Racheengel der schwarzen Pädagogik
Paulus Hochgatterer liest heute, 14. Dezember, im Linzer Posthof (20 Uhr).
Paulus Hochgatterer lädt seine Leser wieder zu einem literarischen Besuch in Furth am See ein. Kreiert hat er das fiktive Provinzstädtchen 2006 für seinen Roman "Die Süße des Lebens". Vier Jahre später machte er es zum Handlungsraum von "Das Matratzenhaus", und Hochgatterers neuester Roman "Fliege fort, fliege fort" zeigt erneut: Furth mag hübsch sein, ein soziales Idyll ist die Kleinstadt nicht. Weil das Böse immer und überall lauert, braucht Furth eine Polizeidienststelle. Ihr Chef ist für Hochgatterer-Leser ein guter Bekannter. Ludwig Kovacs ist eine jener Ermittlerfiguren, die zwar jeden Fall klären, aber ihr Privatleben nur mit Mühe auf die Reihe kriegen. Auch die zweite männliche Hauptfigur ist in guter Erinnerung: Raffael Horn, ein sympathischer Psychiater. Dass auch ein souveräner Psychiater an pädagogische Grenzen stößt, wenn sein Handlungsfeld die eigene Familie ist, zeigt Paulus Hochgatterer an der schwierigen Beziehung Raffael Horns zu seinem Sohn Tobias.
In Furth am See kommt es gleichzeitig zu mehreren Vorfällen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Die Hauswand eines Neubaus wird mit politisch motivierten Graffiti besprüht, und das Auto eines Landespolitikers geht in Flammen auf. Ins Further Krankenhaus wird eine Nonne eingeliefert, der offensichtlich gewaltsam Katzenfutter zugeführt wurde. Paulus Hochgatterer legt mehrere Handlungsfäden aus und bietet eine Fülle von Personal auf. Wie der Autor nach und nach die Fäden zusammenführt, ist schon rein bautechnisch ein Meisterstück. Ins Zentrum des Geschehens rückt die "Burg", ein Jugendheim mit schwarzpädagogischer Vergangenheit. Die spannende Kriminalhandlung ist nur das erzählerische Medium für gesellschaftspolitisch brisante Fragen, unter anderem die ethisch schwierige nach Verbrechen und Sühne, Rache und Recht. (schach)
Paulus Hochgatterer: "Fliege fort, fliege fort". Roman, Deuticke, 280 S., 23,70 Euro
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