Überzeugend zurück zu den Wurzeln
Stiftskonzerte: Concentus Musicus im Marmorsaal des Stiftes St. Florian.
Kaum eine andere Sammlung barocker Konzerte ist derart gespickt mit rätselhaften Erscheinungen wie die "Brandenburgischen Konzerte" Johann Sebastian Bachs. Am Sonntag spielte der Concentus Musicus Wien alle sechs Konzerte im Rahmen der Stiftskonzerte im Stift St. Florian. Sicher ist nur, dass Bach die Widmungspartitur selbst angefertigt hat, wohl mit der Absicht, hinter den Adressaten, den Markgrafen von Brandenburg, zu gelangen, war doch dieser der Onkel des preußischen Königs Friedrich I.
Ziel war Berlin, und das mag die Perfektion in Ausarbeitung und Originalität begründen. Etwas, worauf der Concentus Musicus direkt Bezug genommen hat. Das beginnt mit dem sichtbaren Umbau auf der Bühne, da für jedes Konzert eine eigene Aufstellung vonnöten ist.
Dazu kommen die klangliche Variabilität, die stilistischen Eigenheiten und die Besonderheiten im Einsatz der Soloinstrumente. Auch die Frage nach den Echoflöten des 4. Konzertes hat man ansatzweise gelöst, indem man die beiden Blockflötistinnen im zweiten Satz aus der Ferne erklingen ließ.
Ob ein Mahler’sches "Fernorchester" tatsächlich die Intention Bachs war, sei dahingestellt, der Effekt war auf jeden Fall bezwingend. Bezwingend wie die gesamte Interpretation, die diesmal weniger von Stefan Gottfried, der vor allem im 5. Konzert am Cembalo brillierte, auszugehen schien, sondern vielmehr vom Konzertmeister Erich Höbarth, der zügige Tempi wählte und seine Kollegen virtuos durch diesen vielseitigen Kosmos konzertanter Literatur führte.
Der Concentus erlaubte sich, die dynamische Bandbreite auszunutzen und kräftige, beinahe romantisch timbrierte Fortepassagen zu gestatten. Er blieb aber sonst in einem feinen Mix aus berechnender Rekonstruktion des historischen Notentextes und feinfühliger, emotionaler Gestaltung aus dem Heute heraus.
Fazit: Mit diesem Mammutprojekt hat der Concentus Musicus Wien überzeugend zu seinen Wurzeln zurückgefunden.
Stiftskonzerte: Konzert mit dem Concentus Musicus Wien in St. Florian , 21. 7.