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Suschke lässt uns Brecht beim Proben belauschen

Von Peter Grubmüller   29.Dezember 2020

Stephan Suschke ist kein Mann, der sich selbst inszeniert. Deshalb weiß kaum jemand, was der Linzer Schauspiel-Direktor sonst so treibt, wenn er nicht mit hintersinnigem Humor das Ensemble des Landestheaters unterweist. So hat Suschke (zusammen mit Stefan Kolditz) unter anderem das Drehbuch zu dem mit zwei Auszeichnungen zum Deutschen Filmpreis gewürdigte Drama "Paula" (2016) über die Malerin Paula Modersohn-Becker geschrieben. Nun hat er ein Stück Theater- und Zeitgeschichte ausgegraben: Es ist der Originalton von Bertolt Brecht, aufgenommen mit einem Koffertonbandgerät Typ BG 19-1, als der Theaterchef und Dramatiker im Winter 1955/56 am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin (Berliner Ensemble) wenige Monate vor seinem Tod das Stück "Leben des Galilei" probte.

Aus mehr als 100 Stunden Tonmaterial hat Suschke ein an Intensität und Authentizität kaum zu überbietendes Hörspiel geschaffen, das nicht nur Brechts Furor vermittelt, sondern auch dessen unbändigen Willen, dem Ensemble jeden Anflug von Pathos auszutreiben. Immerhin spielten in diesem Ensemble Kapazunder wie Ernst Busch (als Galilei). Und Brecht ist auch mit sich selbst nicht zimperlich, vielmehr streicht er Passagen aus seinem eigenen Text, nicht immer zur Freude der Darsteller. Die Hauptfigur des Revolutionärs, der sich gegen die Obrigkeit stellt, dem aber der letzte Mut fehlt, hat Anflüge von einem Brechtschen Selbstporträt. Ein Muss für Theater-Enthusiasten. (pg)

  • "Brecht probt Galilei. 1955/56 – Ein Mann, der keine Zeit mehr hat" Tondokumente ausgewählt und kommentiert von Stephan Suschke. 3 CDs, 151 Minuten, 50-seitiges Booklet, speak low Verlag, 25,90 Euro.
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20. April 2024