Prinz Harry: „Hier geht es um Jäger und Beute“
Gegen „die Medien“, nicht gegen das Königshaus: Die ersten drei Folgen der Doku-Serie „Harry und Meghan“ stehen auf Netflix. Eine zahme Sache, in der man Feuer mit Feuer bekämpfen will.
Das Aufatmen im Buckingham Palace wird groß sein, genauso die Enttäuschung jener, die sich saftige Enthüllungen erwartet haben: Die Serie lehnt sich, zumindest bis jetzt, nicht frontal gegen das Königshaus auf, wiewohl die Rolle des Empires im Sklavenhandel und die anhaltenden Spuren kritisch thematisiert werden - auch (wieder) von Harry.
Der klare Feind sind jedoch „die Medien“, wobei zu selten wirklich differenziert wird. Der britische Boulevard ist hinlänglich bekannt für seine haarsträubenden, illegitimen Methoden, in denen auch aus ökonomischen Gründen die immer selben Reflexe durchscheinen (Rassismus, Sexismus, Anti-Royal-Haltung aus einem Klassensystem heraus). Dazu kommt der ungebändigte "Pranger" der sozialen Medien.
Dem geben Meghan und Harry bedrückend Ausdruck als bestimmenden, destruktiven Störfaktor ihrer Beziehung. Das Recht dazu haben sie, der Effekt wird leider bescheiden sein – „eine Stunde null“ im britischen Mediensektor wird die Serie wohl nicht herbeiführen.
Wie sieht die Serie aus?
Wie man es von einem prominenten Paar des 21. Jahrhunderts erwartet: elegant, stylish und voller privater Inhalte, die aus dem Smartphone stammen: Videos, Fotos, Screenshots (Instagram, Tiktok) und Textnachrichten. Das Digitale gibt Meghan und Harry einerseits die Freiheit, über die eigene Erzählung zu bestimmen, anderseits fehlt der Gegencheck einer ausgewogen arbeitenden kritischen Öffentlichkeit.
In Summe ist die Inszenierung zahm und unterscheidet sich nicht von anderen Formaten dieser Art. Die Musik steuert sehr auffällig das Geschehen – düster, schwelend bei „Gefahr“ (Meghans verhaltenskreative Familie etc.), locker flockig bei privaten und humorvollen Ereignissen.
Was ist wirklich neu?
Harrys Schmerz und die emotionale Einsamkeit nach dem Unfalltod seiner Mutter, Lady Diana, seine Angst davor, „wieder eine Frau, die er liebt“, zu verlieren („Hier geht es um Jäger und Beute“), sind nicht neu. Die Doku-Serie zementiert diese Erzählung, Harry spricht von diesem Druck von Kindheitsbeinen an. Meghan thematisiert wie schon früher Alltagsrassismus und fehlendes Verständnis für ihren ethnischen Hintergrund.
Wenn man so will, steht das ehemalige königliche Paar für die Kluft zwischen den Generationen – alte Härte, Kontrolle und Autorität gegen neue Sensibilität, Selbstbestimmung und Empathie.
Aber
Selbst wenn Harry und Meghan das Futter aussuchen, sie werfen gezielt Häppchen in den Schlund eines Aufmerksamkeitsmonsters:
Es wirkt süß und intim, wenn sie über ihr Kennenlernen sprechen, den Heiratsantrag, ihre Reise zur gemeinsamen Familie, über individuelles Aufwachsen. Doch genau das lässt die mediale Aufmerksamkeit nur anschwellen, als möchte man Feuer mit Feuer bekämpfen. Im Summe ist es eine Serie für Meghan-Harry-Hardcore-Fans.
Ausgabe II ab 15. Dezember (Episoden 4-6 je 60 Minuten) auf Netflix