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Reinhard Mey: "Mal sehen, wo uns die Stürme des Lebens hintreiben"

Von Lukas Luger, 03. Juni 2020, 00:04 Uhr

Vertonte Sehnsüchte wie in "Über den Wolken" oder absurde Alltagserlebnisse wie in "Ich bin Klempner von Beruf" haben Reinhard Mey berühmt gemacht. Mehr als 500 Lieder hat der Berliner Liedermacher mit dem genialen Händchen für sanft melancholische Balladen über das Leben, die Liebe und den Tod in den vergangenen Jahrzehnten geschrieben. Jetzt legt der 77-Jährige seine neue CD "Das Haus an der Ampel" vor.

OÖN: Sie haben Ihr neues Album in zwei Versionen aufgenommen: als "normale" Platte sowie als "Skizzenbuch" in abgespeckten Arrangements. Beide Versionen stehen sich auf der Doppel-CD gleichberechtigt gegenüber. Was war die Intention dahinter?

Reinhard Mey: Die Lieder entstehen ja immer erst mal in dieser einfachen, klaren Art einer Geschichte, einer Melodie, zu meiner Gitarrenbegleitung gesungen. Ich bin ein neugieriger Mensch und denke, wenn mein Publikum genauso neugierig ist, hat es vielleicht Lust, diese Entstehungsgeschichte mitzuerleben. Also habe ich die rustikalen Notizen aus der Dichterstube noch mal im Studio als saubere Skizzen aufgenommen und stelle meinen Gesang zu meinem Gitarrenspiel dem orchestrierten und aufwendig produzierten Studioalbum gegenüber. So kann jeder seinen jeweiligen Favoriten auf der einen oder der anderen CD finden. Oft habe ich den Satz gehört: "Am liebsten höre ich deine Lieder nur zur Gitarre, ganz pur", na bitte, da sind sie!

"In Wien" lässt Sie auf Ihre Anfangszeiten als Musiker zurückblicken. Vermissen Sie das Unkomplizierte jener Zeit?

Ich denke mit Freude, gelassen und dankbar an diese Zeit zurück und lebe im Hier und Jetzt. Ich vermisse nichts, das Unkomplizierte ist ja immer noch da, eine Stimme, eine Gitarre, ein Mikrofon und ein Scheinwerfer, fertig, heute wie 1971 im Konzerthaus. Die Veränderungen, die kamen, kamen ja nicht von heute auf morgen, ich habe mich daran gewöhnt, es war ein langer Weg, den ich immer weitergehe. Wie sagt Wilhelm Busch: "Einszweidrei im Sauseschritt läuft die Zeit, wir laufen mit."

In "Ich liebe es, unter Menschen zu sein" kritisieren Sie die Verrohung der Sprache. Ist die Sprache der Schlüssel zur Gewalt?

Es ist ein satirisches Lied, ich kritisiere nicht, ich schildere mit Humor, klar etwas überzeichnet, verschiedene Lebenssituationen. Eine rohe Sprache macht das Leben der Menschen miteinander nicht angenehmer. Und es ist zu befürchten, dass auf derbe Sprüche auch körperliche Auseinandersetzungen folgen. Ich hoffe, dass es sich um eine hässliche Zeiterscheinung, eine böse Mode handelt. In der Musik, in den Medien, auf der Bühne, im Film finden die Menschen heute tatsächlich Vorbilder für eine menschenverachtende oder zumindest nicht besonders respektvolle Sprache.

Hat sich über all die Jahre Ihr Schreibprozess verändert? Ist es mit der Zeit leichter oder schwerer geworden, die Muse anzulocken und zu becircen?

Es ist für mich leichter geworden, weil ich mit der Erfahrung gelernt habe, der Muse mehr und mehr zu vertrauen, ich weiß nach fünf Jahrzehnten, dass sie bei mir bleibt und mich nicht im Stich lässt. Ich bin gelassener, habe mehr Ruhe, unsere Kinder sind aus dem Haus, ich nehme mir mehr Zeit und freue mich auf die Zeit des Schreibens und den Neuanfang, der jedes Mal damit einhergeht.

"Das Haus an der Ampel" ist Ihr bereits 28. Studioalbum. Welche Platte aus Ihrem umfangreichen Oeuvre hat Ihrer Meinung nach bis heute nicht jene Wertschätzung bekommen, die sie eigentlich verdient hätte?

Es ist nicht meine Art zu jammern, wenn mir irgendwann der Glückszufall ausgeblieben ist oder mir der Gegenwind ins Gesicht blies. Wichtig war mir, mit mir selbst und jedem Album im Reinen zu sein, gleichgültig ob es mehr oder weniger erfolgreich war.

Ist eine Rückkehr auf die Bühne, auf die "altehrwürdigen Bretter", wie Sie in "In Wien" singen, geplant? Folgt eine Tournee?

Ohne neues Programm, ohne neue Lieder würde ich nicht auf die Bühne gehen. Gerade erleben wir, wie viele Künstler ihre geplanten Konzerte absagen oder verschieben müssen. Wie sagte Friedrich Dürrenmatt: "Je planmäßiger der Mensch vorgeht, umso wirkungsvoller trifft ihn der Zufall." Ich plane nicht, ich warte in Ruhe ab, wie es mit meinem Leben weitergeht, oder wie der alte Seemann in mir sagen würde: Mal sehen, wo uns die Stürme des Lebens hintreiben.

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Autor
Lukas Luger
Redakteur Kultur
Lukas Luger
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