Raus aus dem Korsett! Fransen und Bubikopf in Mode
Der Stil der 1920er Jahre war auch ein Befreiungsschlag der Frauen – mehr Bequemlichkeit war gefragt
Weder Brust noch Taille wurden in den 1920er Jahren betont. Vor 100 Jahren kam die H-Linie in Mode. "Das bedeutet, dass die Kleider sehr gerade geschnitten waren. Der Strich in der Mitte des H war meist eine breite Borte in Hüfthöhe", erklärt Katharina Mayrhofer, Professorin für Modegeschichte in der HBLA Lentia in Linz. Zweite Silhouetten-Form war die A-Linie, also diese typischen Hängekleider. "Die Frauen wollten das Korsett nicht mehr. Um die Jahrhundertwende wurde die Taille extrem betont. Für die Feiern und den Tanz in den Goldenen Zwanzigerjahren brauchte man Bewegungsfreiheit", so Mayrhofer.
Elegant war die Mode trotzdem. Effektvolle Stoffe, Pailletten, Perlen und Fransen peppten die Kleider auf. Dazu trugen die Frauen Stirnbänder mit Federn sowie Perlenketten. Die Mode spiegelte ein Gefühl der Freiheit wider. "Idole, die in den Zwanzigern aufkamen, waren Marlene Dietrich, Greta Garbo, Josephine Baker und Coco Chanel", so Mayrhofer.
Sport gewann an Bedeutung in den 1920er Jahren. "Deshalb musste die Herrenhose bequemer werden. Man trug Plus fours – Anzughosen, die unter dem Knie enden – und breiter geschnittene Sakkos", sagt die Modeexpertin. Abends waren weiterhin taillierte Sakkos angesagt und Cutaway-Anzüge, bei denen die Kanten vorne schräg geschnitten werden.
Auf den Köpfen der Frauen zeugten Bubikopf und Wasserwellen von der neuen Freiheit. "Die Wellen und die Kurzhaarfrisur sind auch heute ein Zeichen der Veränderung und der Erneuerung der Weiblichkeit. Die Frau ist stolz auf sich und ihr Geschlecht. Ihr Style ist Ausdruck ihrer Stärke", sagt Gert Bachmayr, Friseur in Linz. Was die Mode angeht, sagt Mayrhofer: "Auch heute ist die Taillenbetonung eher unwichtig geworden. Es gibt viele Unisex-Modelle, man achtet mehr aufs Material und auf Bequemlichkeit, etwa beim Oversize-Trend."