3., Steyr, AKKU Kulturzentrum Steyr, 20 Uhr;
3. 4., Andorf/EWK Zell/Pram, punkt1 Pfarr- & Kulturwerkstatt, 19.30 Uhr;
18. 4., Freistadt; Salzhof, 20 Uhr;
8. 5., Wels, Schloss Puchberg, 20 Uhr;
26. 6., St. Florian, Gärtnerei Sandner, 20 Uhr;
alle Infos und Termine: www.diezebras.at

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29. März 2024